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Mietrecht

Urteile

Modernisierungsankündigung und Beginn der Modernisierungsmaßnahmen

a) Eine Modernisierungsankündigung nach § 555c Abs.1 BGB ist in zeitlicher Hinsicht dann zulässig, wenn die Planungen so weit fortgeschritten sind, dass die inhaltlichen Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB eingehalten werden können. Eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen einer Modernisierungsankündigung nach 
§ 555c Abs. 1 BGB und dem dort angekündigten voraussichtlichen Beginn der Modernisierungsmaßnahme im Sinne einer Höchstfrist oder eines fortgeschrittenen Planungsstandes bedarf es dagegen nicht.
b) Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB stellt an eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung keine weitergehenden Anforderungen als § 555c Abs. 1 BGB und setzt das Vorliegen eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen einer Modernisierungsankündigung und dem Ausführungsbeginn ebenfalls nicht voraus. Vielmehr ist eine Modernisierungsankündigung ordnungsgemäß im Sinne von Art. 229 § 49 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, wenn sie die Voraussetzungen des § 555c Abs. 1 BGB erfüllt. Ist dem Mieter bis zum 31. Dezember 2018 eine in diesem Sinne ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung zugegangen, führt dies zur Anwendung von §§ 555c und 559 BGB in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung.
c) Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn ein Vermieter einer großen Wohnanlage seinen Mietern bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen eine den Anforderungen des § 555c BGB genügende Modernisierungsankündigung noch vor dem 31. Dezember 2018 und somit mehr als elf Monate vor dem geplanten Ausführungsbeginn zusendet, damit für die nach der Modernisierung beabsichtigte Mieterhöhung nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB noch die für ihn vorteilhafte, bis zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der §§ 555c und 
§ 559 BGB Anwendung findet.

BGH Urteil vom 18.03.2021 – AZ VIII ZR 305/19 –

Die Eigentümerin eines Wohnblocks mit insgesamt 23 Gebäuden in München kündigte allen Mieter/innen mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an – unter anderem die Dämmung der Außenwände, den Austausch der Fenster, die Anbringung bzw. den Austausch von Rollläden und den Anbau von Balkonen. Laut Ankündigung sollten die Arbeiten ab Dezember 2019 beginnen und bis Juni 2023 durchgeführt werden. Inhaltlich war das Ankündigungsschreiben „formvollendet“ , d. h. es enthielt alle vom Gesetz geforderten Angaben zu Art und Umfang sowie Ausführungszeitraum der einzelnen Maßnahmen sowie zu den voraussichtlichen Kosten und der daraus voraussichtlich resultierenden Mieterhöhung. Außerdem wurden die Mieter/innen auf Ihr Sonderkündigungsrecht sowie die Frist zur Mitteilung von Härtegründen hingewiesen, wobei die Vermieterin beide Fristen gegenüber den gesetzlichen Vorgaben für die Mieter/innen verlängerte. Die Mieter/innen störte jedoch etwas ganz anderes. Am 1. Januar 2019 trat eine Gesetzesänderung in Kraft, wonach nicht mehr wie bisher 11% der aufgewendeten Kosten für eine Modernisierung pro Jahr auf die Mieter/innen umgelegt werden können, sondern nur noch 8%. Außerdem wurde mit dieser Änderung erstmals eine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach einer Modernisierung eingeführt. Die vom Gesetzgeber getroffene Übergangsregelung im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) sieht vor, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Anwendung des alten oder des neuen Rechts der Zugang der Modernisierungsankündigung (hier gerade noch im Dezember 2018) ist. Die Mieter waren daher – sicherlich zu Recht – der Meinung, dass die Vermieterin die Arbeiten, die erst mehr als elf Monate später beginnen sollten, nur deshalb so frühzeitig noch im Dezember 2018 angekündigt hatte, um noch die wesentlich höhere Umlage nach alten Recht erzielen zu können. Auch der Münchner Mieterverein hielt das Vorgehen der Vermieterin für „rechtsmissbräuchlich“ und begehrte im Wege einer „Musterfeststellungsklage“ unter anderem die Feststellung, dass eine auf die angekündigten Modernisierungsmaßnahmen gestützte Mieterhöhung nach § 559 BGB nur nach dessen neuer, ab 1. Januar 2019 gültigen Fassung (Grenze von 8% sowie Kappungsgrenze) erfolgen könne. 

Das Oberlandesgericht München gab der Klage des Mietervereins insoweit statt.

