Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietpreisbremse

Von Rechtsanwältin Ronska Verena Grimm

RAin Grimm


Ich bin gerade umgezogen und meine Vermieterin verlangt 15 Euro/m² nettokalt. Kann ich die Miete reduzieren, obwohl ich den Vertrag unterschrieben habe?
Die Miete kann trotz wirksamen Mietvertrags reduziert werden, wenn die Voraussetzungen der Mietpreisbremse vorliegen. Die Mietpreisbremse trat am 1. Juni 2015 in Kraft und gilt nur für Verträge, die seit diesem Datum geschlossen worden sind. Zeitlich ist sie für Ihre Wohnung also anwendbar. Sie ist auch örtlich anwendbar, da die Regelung laut Mietenbegrenzungsverordnung für ganz Berlin gilt. Es müssten aber bei Ihnen auch noch die weiteren Voraussetzungen vorliegen (siehe unten). Um herauszufinden, ob Ihre Miete tatsächlich überhöht ist, muss im ersten Schritt die ortsübliche Vergleichsmiete für Ihre Wohnung berechnet werden.

Wie finde ich die ortsübliche Vergleichsmiete heraus?
Das funktioniert so wie bei Mieterhöhungen. Auf der Website des Berliner Senats findet man unter dem Stichwort „Mietspiegel“ eine Berechnungsmöglichkeit. Dort sind Adresse, Größe der Wohnung, Baualter des Gebäudes sowie die positiven und negativen Merkmale der Wohnung einzugeben. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird dann automatisch errechnet. Natürlich kann sie auch in unseren Beratungsstellen ermittelt werden, die Berliner MieterGemeinschaft hält für die Berechnung eine Arbeitshilfe bereit. Ist das Baualter des Gebäudes unbekannt, können Sie es beim bezirklichen Bauamt erfragen. Befindet sich die Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus, ist die Miete mithilfe  eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln.
Wichtig: Liegt die Wohnung in einem nachträglich ausgebauten Dachgeschoss eines Altbaus, zählt das Jahr des Dachgeschossausbaus. Somit ist ein anderes Mietspiegelfeld als bei den Wohnungen in den unteren Geschossen zutreffend.
Die ortsübliche Vergleichsmiete für meine Wohnung beträgt laut Mietspiegel 8 Euro/m². Ich zahle also 7 Euro/m² zu viel. Von Nachbar/innen habe ich erfahren, dass meine Vormieterin vermutlich keine so hohe Miete gezahlt hat wie ich. Wie geht es weiter?
Wichtig zu wissen ist, wie viel die Vormieterin gezahlt hat. Wenn sie genauso viel oder sogar mehr gezahlt hat, darf Ihre Vermieterin weiterhin die überteuerte Miete verlangen. Denn jede überteuerte Miete, die akzeptiert wird, kann von nachfolgenden Mieter/innen nicht mehr angegriffen werden. Bei der Vormiete werden allerdings nur Mieten berücksichtigt, die mit der Vormieterin mehr als ein Jahr vor der Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart wurden. Damit soll ausgeschlossen werden, dass die Miete – um die Mietpreisbremse zu umgehen – im Einverständnis mit dem/der Vormieter/in kurz vor Auszug stark erhöht wird.

Wie finde ich heraus, wie hoch die Vormiete war?
Sie sollten verschiedene Informationsmöglichkeiten nutzen. Da die Vermieterin gesetzlich zur Auskunft verpflichtet ist, sollten Sie sie zunächst dazu formlos auffordern. Kennen Sie die Vormieterin, fragen Sie diese. Ist das nicht der Fall, ist es sinnvoll, Nachbar/innen zu fragen, ob diese wissen, wie hoch die Miete war. Wir alle sollten beim Auszug solidarisch sein und die Angaben zur gezahlten Miete und zur letzten Mieterhöhung am besten mit Telefonnummer bei Nachbar/innen hinterlegen. Steigende Mieten schaden uns letztlich allen.

Was kann ich tun, wenn die Vormiete trotz Aufforderung nicht offen gelegt wird?
Dann kann eine Stufenklage erhoben werden. Dabei wird die Vermieterin in der ersten Stufe verurteilt, Auskunft über die Vormiete zu erteilen und in der zweiten Stufe können wir im laufenden Klageverfahren genau beziffern, ob Sie aufgrund dieser Information einen Anspruch auf Herabsetzung der Miete haben oder nicht.

Ich habe erfahren, dass die Vormiete 6,50 Euro/m² betrug. Um wie viel kann ich jetzt reduzieren?
Die Vermieterin kann die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen und darf hierauf sogar noch 10% aufschlagen. Das ist gesetzlich in § 556d Absatz 1 BGB geregelt. Oder sie kann – wenn die Miete bereits über der ortsüblichen Miete lag – den Betrag verlangen, den die Vormieterin gezahlt hat. Hierauf dürfen dann aber nicht zusätzlich 10% aufgeschlagen werden. Der höhere Betrag ist die höchstzulässige Miete. In Ihrem Fall ist die Vermieterin also nicht verpflichtet, nur 6,50 Euro/m² zu verlangen, sondern kann 10% auf die ortsübliche Miete in Höhe von 8 Euro/m² aufschlagen. Die zulässige Miete beträgt bei Ihrer Wohnung also 8,80/m² nettokalt – wenn keine der nachfolgend genannten Ausnahmen vorliegt.

