Mietrecht
Urteile
Wohnungsendabnahme, Übernahmeprotokoll, Haustürgeschäft und Widerruf einer Vereinbarung zur Kostenübernahme
Auf eine bei Beendigung des Mietverhältnisses im Übernahmeprotokoll in den Räumen des Mieters getroffene Vereinbarung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen finden die Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften Anwendung.
AG Berlin Hohenschönhausen, Urteil vom 22.05.2008 – AZ 9 C 138/07 –
Der Mieter hatte das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2005 gekündigt. Im Mietvertrag war zu dem Thema Schönheitsreparaturen nachfolgende unwirksame Klausel vereinbart:
- „Schönheitsreparaturen während der Mietzeit übernimmt der Mieter auf seine Kosten.
- die Schönheitsreparaturen sind, gerechnet vom Beginn des Mietverhältnisses an, spätestens in folgenden Zeitabständen durchzuführen: in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre.“
Der Mieter vereinbarte bei Auszug aus der Wohnung einen Abnahmetermin mit dem Vermieter. Anlässlich dieses Besichtigungstermins wurde ein Übergabeprotokoll gefertigt und vom Mieter unterzeichnet. In diesem Übergabeprotokoll heißt es:
„Der ausziehende Mieter erkennt den festgestellten Zustand der Wohnung an und beauftragt hiermit den Vermieter zu seinen Lasten (einschließlich aller Nebenkosten), die im Abnahmeprotokoll festgehaltenen Mängel in Auftrag zu geben und sach- und fachgerecht durchführen zu lassen.“
Der Vermieter berechnete für die Durchführung der Malerarbeiten Kosten in Höhe von 1160 Euro und rechnete sie in dieser Höhe mit den Ansprüchen des Mieters auf Herausgabe der Kaution sowie einem Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung auf. Die Vereinbarung im Mietvertrag zur Durchführung von Schönheitsreparaturen war wegen der starren Fristenregelung (nach höchstrichterlicher Rechtsprechung) unwirksam. Aus diesem Grund stützte der Vermieter seinen Anspruch ausschließlich auf die Vereinbarung im Übergabeprotokoll. Der Mieter widerrief im Dezember 2006 die oben genannte Vereinbarung und erklärte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und wegen eines Irrtums über den Inhalt der Erklärung. Darüber hinaus vertrat er die Ansicht, dass die Vereinbarung (im Übergabeprotokoll) wegen des darin enthaltenen Überraschungsmoments unwirksam sei.
Das Amtsgericht hat der Klage des Mieters (auf Erstattung der anteiligen Kaution sowie auf Zahlung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung) stattgegeben und die Gegenansprüche des Vermieters zurückgewiesen. Es gelangte zunächst zu der Feststellung, dass die Vereinbarung im Übergabeprotokoll grundsätzlich geeignet sei, einen Zahlungsanspruch des Vermieters zu begründen. Eine solche Vereinbarung sei angesichts des eindeutigen Wortlauts und des Umstands, dass diese Klausel durch Umrandung besonders hervorgehoben wurde, nicht überraschend. Für eine Anwendung des § 305 c BGB (Unwirksamkeit einer überraschenden Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) sei somit kein Raum.
Auf die für das Amtsgericht näherliegende Frage, ob in der vertraglichen Übernahme zur Durchführung von Schönheitsreparaturen eine unangemessene Benachteiligung liegen könnte, kam es nicht weiter an. Dem Mieter stand nach Ansicht des Amtsgerichts ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu, das er im Dezember 2006 wirksam gegenüber dem Vermieter ausgeübt habe.
Nach dem Inhalt der Vorschrift des § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB steht einem Verbraucher bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher durch mündliche Verhandlung an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung bestimmt wurde (Haustürgeschäft), ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu.
Der Mieter war nach Ansicht des Amtsgerichts ein Verbraucher und der Vermieter ein Unternehmer im Sinne der oben genannten Vorschrift. Die Unterzeichnung des Übergabeprotokolls durch den Mieter sei im Anschluss an eine vom Vermieter veranlasste mündliche Verhandlung in seiner Privatwohnung erfolgt. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift spielte es nach Ansicht des Amtsgerichts keine Rolle, dass die Wohnung bereits gekündigt war, da sie sich noch im Besitz des Mieters befunden und die für ihre Anwendung typische Überrumpelungssituation noch vorgelegen habe. Die Übernahme der Kosten für die malermäßige Instandsetzung sei eine entgeltliche Leistung im Sinne des § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Hiergegen wandte der Vermieter ein, dass der Mieter die Mitarbeiter der Hausverwaltung selbst in die Wohnung bestellt habe und ein Widerruf in diesen Fällen gemäß § 312 Absatz 3 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sei.
Diesen Einwand ließ das Amtsgericht nicht gelten. Das Widerrufsrecht sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Verbraucher den Unternehmer gerade zum Zweck der Vertragsverhandlungen über den widerrufenen Vertrag in seine Wohnung bestellt habe. Im vorliegenden Fall habe der Mieter jedoch lediglich einen Termin zur Wohnungsabnahme vereinbart. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er zugleich mit dem Vermieter eine gesonderte Vereinbarung über die Durchführung von Schönheitsreparaturen habe abschließen wollen, zu denen er nach dem Mietvertrag nicht verpflichtet war.
Aufgrund der fehlenden Widerrufsbelehrung durch den Vermieter konnte die Erklärung des Mieters im Übergabeprotokoll auch im Dezember 2006 noch erfolgreich widerrufen werden. Der Vermieter wurde zur Zahlung der Kaution zuzüglich Zinsen und zur Erstattung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung verurteilt.
Mitgeteilt von den Rechtsanwälten Köplin-Fritsche & Vogt
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 333