Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Hauptmieterwechsel und Untervermietung

Von Rechtsanwältin Ronska Verena Grimm

RAin Grimm


Unsere Mitbewohnerin ist ausgezogen. Wir stehen zu dritt im Vertrag und sie möchte gerne aus dem Vertrag entlassen werden. Können wir sie gegen eine andere Person auswechseln?   

Parteien im Mietvertrag können nicht einfach ausgetauscht werden, wenn ein Wechselrecht nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart ist. Ein Mieterwechsel oder die Entlassung einer Person aus dem Mietvertrag ist grundsätzlich nur möglich, wenn alle Vertragsparteien damit einverstanden sind. Eine Ausnahme wird von vielen Gerichten aber dann angenommen, wenn bei Vertragsschluss bekannt war, dass es sich um eine Wohngemeinschaft (WG) handelt. Die Gerichte unterstellen richtigerweise, dass eine WG typischerweise nicht auf Dauer angelegt ist. Mietet eine WG, ist daher von vornherein mit einem Wechsel der Mieter/innen zu rechnen. Möchten Vermieter/innen das nicht, müssen sie eine entsprechende Klausel in den Vertrag aufnehmen oder Einzelmietverträge mit den jeweiligen Personen abschließen.                
Aber Vorsicht: Die Rechtsprechung hierzu ist sogar innerhalb Berlins uneinheitlich. Die meisten Kammern des Landgerichts Berlin erkennen zwar ein Wechselrecht bei Wohngemeinschaften grundsätzlich an. Die 63. Kammer, die u. a. für Wedding zuständig ist, lehnt ein Wechselrecht hingegen regelmäßig ab. Lassen Sie sich daher in unseren Beratungsstellen vorab beraten.                   

 

Meine Vermieter/innen haben schon mehrfach gewechselt. Wie kann ich nachweisen, dass die ursprüngliche Vermieterin wusste, dass wir eine WG sind?

Die WG-Eigenschaft muss sich aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben haben. Eindeutig ist es, wenn im Vertrag steht, dass die Wohnung „als Wohngemeinschaft“ angemietet wird. Das kommt allerdings nicht so häufig vor. Stehen von Beginn an mindestens drei Mieter/innen im Vertrag, die nicht miteinander verwandt sind, dürfte es sich regelmäßig um eine WG handeln. Auch bei Vermietung an zwei Hauptmieter/innen mit sofortiger Erlaubnis zur Aufnahme weiterer Personen ist für die Vermieter/innen ersichtlich, dass eine WG mietet. Haben in der Vergangenheit bereits schon Mieterwechsel stattgefunden, spricht auch dies für das Vorliegen eines Wechselrechtes.                                

 

Heißt das, Zweier-WGs haben gar keine Chance?        

Stehen nur zwei Personen im Mietvertrag, muss dem/der Vermieter/in bewusst gewesen sein, dass es sich nicht um eine Paarbeziehung gehandelt hat. Hier hilft oft der Schriftverkehr/E-Mailverlauf vor Vertragsschluss. Wurde dort oder an anderer Stelle das Wort „Wohngemeinschaft“ verwendet? Vielleicht waren auch Zeug/innen beim Vertragsschluss dabei und können bestätigen, dass die Nutzung der Wohnung als WG ausdrücklich besprochen worden ist. Stand im Exposé der Wohnung, dass die Wohnung WG-tauglich ist? Selbst wenn die Beweislage schwierig ist, lohnt es sich oft, einen Wechsel zu beantragen. Wenn der Wechsel von dem/der Vermieter/in abgelehnt wird, bleibt der Status quo erhalten. Eine Verschlechterung tritt nicht ein.                                

 

Wie funktioniert ein Wechsel genau?    

