Mietrecht
Urteile
Nachforderung aus einer berichtigten Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist
Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist einen Betrag fordert, der das Ergebnis einer bereits erteilten Abrechnung übersteigt oder ein bereits berechnetes Guthaben des Mieters reduziert.
BGH Karlsruhe, Urteil vom 12.12.2007 – AZ VIII ZR 190/06 –
Die Vermieterin erstellte am 1. Dezember 2004 eine Abrechnung über die Betriebskosten für das Jahr 2003. Unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen ergab sich ein Guthaben des Mieters in Höhe von 208,73 Euro. Mit Schreiben vom 23. Februar 2005 korrigierte die Vermieterin die Abrechnung in einigen Positionen mit der Folge, dass sich zulasten des Mieters nunmehr eine Nachzahlung in Höhe von 115,06 Euro ergab.
Die Vermieterin machte zwar den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 115,06 Euro nicht geltend, zahlte jedoch das zunächst berechnete Guthaben in Höhe von 218,73 Euro nicht aus. Daraufhin verrechnete der Mieter dieses Guthaben mit der Miete für Mai 2005. Mit der Klage machte die Vermieterin nunmehr die Zahlung der anteiligen Miete für Mai (in Höhe des verrechneten Guthabenbetrags aus der ersten Abrechnung) geltend.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, auf die Berufung des Mieters wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision der Vermieterin blieb erfolglos. Der BGH stellte zunächst noch einmal klar, dass ein Vermieter keine Nachforderungen stellen könne, wenn er nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von einem Jahr abrechne. Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei es, dem Mieter innerhalb des Abrechnungszeitraums Gewissheit darüber zu verschaffen, ob er mit einem Guthaben oder mit Nachzahlungen rechnen müsse. Aus diesem Grund sei unstrittig, dass der Vermieter nach Ablauf der Frist nicht berechtigt sei, über die bereits geleisteten Vorauszahlungen hinaus weitere Beträge zu fordern.
Habe der Vermieter jedoch innerhalb der Abrechnungsfrist über die Betriebskosten abgerechnet und weise diese Abrechnung ein Guthaben aus, dann müsse in Bezug auf eine spätere Neuberechnung und "Nachforderung" gegenüber dem ursprünglichen Abrechnungsergebnis das Gleiche gelten. Hierzu stellte der BGH die folgenden Überlegungen an:
Zum einen würde der oben genannte Zweck (Gewissheit über die Betriebskosten aufseiten des Mieters) verfehlt, wenn der Vermieter bei einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist etwaige Fehler zulasten des Mieters nachträglich korrigieren könne. Das gelte sowohl hinsichtlich der Art als auch hinsichtlich der Höhe der einzelnen, abgerechneten Positionen und unabhängig vom Ausmaß der Abweichung. Der Ablauf der Abrechnungsfrist habe deshalb zur Folge, dass der Vermieter sowohl bei den einzelnen Positionen, als auch hinsichtlich des Gesamtergebnisses keine höheren als die bereits abgerechneten Kosten geltend machen dürfe.
Eine nach § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB ausgeschlossene Nachforderung liege vor, wenn der Vermieter nach Ablauf der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist einen Betrag verlange, der eine bereits erteilte Abrechnung übersteige. Das schließt nach Ansicht des BGH auch den Fall ein, dass diese Abrechnung mit einem Guthaben zugunsten des Mieters endet.
Der Mieter hatte nach Ansicht des BGH mit Zugang der ersten Abrechnung vom 1. Dezember 2004 einen Anspruch auf Rückzahlung des ausgewiesenen Guthabens erworben, ohne dass es darauf ankomme, ob der Vermieter seiner Pflicht zur Rückzahlung unverzüglich nachgekommen ist oder nicht. Eine nachfolgende Abrechnung, die dieses ausgewiesene Guthaben wieder beschränke, stelle sich somit auch als Nachforderung im Sinne des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB dar. Nach dem Wortlaut der Vorschrift seien jedoch sämtliche Nachforderungen ausgeschlossen und nicht etwa nur die über die vereinbarten Vorauszahlungen hinausgehenden Nachforderungen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe nur dann, wenn noch überhaupt keine Abrechnung erteilt worden sei. Dann liege ein Abrechnungsergebnis als Bezugsgröße nicht vor, sodass auf einen Vergleich mit der Summe der Vorauszahlungen zurückgegriffen werden müsse.
Die Vermieterin hatte in ihrer Revisionsschrift die Auffassung vertreten, auf diese Weise stünde ein Vermieter besser da, wenn er innerhalb der Jahresfrist überhaupt keine Abrechnung erteile. Denn in diesen Fällen könne er noch bis zur Höhe der geleisteten Vorauszahlungen nachberechnen, während er bei fristgerechter Abrechnung auf die Höhe des darin genannten Abrechnungsbetrags beschränkt sei. Dieses Argument ließ der BGH nicht gelten, insbesondere bestehe auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze kein Anreiz für den Vermieter, eine fristgerechte Abrechnung hinauszuzögern. Ein Vermieter würde vielmehr seine Rechtsposition unter mehreren Gesichtspunkten schwächen und müsse - zum Beispiel bei einer Klage des Mieters auf Abrechnung - mit zusätzlichen Kosten und Nachteilen rechnen. Darüber hinaus stehe dem Mieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen zu.
Da die erneute Nachberechnung somit nicht zulasten des Mieters das einmal bestehende Guthaben reduzieren konnte, war die Forderung für die Miete Mai 2005 durch Aufrechnung des Mieters mit diesem Guthaben erloschen.
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 327