Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Kalt erwischt

Tipps und Infos für Mieter/innen, wenn die Heizung ausfällt oder es in der Wohnung nicht warm genug wird

Christiane Hollander

Welch eine Vorstellung. Draußen ist es bitterkalt und man freut sich, nach Hause in die warme Wohnung zu kommen. Nur noch die Tür aufschließen, in Gedanken bei einer schönen Tasse Tee, und dann passiert es: Kälte schlägt einem entgegen. Die Heizung ist ausgefallen. Erster Impuls ist wohl laut fluchen, der zweite den Vermieter anrufen. Alles sollte schnell gehen. Gut zu wissen, wie die Rechte und Pflichten in dieser Situation sind.


Wenn es draußen kalt ist und drinnen die Heizung ausfällt, sollte dies dem Vermieter umgehend mitgeteilt werden. Einen kompletten Heizungsausfall bei niedrigen Außentemperaturen muss der Vermieter sofort beheben. Foto: nmp

 

 

Ein Heizungsausfall im Winter ist ein Mangel. Zudem muss die Wohnung angemessen beheizbar sein. Welche Temperatur in der Wohnung erreicht werden muss, ist häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen. Die angemessene Temperatur pendelt zwischen 20 und 22°C. In Berlin mag man es offensichtlich nicht so warm. Hier ist in den letzten 30 Jahren eine Mindesttemperatur von 20°C in Wohnräumen während der Heizperiode (1. Oktober bis 30. April) als angemessen betrachtet worden (OVG Berlin, Urteil vom 12. September 1980, AZ: 2 B 40.79; LG Berlin, Urteil vom 11. November 2010, AZ: 67 S 241/08).

Heizpflicht

Grundsätzlich gilt: Die Heizpflicht beginnt am 1. Oktober und endet am 30. April. Auch außerhalb der Heizperiode muss die Heizung angestellt werden, wenn die Zimmertemperatur unter 18°C sinkt und der Wetterdienst für mindestens einen weiteren Tag eine kalte Witterung vorhersagt. Bei Zimmertemperaturen von unter 16°C ist die Heizung sofort in Betrieb zu nehmen. Eine vertragliche Vereinbarung über eine Mindesttemperatur von 18°C ist im Übrigen unwirksam (LG Berlin, Urteil vom 5. November 1991, AZ: 65 S 9/91).

Mängelanzeige

Einen Mangel in einer Mietwohnung müssen Mieter/innen dem Vermieter anzeigen und ihn unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auffordern. Als Frist sollte immer ein Datum angegeben werden, da dann eindeutig ist, ab wann Verzug vorliegt. Wer selbst nach Ablauf der Frist die Mängelbeseitigung beauftragen will, muss das vorher ankündigen, um einen entsprechenden Aufwendungsersatz, also eine Kostenerstattung, zu erhalten. Sonst bleibt man unter Umständen auf den Kosten sitzen. Wenn die Außentemperaturen angenehm sind, ist eine Frist von zwei Wochen zur Instandsetzung angemessen. Bei einem Heizungsausfall mitten im Winter muss es aber schnell gehen, da kann eine Aufforderung an den Vermieter unter Umständen unterbleiben. Verschiedene Urteile sind zu diesem Thema bereits ergangen: Ein Ausfall der Heizung bei Außentemperaturen von ca. 17°C rechtfertigt keine Notmaßnahme. (Eine solche würde keinen Aufschub dulden und ohne vorherige Mahnung des Vermieters einen Ersatzanspruch auslösen.) Die Reparaturkosten werden nicht erstattet (AG Münster, Urteil vom 11. September 2008, AZ: 49 C 2864/08; AG Spandau, Urteil vom 14. August 2008, AZ: 6 C 345/08). Anders ist es, wenn ein entsprechender Hinweis vom Vermieter gegeben wurde, wie sich die Mieter/innen bei einem Heizungsausfall zu verhalten haben. In einem Wohnhaus hing ein Zettel im Hausflur mit folgendem Inhalt: „Hinweis - im Falle eines Heizungsausfalls ist unser Heizungs-Service (24-Stunden-Service) unter folgender Nummer erreichbar: (...) Missbrauch dieser Nummer ist zu vermeiden. Die Hausverwaltung.“ Die Heizung fiel am Wochenende aus und der Mieter wartete mit der Beauftragung der genannten Firma bis zum nächsten Werktag, um nicht unnötig Zuschläge zu verursachen. Der Vermieter war der Ansicht, dass er die Kosten nicht tragen müsse, da er vorher informiert und in Verzug hätte gesetzt werden müssen. Falsch, meinte das Gericht. Der Mieter hat nicht mutwillig versucht, dem Vermieter seine Rechte und seinen Schutz zu vereiteln. Er ist auch seiner Schadensminderungspflicht nachgekommen, indem er erst am nächsten Werktag und nicht bereits am Wochenende die Mängelbeseitigung beauftragte und so einen Wochenendzuschlag vermied. Die Anweisung auf dem Hinweiszettel im Hausflur war eindeutig und der Mieter ist diesen Anweisungen lediglich gefolgt. Der Vermieter muss hier die Kosten erstatten (AG Hamburg, Urteil vom 1. April 2009, AZ: 46 C 108/08). Es ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Notmaßnahme vorliegt und eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung entbehrlich ist, wenn die Heizung im Winter ausfällt. Eine Notmaßnahme duldet keinen Aufschub und löst auch ohne vorherige Mahnung einen Aufwendungsersatzanspruch aus (BGH, Urteil vom 16. Januar 2008, AZ: VIII ZR 222/06; AG Münster, Urteil vom 30. September 2009, AZ: 4 C 2725/09).

