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Mietrecht

Urteile

Modernisierungsankündigung lange vor Beginn der Modernisierungsmaßnahmen

Eine weit verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung ist rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter kann aus ihr keine Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten (hier: Ankündigung 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen).

LG Berlin, Beschluss vom 01.09.2020 – AZ 67 S 108/20 –

Eine Vermieterin begehrte mit ihrer Modernisierungsankündigung vom 25. September 2018 von ihrem Mieter die Duldung von Baumaßnahmen, welche ab Februar 2020, also ca. 16 Monate später, in dem vom Mieter bewohnten Gebäude durchgeführt werden sollten. Ihre Klage auf Duldung der Arbeiten hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Landgerichts löste das Schreiben vom 25. September 2018 keine Duldungspflicht des Mieters aus. Ob der Zeitraum zwischen dem Zugang einer Modernisierungsankündigung und dem beabsichtigten Beginn der angekündigten Baumaßnahmen eine Höchstfrist nicht überschreiten dürfe, ohne dass der Vermieter seine Ansprüche aus der Modernisierungsankündigung verliert, sei zwar gesetzlich nicht geregelt. Jedenfalls „ein auf eine weit vor dem beabsichtigten Beginn der Modernisierungsmaßnahmen ausgesprochene Modernisierungsankündigung gestützter Duldungsanspruch“ sei aber „wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar“ . Durch eine derart verfrühte Ankündigung untergrabe der Vermieter einerseits das an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpfte und zeitlich befristete Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 555e Abs. 1 BGB. Vor allem aber beschränke der Vermieter auf diese Weise zum Nachteil des Mieters dessen Möglichkeiten zur erfolgreichen Geltendmachung von Härtegründen nach § 555d Abs. 2 BGB. Bei einem „hinreichend engen zeitlichen Zusammenhang“ der Modernisierungsankündigung mit dem Beginn der Maßnahmen bestünden die vom Mieter geltend zu machenden Härtegründe regelmäßig bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Ankündigung oder jedenfalls bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 555d Abs. 3 Satz 1 BGB. Dagegen steige bei einer weit verfrühten Ankündigung die Wahrscheinlichkeit des erstmaligen Auftritts eines Härtegrundes (zum Beispiel die Verschlechterung der finanziellen Situation durch eingetretene Arbeitslosigkeit) erst nach Ablauf der gesetzlichen Monatsfrist (zur Mitteilung solcher Härtegründe) mit der zunehmenden Dauer des zwischen dem Zugang der Ankündigung und dem Beginn der Modernisierung liegenden Zeitraums. „Damit geht eine auf dem gesteigerten Präklusionsrisiko des Mieters beruhende Verschlechterung seiner Rechtsposition einher. Denn einen erstmals nach Ablauf der Einwendungsfrist des § 555d Abs. 3 Satz 1 BGB auftretenden Härtegrund muss der Mieter zur Meidung eines Rechtsverlustes nicht ebenfalls innerhalb eines Monats, sondern gemäß § 555d Abs. 4 Satz 1 BGB ‚unverzüglich’ geltend machen“ . Hinzu trete auf Seiten des Mieters eine Verschlechterung seiner Beweislage, da er neben dem Vorliegen des Härtegrundes auch beweisen müsse, dass der Härtegrund erstmals nach Ablauf der Einwendungsfrist entstanden sei und nicht bereits zuvor bestand. Auch laufe eine solche verfrühte Ankündigung dem Gesetzeszweck zuwider, „dem Mieter eine hinreichend verlässliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage für den weiteren Verlauf des Mietverhältnisses zu verschaffen“ . Es liege nämlich auf der Hand, dass bei einer weit vor Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen ausgesprochenen Ankündigung „die tatsächliche Umsetzung des angekündigten Vorhabens und die Einhaltung des mitgeteilten Kostenrahmens wegen des langen zeitlichen Vorlauf nicht hinreichend gewiss“ seien.


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