Mietrecht
Urteile
Unwirksame Schönheitsreparaturklausel und Zuschlag zur Miete
BGH Karlsruhe, Urteil vom 09.07.2008 – AZ VIII ZR 83/07 –
Mieter und Vermieterin stritten um eine Mieterhöhung zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete. In dem Mietvertrag war eine Klausel enthalten, nach deren Inhalt der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach einem festen Fristenplan verpflichtet wurde. Eine solche Schönheitsreparaturklausel ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unwirksam, mit der Folge, dass nunmehr der Vermieter zur Durchführung der fälligen Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Der Vermieter bot dem Mieter unter Hinweis auf die unwirksame Klausel eine Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag an, mit der die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter wirksam geregelt werden sollte. Der Mieter lehnte die Mietvertragsänderung ab. Unter Bezugnahme auf diesen Umstand verlangte der Vermieter einen Zuschlag zu der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmiete für die vom Vermieter zu erbringenden Schönheitsreparaturen, der in der verlangten Höhe dem Zuschlag entsprach, der im preisgebunden Wohnungsbau bei Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter bei der Kostenmiete angesetzt werden kann. Der Mieter stimmt der Erhöhung nicht zu und der Vermieter reichte eine Klage auf Zustimmung ein.
Das Amtsgericht hat der Klage des Vermieters in vollem Umfang stattgegeben und den Mieter zur Zustimmung auch hinsichtlich des verlangten Zuschlags verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Mieter Berufung ein. Das Landgericht hielt einen Zuschlag ebenfalls für gerechtfertigt und begründete seine Auffassung damit, dass infolge der Unwirksamkeit der mietvertraglichen Klausel das Rücksichtnahmegebot einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete durchaus rechtfertigen würde. Voraussetzung dafür sei, dass der Vermieter eine Vertragsänderung angeboten und der Mieter diese abgelehnt habe. Da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall gegeben war, hielt es einen Zuschlag für zulässig. Allerdings nicht in der verlangten Höhe, da bei dem im preisgebunden Wohnungsbau festgelegten Zuschlag von der Ausführung der Schönheitsreparaturen durch einen Fachhandwerker ausgegangen würde. Der Mieter könne jedoch die Arbeiten kostensparend in Eigenarbeit ausführen und daher wäre nur ein deutlich geringerer Zuschlag gerechtfertigt.
Gegen dieses Urteil legten sowohl der Vermieter als auch der Mieter Revision ein. Der Vermieter blieb mit seiner Revision erfolglos. Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf. In seinem Urteil hat der BGH ausgeführt, dass die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel keinen Zuschlag bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete begründen kann. Er führte zur Begründung aus, dass nach der Vorschrift des § 558 Absatz 1 Satz 1 BGB (§ 558 Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) der Vermieter eine Zustimmung zur Erhöhung der Miete nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen könne. Einen weitergehenden Anspruch auf Erhöhung der Miete durch die Gewährung eines Zuschlags stehe dem Sinn und Zweck des § 558 BGB entgegen. Die genannte Vorschrift solle es dem Vermieter ermöglichen, eine am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Maßstab für das Regelungskonzept des Gesetzgebers seien nach Ansicht des BGH somit die Marktverhältnisse und nicht die etwaigen Kosten für die Vornahme von Schönheits- und Kleinstreparaturen. Andernfalls würde auf diese Weise ein Kostenelement zur Ermittlung der Vergleichsmiete herangezogen, ohne dass es auf dessen Durchsetzbarkeit am Markt ankäme. Damit wäre jedoch zugleich das vom Gesetzgeber gewollte System der Vergleichsmieten verlassen.
Die Vermieterin hatte sich vergeblich auf die Rechtsprechung des BGH berufen, nach der es sich bei der Übernahme der Schönheitsreparaturen rechtlich und wirtschaftlich um einen Teil der Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung der Mieträume handele. Der BGH stellte klar, dass sich aus diesen Überlegungen keine Maßstäbe für die Ermittlung der am Markt erzielbaren konkreten Miete (bei Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter) ableiten ließen. Der Entgeltcharakter der Schönheitsreparaturen als solches könne für sich genommen gerade keinen abstrakten Zuschlag rechtfertigen, weil damit Kostenelemente für die Begründung der Mieterhöhung herangezogen würden.
Auch die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, dass der Zuschlag lediglich dazu dienen solle, die Vergleichbarkeit der Ausgangsmiete (Schönheitsreparaturen durch Vermieter) mit der ortsüblichen Vergleichsmiete (Schönheitsreparaturen durch Mieter) herzustellen, ließ der BGH nicht gelten.
Schließlich konnte sich die Vermieterin auch nicht auf eine ergänzende Vertragsauslegung nach Maßgabe der §§ 133,157 BGB berufen. Eine solche ergänzende Vertragsauslegung setze eine Lücke infolge der Unwirksamkeit einer dem AGB-Recht unterliegenden Klausel voraus, die einer Vervollständigung bedürfe. Eine solche Lücke könne aber nur dann angenommen werden, wenn dispositives Recht nicht zur Verfügung stehe und die ersatzlose Streichung der Klausel keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien gerecht werdende Lösung biete.
Durch den Wegfall der unwirksamen Klausel komme lediglich die gesetzliche Regelung des § 535 Absatz 1 Satz 2 BGB zur Anwendung. Der in dieser Vorschrift vom Gesetzgeber für angemessen erachtete Ausgleich der Interessen von Vermieter und Mieter stelle keine unangemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner widersprechende Regelung dar. Der Verwender einer unzulässigen Formularbestimmung müsse sich daher regelmäßig mit der ihm ungünstigen gesetzlichen Regelung begnügen.
Ebenso wenig konnte sich die Vermieterin auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB berufen. Eine Anpassung des Vertrags nach dieser Vorschrift komme nur dann in Betracht, wenn einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Eine Störung der Geschäftsgrundlage liege jedoch dann nicht vor, wenn nach der gesetzlichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen habe, der sich auf die Störung beruft. Das Risiko der Unwirksamkeit einer vorformulierten Klausel habe gemäß § 306 BGB jedoch grundsätzlich der Verwender zu tragen. Die sich aus der Unwirksamkeit ergebenden wirtschaftlichen Nachteile fallen daher in die Risikosphäre der Vermieterin, sodass diese sich nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen könne.
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 330