Sie sollten dem/der Vermieter/in schriftlich mitteilen, wer aus dem Vertrag entlassen und welche Person ab wann in den Vertrag aufgenommen werden soll. Um Nachfragen zu vermeiden, sollten Sie außerdem direkt eine Personalausweiskopie beifügen und mitteilen, wie viel Einkommen die neue Person hat, beziehungsweise darüber informieren, dass Bürgschaften vorliegen. Vermieter/innen haben das Recht, neue Mieter/innen aufgrund mangelnder Bonität abzulehnen. Hat die neue Person allerdings ebenso viel Einkommen wie die ausscheidende, dürfen sich Vermieter/innen auf diesen Ablehnungsgrund nicht berufen. Schließlich teilen Sie in diesem Brief mit, dass ein Wechselrecht besteht, da die Wohnung als WG angemietet worden ist und bitten um Übersendung eines Nachtrages zum Mietvertrag innerhalb von 14 Tagen. Der Brief muss von allen Hauptmieter/innen unterschrieben sein und sollte so versendet werden, dass Sie den Zugang nachweisen können. Am besten eine persönliche Übergabe. Reagiert der/die Vermieter/in nicht oder verweigert den Wechsel, kann dieser eingeklagt werden.                                        

 

Die Vermieterin hat uns keinen Nachtrag geschickt, sondern stattdessen einen neuen Vertrag angeboten. Ist das genauso gut?                

Mit einem neuen Vertrag wird die Miete in der Regel teurer, die Kündigungsfristen, die an die Dauer des Mietverhältnisses gekoppelt sind, verschlechtern sich und unwirksame Schönheitsreparaturklauseln werden zumeist durch wirksame ersetzt. Ein neuer Vertrag hat viele Nachteile, daher sollten Sie auf einen Nachtrag bestehen. Der Nachtrag ergänzt den bestehenden Vertrag. Er muss die geänderten Parteien enthalten. Oft regelt er auch klarstellend, dass die Kaution WG-intern verrechnet wird. Weitere Klauseln sollten Sie, bevor Sie unterschreiben, in jedem Fall von uns prüfen lassen. Ein neuer Vertrag kann aber dann sinnvoll sein, wenn die Beweislage für die WG schlecht ist, sodass eine Klage vor Gericht voraussichtlich erfolglos sein wird.                                

 

Können Vermieter/innen kündigen, wenn sie erfahren, dass ein/e Mieter/in ausgezogen ist?  

Nein. Wichtig ist nur, dass mindestens eine/r der Mieter/innen die Wohnung noch bewohnt. Der Auszug weiterer Hauptmieter/innen ändert am Vertrag nichts und begründet auch kein Kündigungsrecht für Vermieter/innen. Anders ist es jedoch, wenn neue Personen einziehen, ohne dass Sie vorher die Erlaubnis eingeholt haben. Dann kann der/die Vermieter/in wegen unerlaubter Untervermietung kündigen.                  

 

Meine Mitbewohnerin hat unserer Vermieterin eine Kündigung geschickt, nachdem sie ausgezogen ist, weil sie nicht mehr im Vertrag stehen möchte. Geht das?    

Diese Kündigung ist unwirksam. Das Mietverhältnis kann nur von allen Mieter/innen gemeinsam gekündigt werden. Sie bleibt also solange im Vertrag, bis sie durch einen Nachtrag entlassen oder der Vertrag insgesamt gekündigt wird. Sie haftet daher auch für alle Schäden und Mietschulden, die durch die WG verursacht werden, weiterhin als sogenannte Gesamtschuldnerin. Damit ihr Risiko möglichst gering ist, empfiehlt es sich, im Innenverhältnis zu regeln, dass ihr alle Kosten von den verbliebenen Mieter/innen erstattet werden. Sie können zur Absicherung Ihrer Forderungen auch eine Sicherheitsleistung mit der ausgezogenen Hauptmieterin vereinbaren.  

 

Unsere neue Mitbewohnerin wurde von unserem Vermieter abgelehnt, weil ihr Einkommen zu gering ist. Könnten wir beantragen, dass sie stattdessen als Untermieterin mit uns wohnen kann?    