Welche Ausnahmen gibt es?
Wenn die Wohnung nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wird, ist die Mietpreisbremse nicht anwendbar. Weitaus häufiger ist aber der Fall, dass die Wohnung in den letzten 3 Jahren vor der Anmietung modernisiert wurde. Hier ist zu unterscheiden: Bei einer Erstvermietung nach sogenannter „umfassender“ Modernisierung ist die Mietpreisbremse nicht anwendbar. Eine umfassende Modernisierung ist dann anzunehmen, wenn sie einen solchen Umfang aufweist, dass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint. Haben Vermieter weniger investiert, greift die Mietpreisbremse.

Bei mir wurde vor meinem Einzug nur das Bad neu gemacht. Wie finde ich heraus, wie teuer das war?
Auch diese Information müssen Vermieter offen legen (§ 556g Absatz 3 BGB). Da dies in der Praxis häufig trotz Aufforderung nicht erfolgt, ist vor Klageerhebung natürlich nicht vorauszusehen, ob und in welchem Umfang die Miete tatsächlich überhöht ist. Die Modernisierungskosten werden häufig erst nach Erhebung einer entsprechenden Klage mitgeteilt. Ihre 
Vermieterin wird dann zunächst verurteilt, die Kosten darzulegen. Das heißt, sie muss die Unterlagen zur Verfügung stellen, aus denen aufgeschlüsselt die genauen Kosten jeder Modernisierungsmaßnahme hervorgehen. Vermieter versuchen dabei häufig, auch Instandsetzungsmaßnahmen und Schönheitsreparaturen als Modernisierung zu deklarieren. Das muss sorgfältig überprüft und herausgerechnet werden.
Wichtig: Bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel ist der Zustand vor der Modernisierung heranzuziehen. Wurde zum Beispiel im Bad ein wandhängendes WC eingebaut und die Kosten dafür als Modernisierung umgelegt, ist das bei der Spanneneinordnung nicht (nochmal) als wohnwerterhöhendes Merkmal in der Gruppe 1 der Orientierungshilfe zum Mietspiegel zu berücksichtigen. Das ist in § 556e Absatz 2 Satz 2 BGB gesetzlich geregelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das neue Bad so teuer war, dass 15 Euro/m2 gerechtfertigt sein könnten. Wie gehe ich jetzt vor?
Die Voraussetzung dafür, einen Teil der Miete zurückzubekommen, ist die qualifizierte Rüge. In der Rüge muss genau angegeben werden, weshalb die Miete aus Ihrer Sicht unzulässig überhöht ist. Ihre Vermieterin soll in die Lage versetzt werden, die Berechnung nachzuvollziehen. Die Anforderungen an die Rüge dürfen aber dabei nicht überspannt werden. Es empfiehlt sich in jedem Fall, ein Muster zu verwenden und die ausgefüllte Spanneneinordnung in Kopie beizufügen. Zugleich sollten Sie die Vermieterin mit der Rüge auffordern, die Vormiete und etwaige Modernisierungskosten offenzulegen. Sie sollten außerdem nicht vergessen mitzuteilen, dass die zukünftige Miete nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt wird. Einen Musterbrief finden Sie auf Seite 26 und auf der Website der Berliner MieterGemeinschaft. Gern prüfen wir auch in der Beratungsstelle, ob Ihre Rüge den Formerfordernissen genügt. Wichtig: Rügen können Sie nicht rückwirkend. Sie bekommen die überzahlte Miete erst ab dem nächsten Monat zurück, nachdem die Rüge bei Ihrer Vermieterin eingegangen ist. Da Sie den Zugang im Streitfall beweisen müssen, empfiehlt sich die Übersendung per Einwurf-Einschreiben. Wollen Sie möglichst wenig Geld verlieren, sollten Sie noch im ersten Monat nach Vertragsschluss die Miethöhe rügen.

Ich habe nun gerügt und die Vermieterin aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, ob sie mit der Reduzierung der Miete einverstanden ist. Sie hat mir jetzt geschrieben, dass die Mietpreisbremse gar nicht gültig sei und dass ich außerdem den Mietspiegel nicht anwenden dürfe. Stimmt das?
Vermieter reagieren häufig entweder gar nicht oder sie versuchen es mit dieser Argumentation. Richtig ist, dass die 67. Kammer des Landgerichts Berlin die Regelung über die Mietpreisbremse für verfassungswidrig hält und das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vorgelegt hat. Eine Entscheidung liegt noch nicht vor. Die 63. Kammer des Landgerichts Berlin hat hingegen ausführlich dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht keine Verfassungswidrigkeit vorliegt (Mieter-
Echo Nr. 392/ Dezember 2017). Der Umgang mit der Mietpreisbremse ist deshalb in Berlin bei den Amtsgerichten derzeit sehr uneinheitlich. Deshalb sollten Sie sich auf jeden Fall nicht abwimmeln, sondern sich in einer unserer Beratungsstellen beraten lassen. Solange die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht vorliegt, ist die Behauptung der Vermieterin jedenfalls falsch und Sie sollten sich dadurch keinesfalls von einer Rüge abhalten lassen. Ob Sie nach erfolgloser Rüge klagen oder abwarten, ist eine strategische Frage, die in der Beratung besprochen werden sollte. Beides ist möglich.

