Wer wohnt, hinterlässt Spuren: soziale in der Nachbarschaft, reale in der Wohnung. Die Tapeten verblassen, die Fenster vergilben, das Parkett zeigt Abnutzung, die Badewanne wird rau und an manchen Wänden bröckelt sanft der Putz. All das ist der Schönheit abträglich und verlangt nach Reparatur. Doch sind das alles Schönheitsreparaturen?
Für den sozialen Wohnungsbau gibt die II. Berechnungsverordnung (II. BV) eine Antwort. Dort heißt es im § 28 Abs. 4, Satz 5:
"Schönheitsreparaturen umfassen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen."
Die Gerichte wenden diese Definition auch für den freifinanzierten Wohnungsbau an.
Das Schleifen und Versiegeln des Parkettbodens, die Erneuerung von Teppichböden oder der Badewanne, Putz- und Isolierarbeiten an den Wänden, sämtliche Maurerarbeiten und schließlich auch alle Reparaturen an der Mietsache selbst sind keine Schönheitsreparaturen. Es kann sich dabei um Bagatellreparaturen handeln oder um Instandhaltungen, doch nicht um Schönheitsreparaturen, denn diese werden sehr eng entlang der Definition von den Gerichten interpretiert und für alles andere gelten andere gesetzliche Vorschriften.
Diese Frage mögen viele Leser/innen für überflüssig halten, weil die Antwort "natürlich die Mieter/innen" so selbstverständlich erscheint. Aber, so selbstverständlich ist das gar nicht. Das Gesetz sieht es nämlich genau umgekehrt:
§ 535, Abs. 1, Satz 2 BGB sagt: "Der Vermieter hat die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten." Und § 538 BGB ergänzt: "Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten." Das heißt, der Vermieter hat den Mieter/innen die Wohnung so zu überlassen, dass man darin wohnen kann und in eben diesem Zustand zu erhalten, d.h. von Zeit zu Zeit sogar zu renovieren.
Dass die alltägliche Wirklichkeit ganz anders aussieht, liegt an der "Vertragsfreiheit". Sie ist die Freiheit des Vermieters, Verträge so zu gestalten, wie es für ihn am günstigsten ist und die Freiheit der Mieter/innen, diese Bedingungen zu akzeptieren oder auf die Anmietung der Wohnung zu verzichten. Zwar greift die Vertragsfreiheit nicht in allen Bereichen des Verhältnisses zwischen Vermieter und Mieter/innen, doch bei den Schönheitsreparaturen tut sie es und liefert so den Grund, warum flächendeckend die Mieter/innen mit dem Problem der Renovierung belastet sind.
Es kommt also darauf an, was im Mietvertrag steht. Steht gar nichts im Mietvertrag, dann brauchen Mieter/innen nicht zu renovieren. Und das gilt erst recht für einen mündlichen Mietvertrag. Die Mieter/innen sind aber auch dann nicht verpflichtet, die Wohnung renoviert zu verlassen, wenn im Mietvertrag steht, dass die Wohnung "besenrein", "bezugsfertig", "in vertragsgemäßem Zustand" usw. übergeben werden muss. Doch diese Fälle sind sehr selten.
Die meisten Verträge enthalten irgendwelche Klauseln über die Pflicht der Mieter/innen zur Renovierung beim Einzug, während der Wohndauer und beim Auszug. Zum Glück sind nicht alle dieser Klauseln zulässig. Manche haben auch eine Wirkung, die dem Vermieter nicht in den Sinn kam und einige ergänzen einander so wirkungsvoll, dass die gesamte Regelung der Schönheitsreparaturen im Mietvertrag unwirksam ist. Siehe hierzu auch Urteil vom Bundesgerichtshof (BGH) - VIII ZR 308/02 -.
Eine mietvertragliche Vereinbarung, die zur Schönheitsreparatur beim Einzug verpflichtet, setzt alle anderen formularmäßigen Klauseln außer Kraft. Warum? Die Rechtsprechung orientiert sich an dem Grundsatz, dass die Mieter/innen beim Auszug nicht mehr an Schönheitsreparaturen durchführen oder bezahlen sollen als sie selbst verwohnt haben (LG Kassel). Wenn der Mietvertrag vorsieht, dass beim Einzug renoviert werden muss, dann werden letztendlich nur die eigenen Leistungen abgewohnt.
Warum Mieter/innen während des laufenden Mietverhältnisses renovieren müssen, bleibt unklar. Die Wohnung wird durch vergilbte Tapete nicht beschädigt und ob die Raufasertapete strahlend weiß zu sein hat oder bereits Patina angesetzt haben kann, ließe sich als Geschmacksfrage behandeln. Eine Reihe von Gerichten teilen diese Auffassung und halten Schönheitsreparaturen nur dann für notwendig, wenn die Substanz der Wohnung gefährdet ist (z.B. LG Berlin).