Minderung der Miete

Behaupten Mieter/innen Mängel, die zur Minderung berechtigen, sind diese durch Angabe der tatsächlichen Umstände und Auswirkungen in einer Weise vorzutragen, dass die Beeinträchtigungen nachvollziehbar sind und die Angemessenheit der Minderungsquote beurteilt werden kann. Es muss genau protokolliert werden, wie hoch beziehungsweise niedrig die Temperaturen in der Wohnung sind. Dazu ist täglich und am besten morgens und abends die Raumtemperatur zu notieren, die in der Raummitte 1,5 m über dem Fußboden mindestens 20°C betragen muss (LG Berlin, Urteil vom 11. November 2010, AZ: 67 S 241/08). Allgemeine Minderungsquoten kann man nicht aufstellen, aber Richtwerte gibt es. Die Gerichte halten bei einem Heizungsausfall die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nur für eingeschränkt. Häufig wird argumentiert, dass immerhin die Möbel abgestellt werden können. Hier einige Urteile: Bei einem kompletten Heizungsausfall im Februar ist ein Gebäude nicht innerhalb von zwei Tagen derart auskühlt, dass die Räume überhaupt nicht mehr – auch nicht zum Schlafen und zur Aufbewahrung von Sachen – zu nutzen sind. Eine Minderung in Höhe von 50% der Gesamtmiete ist angemessen (AG Schöneberg, Urteil vom 22. April 2009, AZ: 104a C 605/08).