Also kann ich die ortsübliche Vergleichsmiete mit dem Mietspiegel berechnen?
Auch dazu ist die Rechtsprechung nicht ganz einheitlich. Überwiegend aber wird von den Amtsgerichten und vom Landgericht Berlin der Mietspiegel als Berechnungsgrundlage bejaht. Womit Sie in Ihrem Bezirk rechnen müssen, erfragen Sie am besten in Ihrer Beratungsstelle vor Ort. Die Rüge sollten Sie auf jeden Fall auf Basis des Berliner Mietspiegels erstellen. Sieht Ihre Vermieterin das anders, muss es später im Klageverfahren diskutiert werden. Das hat aber keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Rüge.

Wann kommt die überzahlte Miete zurück auf mein Konto und brauche ich einen neuen Mietvertrag?
Im Klageverfahren beantragen wir die gerichtliche Feststellung, wie hoch die zukünftig zu zahlende Miete ist und die Rückzahlung der überhöhten Miete seit der Rüge. Häufig kann zudem ein Teil der Kaution zurückverlangt werden. Die Kaution darf drei Monatsmieten nicht übersteigen. Hat die Vermieterin den Maximalbetrag verlangt und reduziert sich die Nettokaltmiete, muss auf Antrag auch die überzahlte Kaution zurückgezahlt werden. Ist das Urteil rechtskräftig und zahlt die Vermieterin die Beträge trotzdem nicht zurück, können Sie diese mit den laufenden Mietzahlungen aufrechnen.
Einen neuen Mietvertrag müssen Sie nicht abschließen. Ihr Mietvertrag bleibt gültig und wird durch das Urteil ergänzt. Beides sollten Sie also gut aufbewahren. Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie die Rechtsanwältin/den Rechtsanwalt, die/der Sie im Prozess vertritt, wie Sie verfahren sollen.

Meine Nachbarin zahlt auch richtig viel Miete, hat aber eine Staffelmiete. Macht das einen Unterschied?
Bei Staffelmieten ist die Mietpreisbremse auf jede einzelne Staffel anwendbar. Das steht in § 557a Absatz 4 BGB. Die Voraussetzung ist, dass der Mietvertrag nach dem 1. Juni 2015 abgeschlossen wurde. Ist das der Fall, kann bei jedem Eintritt in eine neue Staffel die Miethöhe geprüft werden. Ist sie bereits zu Mietbeginn zu hoch oder wird sie es im Laufe der Zeit, kann sie gerügt und der unzulässige Betrag zurückverlangt werden. Das wird in der Regel nur im Klageweg erfolgreich sein. Da ein Klageverfahren teilweise rund ein Jahr dauert, muss man bei uneinsichtigen Vermietern notfalls jedes Jahr erneut rügen und klagen. Das kann sehr belastend sein. Daher kann man im Einzelfall überlegen, vor Gericht einen Vergleich zu schließen, der die Miethöhe der nächsten Jahre mitumfasst.
Bei Indexmieten ist es hingegen so, dass nach § 557b Absatz 4 BGB die Regelungen der Mietpreisbremse nur auf die Ausgangsmiete anwendbar sind. Man kann diese also einmal rügen und bestenfalls reduzieren. Danach steigt die Miete ganz regulär in Höhe des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Werts.

Wenn die Mietpreisbremse bei mir nicht greift, gibt es noch einen anderen Weg, die Miete zu reduzieren?
Grundsätzlich kann man immer auch an § 5 Wirtschaftsstrafgesetz denken. Diese Norm über die Mietpreisüberhöhung greift ein, wenn Vermieter unter „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen“ eine um mehr als 20% überhöhte Miete verlangen. Mieter/innen müssen aber beweisen können, dass der Vermieter eine Notlage gezielt ausgenutzt hat und man gezwungen war, die überteuerte Wohnung anzumieten, weil man schlichtweg keine andere Wahl hatte.

Ich habe Angst, es mir mit der Vermieterin zu verscherzen, wenn ich rüge.
Die Vermieterin verhält sich rechtswidrig, wenn Sie eine überhöhte Miete verlangt. Das Mietverhältnis ist eine Geschäftsbeziehung, in der Mieter/innen selbst bei Zahlung von Wucherpreisen nicht vor sonstigen Unannehmlichkeiten geschützt sind. Man kann nichts verlieren, daher sollte man es aus meiner Sicht in jedem Fall versuchen.

Rechtsanwältin Ronska Verena Grimm berät in der Beratungsstelle Sonnenallee/ Neukölln (freitags).

 

 

Bitte beachten Sie: Der Beitrag wurde im MieterEcho Nr. 395 / Mai 2018 veröffentlicht und gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Drucklegung wieder!


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