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Mietrecht

Urteile

Notwendigkeit einer Abmahnung vor einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei längerer Untätigkeit des Vermieters

Bei einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann ausnahmsweise eine vorherige Abmahnung erforderlich sein, wenn der Vermieter über einen langen Zeitraum einen gleich bleibenden Zahlungsrückstand hinnimmt, ohne zu kündigen. Aus dem gleichen Grund ist dann eine hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung unwirksam.

AG Neukölln, Urteil vom 06.05.2010 – AZ 10 C 510/09 –

Der Mieter hatte in den Monaten April, Mai, Juni und Juli 2008 keine Miete gezahlt. Daraus ergab sich nach Angabe des Vermieters ein Zahlungsrückstand in Höhe von insgesamt 1676 Euro. Der Vermieter hat wegen des Rückstands 16 Monate lang nichts unternommen, d. h. er hat zunächst weder gemahnt noch eine Zahlung gefordert.
Im November 2009 befand sich der Mieter mit einem Betrag von 1717 Euro im Rückstand. Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 20. November 2009 das Mietverhältnis wegen des Zahlungsrückstands fristlos und setzte eine Räumungsfrist bis zum 27. Juli 2009. Die laufende Miete wurde vom Jobcenter gezahlt. Der Mieter zog nicht aus. Deshalb reichte der Vermieter eine Räumungsklage ein. Mit der Klage kündigte der Vermieter erneut. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es führte in der Begründung aus, dass im vorliegenden Fall vor dem Ausspruch der fristlosen Kündigung ausnahmsweise eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre. Nach der Vorschrift des § 543 Abs. 3 BGB sei eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietvertrags nur nach erfolgloser Abmahnung oder nach Ablauf einer angemessenen Frist zulässig. Bei einer fristlosen Kündigung des Mietvertrags wegen Zahlungsverzugs bedürfe es grundsätzlich zwar keiner vorherigen Fristsetzung oder Abmahnung, etwas anderes könne jedoch gelten, wenn ein Vermieter – wie hier – über einen Zeitraum von 16 Monaten einen im Wesentlichen unveränderten Zahlungsrückstand hinnehme. In einem solchen Fall kann nach Ansicht des Amtsgerichts das Mietverhältnis wegen des Zahlungsrückstands nur dann (außerordentlich) gekündigt werden, wenn dem Mieter zuvor durch eine Abmahnung die Kündigung angedroht und ihm eine angemessene Frist zur Zahlung der Mietrückstands gesetzt worden wäre, um ihm die Abwendung der Kündigung zu ermöglichen.
Das Amtsgericht wies darauf hin, dass aus den gleichen Gründen auch die in der Klageschrift hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung unwirksam sei. Bei einer ordentlichen Kündigung müsse der Mieter aufgrund des Zeitablaufs und der zwischenzeitlichen pünktlich gezahlten Miete nicht mehr mit einer Kündigung „aus heiterem Himmel“ rechnen. Erst nach einer erfolglosen Abmahnung mit entsprechender Fristsetzung hätte die Pflichtverletzung des Mieters ein derartiges Gewicht erhalten, dass eine Kündigung möglich gewesen wäre.
Die Vermieter hatten zunächst mit einfachem Schreiben und anschließend ein weiteres Mal mit Zustellung der Klageschrift gekündigt. Das Amtsgericht ging davon aus, dass die erste fristlose Kündigung keine Abmahnung im oben genannten Sinne war, weil in ihr keine Frist zur Beseitigung der Pflichtverletzung enthalten war. Deshalb war auch die zweite, mit der Klage erklärte fristlose Kündigung unwirksam.