Mietrecht
Urteile
Umstellung der Mietstruktur und Änderung des Verteilerschlüssels für die Umlage der Betriebskosten Erklärt sich ein Mieter ausdrücklich damit einverstanden, künftig statt einer Bruttokaltmiete eine der Höhe nach genau bezifferte Nettok
Hat ein Mieter der Umwandlung der Mietstruktur zugestimmt und gibt es keine weiteren zusätzlichen Vereinbarungen, dann ist sein Anteil an den Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche zur Gesamtfläche zu verteilen. Die Berechnung der Betriebskosten nach einem anderen, nicht verbrauchsabhängigen, Verteilerschlüssel - beispielsweise Miteigentumsanteile - ist nur auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung möglich.
AG Berlin Schöneberg, Urteil vom 31.03.2004 – AZ 104 C 539/03 A –
Vermieterin und Mieterin hatten im Jahr 1978 einen Mietvertrag mit einer Bruttokaltmiete vereinbart. Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.11.2001 erklärte die Mieterin ihre Bereitschaft, ab dem 01.01.2002 eine Nettokaltmiete in Höhe von 596,00 DM zuzüglich Vorauszahlungen auf die Nebenkosten in Höhe von 192,00 DM zu zahlen. Mit Schreiben vom 03.07.2002 rechnete der Vermieter über die Betriebskosten für den Abrechnungszeitraum 01.01.2001 bis 31.12.2001 und mit Schreiben vom 05.03.2003 über die Betriebskosten für den Abrechnungszeitraum 01.01.2002 bis 31.12.2002 ab. Die Positionen Hausreinigung, Winterdienst und Hausmeister wurden nach dem Verhältnis der Wohneinheiten umgelegt, die übrigen Betriebskosten, mit Ausnahme der Grundsteuer, nach dem Miteigentumsanteil der von der Mieterin bewohnten Wohnung. Die Mieterin zahlte die Betriebskosten nicht und vertrat die Ansicht, die vereinbarte Umstellung der Mietstruktur sei bereits wegen der im Mietvertrag vereinbarten Schriftform (Anmerkung: Erfordernis der Unterschrift beider Vertragsparteien auf der Vertragsurkunde) nicht wirksam. Darüber hinaus habe die Vermieterin den auf die Gewerbemieter - insbesondere das Kosmetikstudio - entfallenden gewerbespezifischen Mehraufwand für Be- und Entwässerung sowie Versicherungen nicht vorweg abgezogen. Zur Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2001 hat die Mieterin der Vermieterin mit Schreiben vom 24.08.2002 den Eingang der Abrechnung bestätigt und lediglich den Verteilungsmaßstab gerügt.
In der Folgezeit hat die Mieterin die wirksame Umstellung der Mietstruktur bestritten und die geforderte Nachzahlung aus den Abrechnungen nicht ausgeglichen.
Die Vermieterin klagte auf Nachzahlung der Forderungen aus den Betriebskostenabrechnungen.
Das Amtsgericht hat die Zahlungsklage der Vermieterin abgewiesen.
Es stellte jedoch grundsätzlich fest, dass zwischen den Mietvertragsparteien eine Nettokaltmiete zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung wirksam vereinbart war. Mit anwaltlichem Schreiben habe die Mieterin zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einer Änderung der Mietstruktur von bruttokalt auf nettokalt mit Vorauszahlungen auf Betriebskosten einverstanden sei. An diese Erklärung sei sie gebunden. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass die Mietvertragsparteien eine vertraglich vereinbarte Schriftformklausel auch stillschweigend unter Verzicht auf die Formvorschrift aufheben könnten. Die Mieterin verhalte sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn sie sich unter Berufung auf das Erfordernis der Schriftform im Nachhinein nicht an ihrer eigenen schriftlichen Erklärung festhalten lassen wolle. Aus diesem Grund sei sie grundsätzlich zur Nachzahlung von Betriebskosten verpflichtet, wenn die monatlichen Vorauszahlungen zur Deckung der anteilig angefallenen Kosten nicht ausreichen würden.
