Mietrecht
Urteile
Spanneneinordnung und Darlegungspflicht des Mieters bei wohnwertmindernden Merkmalen
LG Berlin, Urteil vom 22.06.2004 – AZ 63 S 63/04 –
Mieter und Vermieter stritten um die Wirksamkeit einer Mieterhöhung vom Januar 2003. Das Amtsgericht hatte die Klage des Vermieters auf Zustimmung durch den Mieter abgewiesen und sich zur Begründung auf die nachfolgend genannten wohnwertmindernden Merkmale gestützt. Der Vermieter legte gegen das Urteil Berufung ein. Das Landgericht verurteilte den Mieter zur teilweisen Zustimmung zur Mieterhöhung. Es stellte zunächst fest, dass ein Mieterhöhungsverlangen durch Bezug auf den Mietspiegel 2000 auch dann ausreichend begründet ist, wenn nach der Stichtagsregelung zum Zustimmungszeitpunkt der Mietspiegel 2003 anzuwenden ist. Sodann ging es auf die folgenden wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmale der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels 2003 ein:
Ein einfacher Kabelanschluss erfüllt nach der Ansicht des Landgerichts nicht die Voraussetzungen eines rückkanalfähigen Kabelanschlusses im Sinne der Orientierungshilfe des Berliner Mietspiegels 2003. Wesentliches Qualitätsmerkmal eines rückkanalfähigen Kabelanschlusses sei die Nutzung interaktiver Dienste. Für die Behauptung, es sei ein rückkanalfähiger Kabelanschluss vorhanden, trage der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast.
Das negative Merkmal "kein Abwasseranschluss für Waschmaschine" sei dagegen immer dann erfüllt, wenn ein solcher Anschluss bei Anmietung nicht vorhanden war und zwar unabhängig davon, dass dieser Anschluss im Nachhinein vom Vermieter mit einfachen Mitteln sofort hergestellt werden könnte.
Das Landgericht wies weiter darauf hin, dass das wohnwertmindernde Merkmal einer Einfachverglasung im Sinne der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels 2003 nur vorliege, wenn diese in den Wohnräumen überwiegen würde. Würden in einer Fünfzimmerwohnung lediglich ein Wohnzimmer sowie Küche und Bad einfach verglast sein, reiche dieser Sachverhalt für das Vorliegen des wohnwertmindernden Merkmals nicht aus.
In seinem Urteil wies das Landgericht ferner darauf hin, dass für die Behauptung des wohnwertmindernden Merkmals "ungepflegte und offene Müllstandsflächen" der Mieter darlegungs- und beweispflichtig sei. Im vorliegenden Fall hatte der Mieter Fotos vom Januar 2001 vorgelegt und sich auf den dort gezeigten Zustand der Müllstandsflächen bezogen. Dieser Vortrag reichte nach Ansicht des Landgerichts nicht aus, da die eingereichten Fotos nur Momentaufnahmen darstellen würden. Es wäre erforderlich gewesen, dass der Mieter eine Darstellung zum Umfang und zur Häufigkeit der Verschmutzung im Müllstandsbereich über einen gewissen Zeitraum hinweg vorgetragen hätte. Der Vortrag müsse darüber hinaus einen Zeitraum betreffen, der zwischen dem Zugang des Zustimmungsverlangens und dem Ablauf der Zustimmungsfrist liege. Aus dem Vortrag müsse für das Gericht erkennbar sein, dass der Zustand über einzelne Tage hinaus in einem erheblichen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten an einer gewissen Anzahl von mehreren Wochentagen erhebliche Verschmutzungen aufwies. Für das Vorliegen des Merkmals kommt es auf eine Dauerhaftigkeit des Zustands an. Auch mit der pauschalen Behauptung des Mieters, dass sich Ratten an den Müllstandsflächen befunden haben sollen, wurde er nicht gehört. Das Landgericht vertrat die Ansicht, dass der Mieter darzulegen habe, wann und in welchem Umfang Ratten an den Müllstandsflächen aufgetreten sein sollen, eine pauschale Behauptung genüge hierfür nicht.
Die Ausführungen des Mieters zu den wohnwertmindernden Merkmalen "Geräusche und Gerüche" durch die im Wohnhaus vorhandenen Gewerbebetriebe (Gastronomie und Imbiss) lies das Landgericht ebenfalls nicht gelten. Der Mieter habe keine nachvollziehbaren Ausführungen zur Intensität und Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigungen vortragen können. Es gebe keine allgemeine Vermutung, dass von Gaststätten oder Imbisslokalen erhebliche Beeinträchtigungen für alle im Haus gelegenen Wohnungen ausgehen würden.
Unter Berücksichtigung der oben genannten Ausführungen berechnete das Landgericht eine ortsübliche Vergleichsmiete und verurteilte den Mieter zur teilweisen Zustimmung zur Mieterhöhung.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Mechtild Kuby
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 308