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Mietrecht

Urteile

Wirksamkeit einer Mieterhöhung bei Ausscheiden eines Hauptmieters

Zur Frage, ob ein Mieterhöhungsverfahren allein gegen den in der gemeinsam angemieteten Wohnung verbleibenden Mieter durchgeführt werden kann, wenn der aus der Wohnung ausgezogene Ehegatte mit dem Vermieter seine Entlassung aus dem Mietverhältnis vereinbart hat und nur der andere Ehegatte seitdem die Wohnung nutzt und die Miete zahlt.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 03.03.2004 – AZ VIII ZR 124/03 –
LG Krefeld, AG Kempen,

Sachverhalt:

Die Vermieterin begehrt von dem Mieter Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Der Mieter und seine frühere Ehefrau mieteten von der verstorbenen Rechtsvorgängerin der Vermieterin im Jahre 1992 eine Wohnung zu einem Mietzins von 500 DM zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung. Nachdem die Eheleute sich getrennt hatten, zog die Ehefrau des Mieters aus der gemeinsam bewohnten Wohnung aus und kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 11.10.1995. Zudem vereinbarte sie mit der Klägerin, dass das Mietverhältnis zwischen ihnen beendet sei. Der Mieter bewohnte die Mietwohnung im Folgenden allein und zahlte die Miete. Die Ehe wurde im Jahr 2001 geschieden.

Mit Schreiben vom 28.04.1998, das allein an den Ehemann gerichtet war, verlangte die Vermieterin von dem Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete auf 620 DM zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung ab 01.07.1998. Der Beklagte erteilte die Zustimmung nicht.

Aus den Urteilsgründen:

  1. Hat eine Personenmehrheit eine Sache gemietet, sind gegenüber dem Mieter abzugebende Erklärungen an alle Mitmieter zu richten; dies folgt aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses und daraus, dass alle Mitmieter gemeinschaftlich die Mieterseite des bestehenden Mietverhältnisses bilden. Erhebt der Vermieter Klage auf Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, ist ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft gegeben, wenn mehrere Personen Mieter sind, da diese die Zustimmung nur gemeinschaftlich erteilen können. Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
  2. Es kann offen bleiben, ob die frühere Ehefrau des Mieters wirksam aus dem Mietverhältnis entlassen wurde, wie das Landgericht angenommen hat. Die Revision bleibt ohne Erfolg, da dem Mieter gegenüber dem Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin die Berufung darauf verwehrt ist, er sei nicht Alleinmieter der Wohnung.

    1. Nach überwiegender Auffassung, die die Revision sich zu eigen macht, bedarf ein zwischen Vermieter und einem Mitmieter geschlossener Aufhebungsvertrag zu seiner Wirksamkeit auch der Zustimmung des in der Wohnung verbleibenden Mieters. Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass der Beklagte seine Zustimmung zu der mit der Klägerin vereinbarten Entlassung seiner Ehefrau aus dem Mietverhältnis - gegebenenfalls im Wege schlüssigen Verhaltens - erteilt hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
      Nach anderer Auffassung ist die Zustimmung des in der Wohnung verbleibenden Mieters im Außenverhältnis zwischen Mieter- und Vermieterseite nicht Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern lediglich Voraussetzung einer Enthaftung im Innenverhältnis der früheren Mitmieter untereinander. Hiernach wäre die frühere Ehefrau des Beklagten aus dem Mietverhältnis entlassen worden.
    2. Einer Entscheidung dieser Streitfrage bedarf es nicht. Der Beklagte kann sich gegenüber dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht darauf berufen, dass er der Entlassung seiner früheren Ehefrau aus dem Mietverhältnis nicht zugestimmt hat. Sein Beharren auf dem von ihm angenommenen Zustimmungserfordernis stellt sich unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als unzulässige Rechtsausübung dar. Eine Rechtsausübung ist - auch ohne dass die Voraussetzungen des § 226 BGB vorliegen - missbräuchlich, wenn sie beachtliche Interessen eines anderen verletzt, ihr aber kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt.
      Der Vermieter, der einen Aufhebungsvertrag mit einem Mitmieter schließt, hat ein erkennbares Interesse daran, sich hinsichtlich der weiteren Gestaltung des Mietverhältnisses nur noch an den Mieter zu halten, der aus seiner Sicht noch Vertragspartei ist.
      Soweit der Vermieter Zustimmungsverlangen auf Erhöhung des Mietzinses, Kündigungen und andere Gestaltungserklärungen weiterhin auch an den aus seiner Sicht aus dem Mietverhältnis entlassenen Mieter richten müsste, stünde er zum einen insbesondere dann vor erheblichen praktischen Erschwernissen, wenn der Mieter unbekannten Aufenthalts ist; zum anderen wäre der Vermieter, da seine Erklärungen der Aufhebungsvereinbarung zuwiderliefen, zu einem widersprüchlichen Verhalten gezwungen. Auf der anderen Seite ist es für den in der Wohnung verbleibenden Mieter im Außenverhältnis ohne Bedeutung, ob eine weitere Person Mietpartei ist, da er auch als Gesamtschuldner gegenüber dem Vermieter die ganze Leistung schuldet (§ 421 BGB); sein Interesse an der Erhaltung einer weiteren Vertragspartei beschränkt sich auf eventuelle Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis der Mieter.
      Unter Berücksichtigung dieser Interessenlage kann es nicht im Belieben des in der Wohnung verbleibenden Mieters stehen, durch Verweigerung der Zustimmung eine Entlassung des Mitmieters aus dem Mietverhältnis zu verhindern.
      Das Zusammenleben der Ehepartner ist auf Dauer beendet, ohne dass die Ehefrau die Absicht oder die rechtliche Möglichkeit hatte, die Wohnung wieder mit zu nutzen. Der Beklagte hat seit dem Auszug seiner Ehefrau spätestens im Oktober 1995 bis zum Zugang des Mieterhöhungsverlangens vom 28.04.1998 die Wohnung allein bewohnt und seitdem die Miete allein gezahlt. Er hatte damit seit etwa zweieinhalb Jahren die Stellung eines Alleinmieters.
      Der Beklagte hat sich im übrigen selbst gegenüber der Klägerin darauf berufen, dass er die gemieteten Räume allein bewohnt, indem er in einem weiteren Verfahren gegenüber den seit 1995 erteilten Nebenkostenabrechnungen eingewandt hat, seine Ehefrau und sein Sohn seien nach ihrem Auszug nicht mehr bei den den Abrechnungen zu Grunde liegenden Personenzahlen zu berücksichtigen.
      Angesichts dieser Umstände stellt sich die Berufung auf die formale Rechtsposition eines Zustimmungserfordernisses als unzulässige Rechtsausübung dar.


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