Mietrecht
Urteile
Umlage von Mehrkosten bei Messdifferenzen zwischen dem Hauptwasserzähler und der Summe der Einzelzähler
AG Berlin Mitte, Urteil vom 05.03.2007 – AZ 20 C 394/06 –
Vermieterin und Mieterin stritten um die Nachzahlung von Betriebskosten. Die Vermieterin hatte in ihrer Betriebskostenabrechnung unter anderem über die Position Be- und Entwässerung unter Berücksichtigung des am Einzelzähler gemessenen Verbrauchsanteils am Gesamtverbrauch abgerechnet. Der demnach von der Mieterin zu zahlende Betrag (pro Kubikmeter) überstieg den von den Berliner Wasserbetrieben für die gleiche Menge Wasser berechneten Betrag um mehr als 40%.
Die Mieterin zahlte den auf den gemessenen Verbrauch entfallenden lokalen Wasserpreis je Kubikmeter zuzüglich eines Toleranzzuschlags in Höhe von 10% als Wasserkosten an die Vermieterin. Die Vermieterin klagte auf Zahlung des verbleibenden Betrags. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es vertrat die Ansicht, dass die Vermieterin zu der Notwendigkeit und Billigkeit der Kosten nicht ausreichend vorgetragen habe. Im vorliegenden Fall genüge nicht die Darstellung der ihr nach dem am Hauptzähler gemessenen Verbrauch entstandenen Kosten und der anteiligen Kosten der Mieterin. Unstreitig liege eine Differenz von mehr als 40% des von der Mieterin zu zahlenden Wasserpreises gegenüber dem von den Wasserbetrieben für die gleiche Menge Wasser berechneten Preises vor. Diese Differenz habe ihre Ursache in den Abweichungen der Ableseergebnisse der Wohnungswasseruhren gegenüber der Hauswasseruhr.
Eine Messdifferenz ist nach Ansicht des Amtsgerichts durchaus üblich und könne mehrere Gründe haben, z.B. kleinere nicht erfasste Wassermengen, Ungenauigkeiten der in den Wohnungen angebrachten Wasseruhren, Undichtigkeiten im Rohrleitungssystem sowie die Fehlfunktion einzelner Zwischenzähler. Aus diesem Grund sei ein Vermieter grundsätzlich berechtigt, Abweichungen von bis zu 20% auf die Mieter zu verteilen.
Bei darüber hinausgehenden Messdifferenzen spreche jedoch eine erhebliche Vermutung dafür, dass die Mehrkosten nicht mehr umlagefähig sind. Der Beweis des ersten Anscheins ergebe dann, dass entweder irgendwelche Undichtigkeiten im Leitungssystem oder aber sonstige Gründe vorliegen würden, die der Vermieter zu vertreten habe. Bei einer Abweichung der Summe der gemessenen Verbräuche an den in den Wohnungen angebrachten Wasserzählern gegenüber der Anzeige des Hauptwasserzählers von über 20% könne der Vermieter nur diejenigen Wasserkosten verlangen, die dem Ableseergebnis der einzelnen Wohnungswasserzähler unter Berücksichtigung der Wasserpreise der Wasserwerke entsprechen.
Wegen des Restbetrags spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Vermieter - an welcher Stelle auch immer - seiner Erhaltungspflicht hinsichtlich der Wasserleitungen und Sanitäranlagen nicht nachgekommen sei. Das Amtsgericht wies auch die Auffassung der Vermieterin zurück, dass die Mieterin darzulegen habe, dass eventuell schadhafte Leitungen vorhanden seien oder der Vermieter sich in sonstiger Weise unwirtschaftlich verhalten habe. Wenn - wie im vorliegenden Fall - davon ausgegangen werden müsse, dass die Ursache nach dem typischen Geschehensablauf und der allgemeinen Lebenserfahrung ausschließlich in dem Verantwortungsbereich des Vermieters liegen könne, treffe diesen insoweit auch die Darlegungs- und Beweislast, die sich daraus ergebende Vermutung zu entkräften. Im vorliegenden Fall hatte die Vermieterin keine nachvollziehbare Ursache für die erheblichen (von den Wohnungswasserzählern der Mietparteien nicht erfassten) Abweichungen liefern können. Die Klage der Vermieterin wurde daher abgewiesen. Das Amtsgericht hat gegen das Urteil die Berufung nicht zugelassen.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Carola Handwerg
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 324