Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Politik

Die SPD und die Wohnungspolitik

Einen Monat nachdem die SPD dem mieten- und wohnungspolitischen „Paket“ der großen Koalition zugestimmt hatte, überraschte ihre Bundestagsfraktion mit dem Positionspapier: „Eine sozialverantwortliche Wohnungspolitik für Menschen, nicht für Märkte.“ Darin stellt sie fest: „Wir brauchen eine grundlegende Trendwende in der Wohnungspolitik, eine mutige Vision mit sachlicher Diskussion.“
Ob die SPD unter mutiger Vision einen Rückblick auf das zuvor Versäumte versteht, ist unklar. Jedenfalls fällt ihr offenbar im Nachhinein ein, dass sie das wohnungspolitische „Paket“ nur sehr mangelhaft bestückt hatte und so liest sich das Ganze wie der zaghafte sozialdemokratische Versuch einer nachträglichen Korrektur der aktuellen Mieten- und Wohnungspolitik der großen Koalition.
Mit „neun zentralen Bausteinen“ soll eine sogenannte  „Wohnwende“ vollzogen werden.
Der erste Baustein, „Mietenstopp“ genannt, will Mieterhöhungen in den nächsten fünf Jahren nur bis zur  Höhe der Inflationsrate ermöglichen. Eine Deckelung, d.h. ein Mieterhöhungsmoratorium, das die davon galoppierenden Mieten zum Stillstand bringen könnte, ist nicht vorgesehen.
Baustein Nummer zwei soll „die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie Eigenbedarfskündigungen beschränken, um Missbrauch und Verdrängung zu verhindern.“ Zu diesem Zweck wird erwartet, „dass die Bundesregierung im Jahr 2019 einen Gesetzentwurf vorlegt, der Möglichkeiten zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen umfassend reduziert, wie beim Wohngipfel im September 2018 und im Koalitionsausschuss im August 2019 vereinbart.“
Die Hoffnung auf die Gesetzgebung der Bundesregierung kann vage bleiben, denn der achte Baustein verspricht im Gegensatz zu dem zweiten Baustein, „mit dem Mietkauf gezielt Wohneigentum für einkommensschwache Haushalte zu fördern.“
Der dritte Baustein verheißt den Bau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich, der - so Baustein vier - durch „einen Sozialpakt zwischen der Wohnungswirtschaft, Mieter*innen und der öffentlichen Hand... neue Impulse“ erhalten soll. Wie das konkret aussehen soll, wird nicht erklärt. Das einzige Mittel für eine nachhaltige und soziale Wohnungsversorgung, ein kommunaler Wohnungsbau bleibt vollkommen unerwähnt.
Mit Baustein fünf sollen die Kommunen bei einer gemeinwohlorientierten Politik unterstützt und die Bodenspekulation bekämpft werden.
Der folgende Baustein widmet sich den „Online-Vermietungsplattformen der Sharing Economy“ und verspricht Regulierung und stärkere Besteuerung.
Des weiteren soll ein zentrales „Immobilienregister für Transparenz auf dem Wohnungsmarkt sorgen“ (Baustein 7) und die Umlagefähigkeit bei den Betriebskosten begrenzt werden (Baustein 9).

Im Anschluss an die neun Bausteine folgen sieben Kapitel die sich zwar nicht direkt auf die Bausteine beziehen aber um dieselben Themen kreisen. Alle zeichnen sich durch eine Neigung, möglichst unkonkret und nichtssagend zu bleiben, aus dem in Baustein acht bereits gewürdigten Mietkauf wird unter der Überschrift „Den Weg in die eigenen vier Wände erleichtern“ ein ganzes Kapitel gewidmet.
Dieses Instrument aus der neoliberalen Mottenkiste wurde in Großbritannien angewandt und erwies sich als reine Mittelschichtförderung. Sie hatte den Effekt, dass die weniger einkommensschwachen Mieter/innen die besseren Wohnungen abstaubten und dadurch den extrem engen Mietwohnungsmarkt noch weiter deklassierten. In Deutschland kreiste in den neunziger Jahren die wohnungspolitische Diskussion um die Frage, wie die Eigentümerquote erhöht werden könne. Die ideologische Grundlage bildete seinerzeit die Diskriminierung des Wohnens zur Miete und die Stigmatisierung der Mieter/innen. Der  Mietkauf erschien als die geeignete Lösung dem Wohnungsmarkt möglichst breite Kreise zu erschließen, denn eine Gesellschaft der Eigentümer war die renditeversprechende Wunschvorstellung der Neoliberalen. Von diesen Visionen hat sich die SPD noch immer nicht verabschiedet. Wen wundern da noch die Wahlergebnisse?

 

Chaim Reich


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