Etwas weiter geht ein Urteil des LG Kassel, das bei einem Ausfall der Heizung in den kalten Wintermonaten (Dezember bis Februar) eine Mietminderung in Höhe von 50% ohne Angabe der tatsächlichen Zimmertemperatur für gerechtfertigt hält (LG Kassel, Beschluss vom 24. Februar 1987, AZ: 1 T 17/87, 1 S 26/87). Das Landgericht Berlin erachtete eine Minderung von 70% der Nettokaltmiete in der Heizperiode für angemessen. Offensichtlich wollte man sogar noch weiter gehen, denn es wurde berücksichtigt, dass die Mieter/innen durch die Aufstellung von Gasheizungen halbwegs erträgliche Zimmertemperaturen herstellen konnten. 70% Mietminderung wurde angenommen, da sich die Minderung objektiv an der Beeinträchtigung des Mietgebrauchs zu orientieren habe. Es komme nicht darauf an, ob die Beeinträchtigung erst durch Maßnahmen des Mieters reduziert werden konnte (LG Berlin, Urteil vom 29. Juli 2002, AZ: 61 S 37/02). Im Ergebnis bedeutet das, dass eine höhere Mietminderung zulässig gewesen wäre, wenn die Mieter/innen nicht selbst für eine Beheizung der Wohnung gesorgt hätten. Es kommt entscheidend darauf an, welche Temperaturen in der Wohnung erzielt werden können. Eine andere Kammer des Landgerichts Berlin nahm bei einem Ausfall einer Heizungsanlage in den Wintermonaten eine Mietminderung in Höhe von 5% an, da die Raumtemperatur bei 18°C lag (LG Berlin, Urteil vom 7. Juli 1992, AZ: 63 S 142/92). Eine beschränkte Heizleistung, weil nur die Hälfte der Rippen der Heizkörper warm werden, stellt keinen Mangel dar, wenn 20°C in den Räumen erreicht wird (LG Berlin, Urteil vom 9. Dezember 1991, AZ: 62 S 273/91). Ein nur kurzfristiger Heizungsausfall an einzelnen Tagen ohne Angabe der Außen- und Innentemperaturen ist als geringfügiger Mangel anzusehen, der nicht zur Mietminderung führt (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 1. Oktober 2007, AZ 3 U 10/07). Gemindert werden darf immer nur für die Tage im Monat, an denen die Temperaturen nicht erreicht wurden.

Schadensersatz

Bei einem kompletten Heizungsausfall bei geringen Außentemperaturen muss umgehend eine Instandsetzung erfolgen. Wenn der Vermieter nicht reagiert, kann auch eine andere Ersatzvornahme notwendig sein. Mieter/innen dürfen in dieser Situation auf andere Heizquellen zurückgreifen, beispielsweise einen elektrischen oder mit Gas betriebenen Heizofen. Da Mieter/innen die Pflicht haben, den Schadensersatz möglichst gering zu halten, sollte zunächst versucht werden, einen Ofen zu leihen. Ist das nicht möglich, kann auch ein günstiges Exemplar gekauft werden. Der Vermieter hat die Kosten zu erstatten. Der Ofen muss ihm dann aber auch überlassen werden. Zu den erstattungsfähigen Auslagen gehören auch die erhöhten Energiekosten. Bei einem Ausfall der Heizung im Winter kann auch in sehr engen Grenzen ein Hotelaufenthalt erstattungsfähig sein. Dann ist aber nachzuweisen, dass alle anderen Hilfsmaßnahmen nicht durchführbar waren. Denkbar ist eigentlich nur der Umstand, dass die Heizung nicht repariert werden kann und am Wochenende keine anderen Heizquellen aufzutreiben sind. Auch hier muss der Schaden gering gehalten werden und das Hotel kostengünstig sein.

Kündigung

Bei einem Heizungsausfall in kalten Wintermonaten kann das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden. Ob eine Abmahnung erforderlich ist, ergibt sich aus den Umständen. Wird der Vermieter nicht tätig oder kommt es häufiger zu Ausfällen, ist eine Abmahnung entbehrlich. Das LG Saarbrücken entschied, dass Mieter/innen einen Schadensersatzanspruch haben. Er umfasst die Kosten des mit der fristlosen Kündigung beauftragten Rechtsanwalts, die Kosten der Wohnungssuche und des Umzugs sowie der Herrichtung der neuen Wohnung einschließlich Telefonanschluss und die Gebühren des Kautionskontos (LG Saarbrücken, Urteil vom 17. Juni 1994, AZ: 13 B S 58/94).

Fazit

Besonders die geringen Minderungsquoten sorgen für Unmut bei Mieter/innen. Es erscheint widersinnig, dass eine Unbewohnbarkeit, also eine 100% Mietminderung, bei geringen Temperaturen in der Wohnung nicht angenommen wird. Faktisch kann man sich nicht lange in kalten Räumen aufhalten. Man kann schließlich nicht tagelang in der heißen Badewanne oder im Bett mit vielen Decken liegen. Das Argument, die Räume seien zum Abstellen der Möbel noch geeignet, ist wenig überzeugend. Der vertragsgemäße Gebrauch ist das Wohnen und nichts anderes. Zum Möbelabstellen hätte man auch einen unbeheizten Kellerraum anmieten können.

 


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