Ja, denn bei Untervermietung hat die neue Mitbewohnerin keinen direkten Vertrag mit dem Vermieter. Das Einkommen ist daher für ihn nicht relevant. Die Voraussetzungen für eine Untermieterlaubnis müssen jedoch erfüllt sein. Das ist der Fall, wenn ein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ an der Untervermietung erst nach Vertragsschluss entstanden ist, kein persönlicher Ablehnungsgrund vorliegt und eine Überbelegung nicht zu befürchten ist. Lassen Sie sich dazu beraten.                                

Was ist mit „berechtigtem Interesse“ gemeint?        

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die berechtigten Interessen weit zu fassen sind, da die Untervermietung die Gestaltung des Privatlebens innerhalb der eigenen vier Wände betrifft. Demnach liegt ein berechtigtes Interesse immer vor, wenn ein „vernünftiger“ Grund, welcher mit der „geltenden Rechts- und Sozialordnung“ in Einklang steht und nicht von völlig untergeordneter Bedeutung ist, vorliegt. Der häufigste Fall ist dabei das berechtigte finanzielle Interesse. Hat sich Ihr Einkommen verschlechtert und ist Ihre Wohnung groß genug, dann dürfen Sie eine Person in die Wohnung aufnehmen, um Kosten zu sparen. Ebenso liegt das berechtigte finanzielle Interesse vor, wenn die Miete stets von drei Personen getragen wurde und eine Person auszieht, ohne dass sich das Einkommen der verbliebenen Personen erheblich erhöht hat. Ein berechtigtes Interesse kann auch vorliegen, wenn es zu Ihrer persönlichen Lebensgestaltung gehört, Sie aus anderen Gründen nicht allein leben oder als WG mit mehreren Personen zusammenwohnen wollen. Das berechtigte Interesse muss man gegenüber den Vermieter/innen darlegen und gegebenenfalls vor Gericht beweisen. Wichtig: Das berechtigte Interesse darf erst nach Vertragsabschluss entstanden sein.  

 

Und wie ist es, wenn ich meine Lebensgefährtin in die Wohnung aufnehmen möchte?                

Die Aufnahme Ihrer Lebensgefährtin in die Wohnung ist grundsätzlich erlaubt, wenn Sie dies Ihrem Vermieter vorab mitteilen. Ob eine Mitteilung ausreicht oder ob eine Erlaubnis einzuholen ist, ist umstritten. Grundsätzlich können Vermieter/innen die Aufnahme nicht ablehnen, es sei denn, es liegt eine Überbelegung oder ein wichtiger Grund in der Person vor. Die Aufnahme Ihrer Lebensgefährtin stellt auch keine Untervermietung im rechtlichen Sinne dar, da es sich bei ihr nicht um „Dritte“ im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches handelt.            
Aber: Ein Anspruch darauf, dass ein/e Lebenspartner/in in den Hauptmietvertrag aufgenommen wird, besteht selbst dann nicht, wenn man miteinander verheiratet ist.            

 

Wann darf die Vermieterin eigentlich einen Untermietzuschlag verlangen?    

Im Gesetz steht, dass die Vermieterin nur dann einen Untermietzuschlag verlangen kann, wenn ihr die Untervermietung anders nicht zumutbar ist. Es gibt einen Beschluss der 18. Kammer des LG Berlin aus dem Jahr 2016, wonach ein Untermietzuschlag in Höhe von 20% des Untermietzinses gerechtfertigt sein soll. Dieser Ansicht haben sich die übrigen Kammern des LG bislang nicht angeschlossen. Je nach Bezirk wird die Frage nach Höhe des Untermietzuschlags daher anders beantwortet. Konsens besteht jedoch darin, dass für die Aufnahme eines/r Lebensgefährt/in kein Untermietzuschlag verlangt werden kann. Die überwiegende Mehrheit der Gerichte geht zudem davon aus, dass ein Zuschlag nicht gerechtfertigt ist, wenn die Zahl der Bewohner/innen gleich bleibt. Bevor ein Untermietzuschlag vorbehaltlos gezahlt wird, sollten Sie sich daher beraten lassen. Gegebenenfalls können Sie einen unter Vorbehalt gezahlten Untermietzuschlag zurückfordern.  