Auf die Revision der Vermieterin hob jedoch der Bundesgerichtshof dieses Urteil auf und wies die Klage des Mietervereins ab. Anders als der Münchner Mieterverein und das Oberlandesgericht München störte sich der Bundesgerichtshof nicht daran, dass die Ankündigung mehr als elf Monate vor dem voraussichtlichen Ausführungsbeginn erfolgte. Eine Modernisierungsankündigung sei in zeitlicher Hinsicht bereits dann zulässig, „wenn die Planungen so weit fortgeschritten sind, dass die inhaltlichen Anforderungen des § 555c Abs.1 BGB“ (Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen) eingehalten werden können“ . Eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Modernisierungsankündigung und dem voraussichtlichen Beginn der Modernisierungsmaßnahme im Sinne einer Höchstfrist oder eines fortgeschrittenen Planungsstandes bedürfe es hingegen nicht. Nach dem Wortlaut des § 555c Abs.1 BGB habe die Ankündigung spätestens drei Monate vor Beginn der Modernisierungsmaßnahmen zu erfolgen. Der Begriff „spätestens“ drücke aus, „dass es sich um eine Mindestfrist handelt, eine frühere Ankündigung indes möglich ist. Zeitliche Einschränkungen im Sinne einer Höchstfrist ergeben sich aus dem Wortlaut ebenso wenig wie das Erfordernis eines fortgeschrittenen Planungsstandes oder einer schützenswerten Planungssituation“ . Die Ankündigung solle den Mieter vor kurzfristigen Modernisierungsmaßnahmen schützen „und ihm die Möglichkeit erhalten, rechtzeitig vor Beginn der Maßnahmen zu reagieren und seine diesbezüglichen Rechte fristgerecht ausüben zu können. (...) Dieser Schutzzweck erfordert es nicht, dass zwischen der Ankündigung und dem Baubeginn ein enger zeitlicher Zusammenhang liegen muss“ . Auch die Gefahr der rechtsmissbräuchlichen Nutzung einer frühzeitigen Ankündigungsmöglichkeit rechtfertige es nicht, eine solche Höchstfrist zu verlangen. Vor Ankündigungen „ins Blaue hinein“ ohne konkrete Planung der Baumaßnahmen sei der Mieter ohnehin geschützt, da solche Ankündigungen bereits unwirksam seien. Nach den hier getroffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts München waren jedoch die Modernisierungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Ankündigung tatsächlich im angekündigten Umfang geplant und wurden auch nach der Ankündigung weiter vorbereitet. Es sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Vermieterin durch die Ankündigung am 27. Dezember 2018 die Anwendung des bis zum 31. Dezember 2018 geltenden, im Hinblick auf die Höhe der Mieterhöhung für sie deutlich günstigeren Rechts sichern wollte. Es sei einer Stichtagsregelung, wie der hier vom Gesetzgeber im EGBGB getroffenen, immanent, dass sie für die Beteiligten Rechtskreise Vor- und Nachteile mit sich bringen kann und für eine Übergangszeit zu einer ungleichen Behandlung von – mit Ausnahme des Zeitmoments – gleichen Sachverhalten führt. Dementsprechend ist es mit dieser Stichtagslösung zwingend verbunden, dass Mieter, denen eine Ankündigung noch vor dem Stichtag zugeht, höher an den Kosten der Modernisierung beteiligt werden können, als Mieter, denen die Ankündigung erst danach zugeht. Das Verhalten der Vermieterin sei daher auch nicht „treuwidrig“ . Sei es dem Vermieter – wie hier – möglich, noch vor dem 31. Dezember 2018 eine den Anforderungen des § 555c Abs.1 BGB entsprechende Ankündigung zu erstellen und den Mieter/innen zuzuleiten, kann er sich grundsätzlich die vom Gesetzgeber getroffene und als billig empfundene Interessenabwägung zu Nutze machen. Das Verhalten der Vermieterin stelle sich auch nicht wegen des zeitlichen Vorlaufs zwischen Ankündigung und dem voraussichtlichen Beginn der Bauarbeiten als rechtsmissbräuchlich dar. Da ihre Planung Ende 2018 bereits so weit fortgeschritten war, dass sie eine Ankündigung nach den gesetzlichen Vorgaben erstellen konnte, sei es ihr nicht vorwerfbar, dass sie die Modernisierungsmaßnahmen trotz der noch relativ langen Zeit bis zum Maßnahmenbeginn bereits am 27. Dezember 2018 ankündigte und sich damit die für sie günstigere Rechtslage sicherte. Denn hieran bestand ein erhebliches und legitimes Eigeninteresse der Vermieterin, für die die Geltung des neuen Rechts erhebliche wirtschaftliche Nachteile gehabt hätte. Sie musste „angesichts dieses schützenswerten Interesses die Ausübung der ihr zustehenden Rechtsposition nicht unterlassen, um zu ihren eigenen Lasten den Mietern eine ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht zustehende günstigere Rechtsposition zu verschaffen“ . Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vermieterin den Plan zur Modernisierung nicht kurzfristig im Hinblick auf die geplante Gesetzesänderung gefasst habe, sondern mit den Planungen bereits vor der Veröffentlichung des entsprechenden Gesetzesentwurfs vom 12. Juli 2018 begonnen hatte. Schließlich sei das Ergebnis für die Mieter, auch wenn die zulässige Mieterhöhung damit erheblich höher ausfallen werde als nach neuem Recht, nicht „unbillig“ oder unzumutbar, „denn das zur Anwendung kommende, bis zum 31. Dezember 2018 geltende Recht hat der Gesetzgeber bis zu diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Interessen von Vermietern und Mieter/innen als angemessen erachtet“ .