Dennoch hat der BGH in einer Grundsatzentscheidung die mietvertragliche Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf die Mieter/innen durch folgende Fristenregelung für zulässig erklärt:
Die Fristen sind vom Einzug an zu berechnen, und es ist unerheblich, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben wurde.
Eine Verkürzung der vom BGH vorgegebenen Fristen benachteiligt Mieter/innen unangemessen und macht die Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf die Mieter/innen insgesamt unwirksam (LG Berlin - 64 S 278/02 -)
Eine Klausel "Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen" ist zulässig und im Sinn der üblichen Fristen, aber ohne Verpflichtung zur Anfangsrenovierung zu interpretieren (OLG Karlsruhe). Steht aber im Vertrag, es sei "nach Bedarf" zu renovieren, dann ist die Regelung unwirksam, weil der Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung zusätzlicher, eventuell vom Vormieter stammender Schönheitsmängel hat (OLG Karlsruhe). Unwirksam ist auch die Verpflichtung, die erforderlichen Schönheitsreparaturen seien turnusmäßig "ohne Rücksicht auf den Zustand der Mietsache bei Vertragsbeginn und ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Erforderlichkeit der Schönheitsreparaturen" durchzuführen (LG Berlin).
Sämtliche Formulierungen in den Verträgen klingen sehr ähnlich. Daher sollte das Problem ihrer Wirksamkeit stets in einer der Beratungsstellen der Berliner MieterGemeinschaft geklärt werden.
Ohne gültige mietvertragliche Regelung ist die Wohnung bei Auszug "besenrein" zu übergeben. Alle anderen Klauseln sind nur soweit wirksam, als sie die Schönheitsreparaturen während der Mietzeit berücksichtigen. Daher ist eine Vereinbarung: "Bei Auszug ist die Wohnung renoviert zu übergeben" so gut wie nicht getroffen, nämlich unwirksam. Der Grund wurde oben bereits genannt: die Mieter/innen haben nur zu beseitigen bzw. zu bezahlen, was sie selbst verursacht haben.
Es gibt allerdings Ausnahmen von dieser Richtlinie. Wenn die Wohnung gänzlich unrenoviert übernommen wurde, sind dennoch die Fristen einzuhalten. Außerdem lässt der BGH auch Vereinbarungen über Abschlagszahlungen für noch nicht ganz abgelaufene Renovierungsfristen zu.
Der BGH antwortet: Die Schönheitsreparaturen müssen fachmännisch in mittlerer Art und Güte ausgeführt werden. Das heißt aber nicht, dass unbedingt Fachbetriebe zu beauftragen sind. Ein derartiges Verlangen im Mietvertrag wäre unwirksam. Jeder Laie kann renovieren, er muss eben nur den vom BGH vorgeschriebenen Standard einhalten. Hobby-Qualität reicht nicht aus, meint das LG Berlin. Die Gerichte hegen allerdings - selbst in erstklassiger Qualität aufgetragener - ungewöhnlicher Farbgestaltung gegenüber eher Skepsis. Es ist nicht auszuschließen, dass der Vermieter auf dem Klageweg einen neuen Anstrich zugesprochen bekommt (LG Hamburg).
Während der laufenden Mietdauer unterlassene Schönheitsreparaturen sind auf keinen Fall ein Grund zur fristlosen Kündigung (AG Hamburg-Altona). Eine ordentliche Kündigung wird auch nur in dem seltenen Ausnahmefall als gerechtfertigt angesehen, wenn durch die Unterlassung große Schäden drohen oder die Bausubstanz gefährdet wird (LG Münster).
Kommen die Mieter/innen mit den geschuldeten Schönheitsreparaturen (z.B. bei Auszug) in Verzug, dann kann der Vermieter nicht ohne weiteres den für eine Fachfirma erforderlichen Geldbetrag verlangen, denn die Mieter/innen schulden zunächst nur die Vornahme der Schönheitsreparaturen. Um den für eine Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen zu können, muss der Vermieter den Mieter/innen zunächst eine angemessene Frist setzen, nach deren Ablauf er die Leistung durch sie ablehnt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt.
Lässt der Vermieter die Schönheitsreparaturen daher von einer Fachfirma durchführen, ohne vorher eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ausgesprochen zu haben, können die Mieter/innen die Zahlung ruhig verweigern und brauchen die Schönheitsreparaturen auch nicht mehr durchzuführen, da sie ja bereits erfolgt sind.
Handwerkliche Tipps zu Schönheitsreparaturen gibt es im nachfolgenden Beitrag.