 

Ich bin alleine im Mietvertrag und muss aus beruflichen Gründen für ein Jahr ins Ausland. Darf ich meine Wohnung in der Zwischenzeit untervermieten?    

Ja, auch das ist mittlerweile vom Bundesgerichtshof entschieden worden. Ist absehbar, dass Ihr Auslandsaufenthalt zeitlich befristet ist und Sie die Wohnung im Anschluss wieder selbst nutzen werden, dürfen Sie zur Vermeidung doppelter Wohnkosten einen Teil der Wohnung untervermieten. Ihre Vermieterin muss die Untervermietung erlauben, wenn Sie ein Zimmer der Wohnung zur Aufbewahrung der Möbel und zu gelegentlichen Übernachtungen weiterhin selbst nutzen. Bei beabsichtigter Untervermietung einer 1-Zimmerwohnung sollten Sie glaubhaft darlegen, dass die Wohnung zur Aufbewahrung von Möbeln und zu gelegentlichem Übernachten weiterhin – wenn auch in geringem Umfang – von Ihnen genutzt wird.     

 

Und was mache ich, wenn meine Vermieterin die Erlaubnis nicht erteilt, obwohl ich ein berechtigtes Interesse habe?

Sie können die Erlaubnis in einem regulären Klageverfahren einklagen und die entgangene Untermiete für die Zeit der nicht erteilten Untermieterlaubnis als Schadensersatz fordern. Das bedeutet allerdings bei einem Auslandsaufenthalt, dass Sie die Miete zunächst vorstrecken müssen. Ein Klageverfahren dauert je nach Bezirk im Durchschnitt rund ein Jahr. Zudem erhalten Sie keinen Schadensersatz, wenn die Vermieterin zwischenzeitlich insolvent werden sollte.        

Können Sie die Miete aus finanziellen Gründen nicht vorstrecken, können Sie versuchen, die Erlaubnis noch vor dem Auslandsaufenthalt im Wege eines Eilverfahrens einzuklagen. Es empfiehlt sich daher, die Genehmigung spätestens drei Monate vor Beginn der Reise einzufordern. Gerichte sind bei Eilverfahren sehr streng, da eine sogenannte Vorwegnahme der Hauptsache durch Schaffung von Fakten im Eilverfahren vermieden werden soll. Würde ein beruflicher Auslandsaufenthalt jedoch an einer versagten Untermieterlaubnis scheitern, kommt ein Eilverfahren durchaus in Betracht. Genauso ist es, wenn sich die Einkommenssituation plötzlich drastisch verschlechtert und Sie die Wohnung ohne Untervermietung nicht mehr halten können.       

 

Und wenn ein/e Untermieter/in einfach einzieht?       

Nehmen Sie die Person trotz fehlender Erlaubnis in die Wohnung auf, besteht die Gefahr, dass die Vermieterin wegen unerlaubter Untervermietung kündigt. Da Vermieter/innen Einblick ins Melderegister nehmen und Briefkästen und Klingelschilder kontrollieren können, rate ich von der Aufnahme Dritter ohne Erlaubnis dringend ab. Will Ihr/e Vermieter/in Sie ohnehin loswerden, liefern Sie einen willkommenen Grund zur Kündigung.       
Der Ausgang einer Räumungsklage ist mit Risiken und Stress verbunden. Entscheiden Sie sich dennoch dafür, ist es wichtig, dass Sie die Untermieterlaubnis nachweisbar vor Einzug der Person beantragt haben. E-Mails alleine reichen hier in keinem Fall aus, wenn die Vermieterin auf diese nicht reagiert hat.     

          
Rechtsanwältin Ronska Verena Grimm berät in der Beratungsstelle Neukölln, Sonnenallee 101.


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