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Mietrecht

Urteile

Untervermietung an Familienangehörige und Verwendung von Videoaufzeichnungen als Beweis

Eine unberechtigte Gebrauchsüberlassung an Familienangehörige liegt nur bei vollständiger Überlassung der Wohnung vor. Der Vermieter muss in diesem Fall darlegen und beweisen, dass der Mieter nicht mehr in der Wohnung wohnt.
Videoaufzeichnungen, die ohne Einverständnis des Mieters entstanden sind, dürfen nicht als Beweis verwertet werden.

LG Berlin, Urteil vom 07.06.2005 – AZ 65 S 364/04 –

Die Mieterin hatte drei Familienangehörige - ihren Sohn, dessen Lebensgefährtin und deren Kind - in die Wohnung aufgenommen. Eine Überbelegung der Wohnräume lag nicht vor. Sie hatte für sich eine weitere Wohnung in unmittelbarer Nähe gemietet.

Der Vermieter war der Auffassung, dass die Mieterin die Wohnung vollständig ihrem Sohn und seiner Lebensgefährtin überlassen hatte und sich selbst nicht mehr dauerhaft in der Wohnung aufhalte. Um dies zu beweisen, hatte er den Hauseingang über einen Zeitraum von mehreren Wochen durch eine dritte Person filmen lassen um auf diese Weise zu belegen, in welchem Umfang die Mieterin die Wohnung noch betritt.

Im Ergebnis kündigte er das Mietverhältnis wegen unerlaubter Untervermietung. Die Mieterin bestritt die Gebrauchsüberlassung der Wohnung und räumte diese nicht. Darauf klagte der Vermieter auf Räumung. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen und ausgeführt, ein mögliches Recht des Vermieters, die Gebrauchsüberlassung an Dritte zu verweigern, sei verwirkt, weil der Vermieter bereits zwei Jahre lang Kenntnis von der Untervermietung habe.

Die vom Vermieter eingelegte Berufung wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Das Landgericht vertrat zwar - anders als das Amtsgericht Charlottenburg - die Ansicht, eine Verwirkung sei auch nach Ablauf von zwei Jahren noch nicht eingetreten. Es begründete jedoch die Zurückweisung der Berufung damit, dass keine unberechtigte Untervermietung vorliegen würde. Ein Mieter habe einen Anspruch auf die Genehmigung der teilweisen Überlassung von Wohnraum, wenn höchstpersönliche Gründe von nicht ganz unerheblichem Gewicht vorliegen würden. Zu solchen höchstpersönlichen Gründen gehörten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere die Entscheidung des Mieters, dauerhaft mit Personen zusammenzuleben, mit denen er (oder sie) sein Leben und seine Wohnung teilen möchte. Der Mieter könne die Frage, mit wem er in welcher Form zusammenleben wolle, anhand seiner Vorlieben selbst entscheiden.

Eine unerlaubte Untervermietung hätte nur dann vorgelegen, wenn die Mieterin die Wohnung vollständig an Dritte zur alleinigen Nutzung überlassen hätte.

Der Vermieter muss darlegen und beweisen, dass eine Wohnung vollständig untervermie-tet sei. Die Aussage der vom Vermieter als Zeugin benannten Mitarbeiterin der Hausverwaltung hatte nach Ansicht des LG Berlin diesen Beweis nicht erbracht. Alleine der Umstand, dass die Wohnung - im Anschluss an eine durchgeführte Sanierung durch den Vermieter und den anschließenden Rückzug der Mietpartei - neu möbliert worden sei, lasse einen solchen Schluss nicht zu. Die Zeugin hatte ebenso bekundet, dass zusätzlich zu dem Schlafzimmer eine Sitzgruppe vorhanden war, die zu einer Schlafgelegenheit umgestaltet werden könne. Bei einem ihrer Besuche sei die Sitzgruppe sogar als Bettstatt umgebaut gewesen. Auf den Eindruck der Zeugin, dass diese Umgestaltung nur provisorisch erfolgt sei, kam es nach Ansicht des Landgerichts nicht an. Das Gleiche gelte für die von der Zeugin wahrgenommene Tatsache, dass ein Foto des Lebensgefährten der Mieterin nicht mehr aufgestellt gewesen sei. Der vollständige Auszug der Mieterin und daraus resultierend die unberechtigte Gebrauchsüberlassung war damit nicht bewiesen.

Nach Ansicht des Landgerichts ist es auch nicht ungewöhnlich, dass die Mieterin zugleich in der Nähe der streitgegenständlichen Wohnung eine weitere Wohnung angemietet hatte. Aus diesem Umstand folge nicht, dass sie nicht mehr dauerhaft in der streitgegenständlichen Wohnung wohne.

Der ebenfalls vom Vermieter angebotene Beweis eines weiteren Zeugen, der den Hauseingang über einen Zeitraum von mehreren Wochen gefilmt hatte, wurde vom Landgericht nicht zugelassen. Der mit den Filmaufnahmen verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieterin sei nur gerechtfertigt, wenn es sich um eine Maßnahme zur Abwehr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Vermieters handeln würde und eine drohende Rechtsverletzung auf andere Weise nicht zu verhindern sei. Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung liege im Allgemeinen nur vor, wenn es um die Aufklärung oder Vermeidung von Straftaten mit erheblichem Gewicht gehe. Sowohl die Bildaufzeichnungen, die unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mieterin entstanden waren, als auch die Aussage des Zeugen über den Inhalt dieser Aufnahmen wurde aus diesem Grund nicht als Beweismittel zugelassen.

Da der Mieterin ein berechtigtes Interesse an der teilweisen Überlassung der Mieträume zustand und ihr vollständiger Auszug (und damit die unberechtigte Gebrauchsüberlassung der gesamten Wohnung) vom Vermieter nicht nachgewiesen werden konnte, wurde die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Berndt Hintzelmann

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 314