Der Anspruch der Vermieterin scheiterte im vorliegenden Fall jedoch an der nach Ansicht des Amtsgerichts nicht ordnungsgemäßen Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben im Sinne des § 259 BGB. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass eine Betriebskostenabrechnung formal richtig und prüffähig sein müsse, um einen Anspruch auf Nachzahlung zu begründen.
Im vorliegenden Fall waren die Betriebskostenabrechnungen vom 03.07.2002 und 05.03.2003 nach Ansicht des Amtsgerichts bereits deshalb unwirksam, weil diese einen fehlerhaften Umlageschlüssel enthalten hätten. Solange zwischen den Vertragsparteien nichts anderes vereinbart sei, müsse der Vermieter nach Maßgabe des § 556 a Absatz 1 BGB die nicht verbrauchsabhängig erfassten Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche berechnen. Eine Verteilung der Betriebskosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile dürfe nur erfolgen, wenn es eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Mietvertragsparteien gebe.
Die Zustimmung der Mieterin zur Umstellung der Mietstruktur führe jedoch nicht automatisch dazu, dass sie den gesetzlich nicht vorgesehenen Umlageschlüssel (nach Miteigentumsanteilen) akzeptiert habe. Auch der Umstand, dass die Mieterin in der Vergangenheit mehrfach den Umlageschlüssel nach Miteigentumsanteilen akzeptiert und die geforderte Nachzahlung geleistet hatte, stellt nach Ansicht des Amtsgerichts keine wirksame Erklärung im Hinblick auf die Vereinbarung eines neuen Umlageschlüssels dar. Insofern hätte die Vermieterin ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass sie vom gesetzlichen Leitbild, einer Abrechnung nach Wohnfläche, abweichen wolle.
Das Amtsgericht wies darauf hin, dass eine einseitige Bestimmung des Umlageschlüssels gemäß § 556 a Absatz 2 BGB nur dann möglich sei, wenn mit dem neuen Umlageschlüssel dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung getragen werde. Die Umlage entsprechend dem Verhältnis der Miteigentumsanteile könne einseitig selbst dann nicht von Vermieter gewählt werden, wenn dies für den Mieter vorteilhaft sein sollte.
Auch die beiden nachträglich von der Vermieterin übermittelten "Vergleichsrechnungen", in denen der Anteil der Mieterin an den Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche zur Gesamtfläche ermittelt wurde, konnte den Anspruch der Vermieterin nicht begründen. Die "Vergleichsrechnung" vom 13.06.2003 für das Kalenderjahr 2001, war bereits auf Grund der Ausschlussregelung des § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB unwirksam. Die "Vergleichsrechnung" vom 11.11.2003 für das Kalenderjahr 2002 wurde nach Ansicht des Amtsgerichts zwar rechtzeitig zugestellt, war jedoch wegen des fehlenden Vorwegabzugs für das Gewerbe ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Eine wirksame Abrechnung setze voraus, dass die dargestellten Kostenansätze der Höhe und Entstehung nach aus der Abrechnung heraus verständlich seien. Je komplizierter das Abrechnungsverfahren ausfalle, desto ausführlicher müsse die Abrechnung sein.
Werde - wie im vorliegenden Fall - das Gebäude gemischt sowohl für Gewerbe als auch zu Wohnzwecken genutzt, müssten grundsätzlich die auf den Geschäftsraum entfallenden verbrauchsabhängigen Betriebskosten durch besondere Messeinrichtungen oder Vorkehrungen vorweg erfasst werden. Falls eine solche getrennte Erfassung nicht möglich oder ausnahmsweise entbehrlich sei, müssten die Gründe hierfür in der Abrechnung erläutert werden. Beides war im vorliegenden Fall nicht geschehen, so dass das Amtsgericht die Klage der Vermieterin vollständig abgewiesen hat.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Markus Willkomm
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 306