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Mietrecht

Urteile

Wegfall des Eigenbedarfs nach Kündigung

a) Hat der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gekündigt, hat er – zur Vermeidung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens – den Mieter auf einen späteren Wegfall des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hinzuweisen (...). Dieser Zeitpunkt ist für das Bestehen einer Hinweispflicht grundsätzlich auch dann maßgebend, wenn die Parteien in einem (gerichtlichen) Räumungsvergleich einen späteren Auszugstermin des Mieters vereinbaren.

b) Der ersatzfähige (Kündigungsfolge-)Schaden eines Mieters nach einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter umfasst nicht die zum Zwecke des Eigentumserwerbs einer Wohnung angefallenen Maklerkosten (…).
(Leitsätze von der Redaktion MieterEcho gekürzt.)

BGH Urteil vom 09.12.2021 – AZ VIII ZR 238/18 –

Die Vermieterin einer Wohnung in Berlin kündigte dem Mieter am 2. Dezember 2011 zum 31. August 2012, da sie die Wohnung für die Tochter eines ihrer Gesellschafter benötigte. Das Amtsgericht Charlottenburg gab der Räumungsklage statt. Während des laufenden Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Berlin erwarb der Mieter eine Eigentumswohnung, um so zukünftig seinen Wohnbedarf zu decken. Der für ihn tätige Makler stellte ihm für die Vermittlung einen Betrag von 29.543,42 Euro in Rechnung. Im Berufungsverfahren schlossen die Vermieterin und der Mieter sodann einen Vergleich, wonach sich der Mieter zur Räumung der Wohnung bis Ende Februar 2016 verpflichtete. Tatsächlich räumte er die Wohnung dann im Juni 2016. Da die Tochter des Gesellschafters der Vermieterin nicht in die Wohnung einzog, ging der Mieter davon aus, dass der Eigenbedarf von Anfang an nur vorgetäuscht war. Zumindest hatte es die Vermieterin nach seiner Auffassung versäumt, ihm mitzuteilen, dass der Eigenbedarf nach der Kündigung entfallen wäre. Er machte daher Schadensersatzansprüche geltend, unter anderem auch die an den Makler gezahlten Kosten für die Vermittlung der Eigentumswohnung. Die Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin sprach dem Mieter Schadensersatz (auch die aufgewandten Maklerkosten) zu, da die Vermieterin nicht ausreichend dargelegt habe, dass der Eigenbedarf zum Zeitpunkt des Ablaufs der im Räumungsvergleich vereinbarten Räumungsfrist noch bestanden habe. Nach seiner Auffassung seien auch die vom Mieter aufgewandten Maklerkosten auf die Pflichtverletzung der Vermieterin zurückzuführen.

Das sah der Bundesgerichtshof anders und hob auf die Revision der Vermieterin das Urteil auf. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe eine Hinweispflicht bezüglich eines wegfallenden Eigenbedarfs nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (und damit bis zur Beendigung des Mietverhältnisses), hier also bis zum 31. August 2012, bestanden und nicht – wie vom Landgericht Berlin angenommen – bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist zum 29. Februar 2016. Allein die Vereinbarung eines Auszugszeitpunkts habe keine Auswirkungen auf die mit Ablauf der Kündigungsfrist eingetretene Beendigung des Mietverhältnisses. „Zwar kann die durch eine wirksame erklärte Kündigung bewirkte Umgestaltung des Mietverhältnisses grundsätzlich durch ein rechtsgeschäftliches Zusammenwirken der Parteien – nicht einseitig – rückgängig gemacht werden. (…) Ein solcher Wille muss sich jedoch aus dem Räumungsvergleich mit hinreichender Klarheit entnehmen lassen“ . Dies war hier nicht der Fall, da lediglich ein Auszugs- und Rückgabetermin für die Wohnung vereinbart wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung rückgängig gemacht werden sollte, lagen nicht vor.

Unabhängig davon stellte der Bundesgerichtshof klar, dass selbst bei Vorliegen eines entsprechenden Vertragsverstoßes des Vermieters – vorgetäuschter Eigenbedarf oder unterbliebener Hinweis auf den Wegfall des Eigenbedarfs innerhalb der Kündigungsfrist – kein Anspruch auf Ersatz von Maklerkosten für die Beschaffung einer Eigentumswohnung bestehe. Der Schaden des Mieters in Form dieser Maklerkosten sei „zwar noch adäquat kausal auf die – unterstellte – Pflichtverletzung“ der Vermieterin zurückzuführen. Die Kosten für den Makler, welcher vom Mieter mit der Suche nach einer Eigentumswohnung beauftragt war, stammten jedoch, anders als bei einer Anmietung, „nicht aus dem Bereich der Gefahren, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht“ der Vermieterin besteht. Denn der Mieter sei „aus seiner bisherigen Stellung als Mieter unter Einschaltung des Maklers in diejenige eines Eigentümers gewechselt“. Er habe durch den Eigentumserwerb, der Gegenstand des Maklerauftrags war, nicht lediglich seinen Besitzverlust an der zuvor gemieteten Wohnung ausgeglichen, sondern wolle damit seinen Wohnbedarf künftig anders als bisher decken. Der Schädiger hat aber nur für die Einbußen einzustehen, die die durch den Vertrag geschützten Interessen betreffen. „Vermögenseinbußen mittels derer sich der Mieter in die Lage versetzen will, (auf Dauer angelegtes) Eigentum zu erwerben“ , fielen jedoch „bei wertender Betrachtung nicht mehr unter den Schutzzweck der Vertragspflicht des Vermieters zur (vorübergehenden) Gebrauchserhaltung“ einer gemieteten Wohnung.


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