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Mietrecht

Urteile

Modernisierung und Vertragsstrafe

Hat sich der Vermieter in einer Modernisierungsvereinbarung verpflichtet, an den Mieter eine Vertragsstrafe für den Fall zu zahlen, dass er die vom Mieter für die Dauer der Modernisierungsarbeiten überlassene Wohnung anderweitig vermietet, kommt eine Herabsetzung der verwirkten Strafe regelmäßig nicht in Betracht.
 
Eine Vertragsanpassung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Mieter vor Beendigung der Modernisierungsarbeiten zu erkennen gibt, dass er nicht mehr in die Wohnung zurückziehen möchte.

LG Berlin, Beschluss vom 01.02.2007 – AZ 62 S 271/06 –

Die Mieter mieteten im Juli 1999 eine Wohnung. Anlässlich der von der Vermieterin geplanten Modernisierungsarbeiten schlossen die Vertragsparteien im Februar 2005 eine Modernisierungsvereinbarung ab. Für die Dauer der Baumaßnahmen sollten die Mieter in eine Zwischenumsetzwohnung ziehen.

Der Vertragstext der Modernisierungsvereinbarung wurde der Vermieterin vom Land Berlin (im Zuge von Fördermaßnahmen) vorgeschrieben. In der Modernisierungsvereinbarung hieß es unter anderem:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Mietverhältnis für die unter § 1 genannte Wohnung fortbesteht. Die Vermieterin verpflichtet sich zur Vermeidung einer Vertragsstrafe von DM 10.000,00 je Zimmer/Wohnraum der unter § 1 genannten Wohnung, diese nicht anderweitig zu vermieten oder anderweitig über diese Wohnung zu verfügen. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadens im Falle der anderweitigen Vermietung der unter § 1 genannten Wohnung bleibt hiervon unberührt. Die Höhe der hier vereinbarten Vertragsstrafe soll die Wirksamkeit der Vertragsstrafe dem Grunde nach nicht berühren; im Streitfall bleibt es den Parteien unbenommen, die Höhe der Vertragsstrafe durch ein Zivilgericht feststellen zu lassen."

(Anmerkung: Bei der unter § 1 genannten Wohnung handelt es sich um die ursprünglich gemietete Wohnung, nicht um die Zwischenumsetzwohnung.)

Die Mieter bezogen daraufhin die Zwischenumsetzwohnung. Nach Fertigstellung der Modernisierungsarbeiten im Herbst 2005 mussten die Mieter feststellen, dass die von ihnen gemietete Wohnung mittlerweile anderweitig bewohnt war. Die Hausverwaltung der Vermieterin teilte auf Anfrage der Mieter mit, dass die Wohnung zwischenzeitlich an Dritte verkauft worden sei.

Nachdem die Mieter die Hausverwaltung vergeblich zur Überlassung des Besitzes an der Wohnung bzw. zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe aufgefordert hatten, erhoben sie Klage.

Die Vermieterin vertrat die Auffassung, das Vertragsstrafenversprechen sei unwirksam, weil das Land Berlin ihr die Verwendung des Vertragstexts auferlegt habe, was jedoch nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht zulässig sei. Im Übrigen würden die Mieter nicht mehr zusammen in der Zwischenumsetzwohnung leben, sodass die Vermieterin davon ausgegangen sei, dass die Mieter nicht in die gemietete Wohnung zurückziehen wollten.

Das Amtsgericht hat der Klage der Mieter stattgegeben, das Landgericht hat die Berufung unter Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts zurückgewiesen.

Das Amtsgericht gelangte zum Ergebnis, dass das in der Modernisierungsvereinbarung getroffene Vertragsstrafenversprechen wirksam sei. Hierbei kommt es nur auf das Verhältnis zwischen der Vermieterin und den Mietern an.

Ob und aus welchem Grund die Vermieterin die Modernisierungsvereinbarung geschlossen habe und ob die Verwendung des Vertragstexts vom Land Berlin verlangt werden durfte oder nicht, habe auf das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien keinen Einfluss.

Ebenso wenig könne sich die Vermieterin darauf berufen, dass das Vertragsstrafenversprechen gegen die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verstoße, da sie selbst als Verwenderin diese Vereinbarung der Mieterin unterbreitet habe.

Aufgrund des Umstands, dass die Vermieterin die Wohnung unter Bruch ihrer mietvertraglichen Pflichten weiterveräußert habe, sei die vereinbarte Vertragsstrafe fällig. Die Vermieterin hatte behauptet, sie habe davon ausgehen können, dass die Mieter nicht mehr in die ursprüngliche Wohnung zurückziehen wollten, weil sie nicht mehr in der Umsetzwohnung zusammenleben würden. Dieses Argument hielt das Amtsgericht für unerheblich. Allein aus dem Umstand, dass die Mieter die Umsetzwohnung nicht mehr gemeinsam bewohnten, ließe sich kein dahingehender Schluss ziehen, dass sie nicht mehr in die Wohnung zurückkehren wollten. Aus diesem Grund sah das Amtsgericht auch keine Veranlassung, die Vertragsstrafenregelung unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung in irgendeiner Weise anzupassen. Möglicherweise hätten die Parteien für den Fall, dass ein Rückzug der Mieter nicht mehr geplant sei, eine entsprechende Ausnahme vereinbart. Zu diesen Sachverhalt hatte die Vermieterin jedoch nichts vorgetragen. Im Übrigen komme es bezogen auf den Wunsch der Rückkehr in die Wohnung einzig und allein auf den Zeitraum der Fälligkeit der Vertragsstrafe (und somit auf dem Zeitpunkt Herbst 2005) an.

Auch der Antrag der Vermieterin auf Herabsetzung der verwirkten Strafe auf einen angemessenen Betrag blieb im Ergebnis erfolglos. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass grundsätzlich gemäß § 343 BGB eine Herabsetzung der Vertragsstrafe erfolgen könne, wenn diese unverhältnismäßig hoch sei. Die Vermieterin habe jedoch keinerlei Umstände vorgetragen, welche die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe im vorliegenden Fall angreifbar machen würde. Insbesondere konnte die Vermieterin nicht die (ihrer Meinung nach zu geringe) Mieterhöhung im Anschluss an die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen als Begründung heranziehen.

Sinn und Zweck der vereinbarten Vertragsstrafe sei es gewesen, den Klägern den Rückzug in die gemietete Wohnung zu sichern. Dabei sei den Vertragsparteien bewusst gewesen, dass eine modernisierte und vermietete Wohnung sich besser verwerten lasse als eine vermietete Wohnung.

Genau dieser Anreiz, nämlich die modernisierte Wohnung unter Bruch des vertraglichen Rechts der Mieter einfach zu verwerten, sollte durch die vereinbarte Vertragsstrafe reduziert werden. Zudem komme der Vertragsstrafe auch die Funktion eines pauschalierten Schadensersatzes für Wohnungssuche, Umzug und Ausstattung einer neuen Wohnung zu.

Die Angemessenheit richte sich wegen ihres Sanktionscharakters in erster Linie auf die Schwere und das Ausmaß der Vertragsverletzung sowie die Gefährlichkeit für den Gläubiger. Nach Ansicht des Amtsgerichts war eine schwerere Vertragsverletzung, als den Mieter endgültig vom Besitz an der gemieteten Wohnung auszuschließen, nicht mehr denkbar. Darüber hinaus konnte die Vermieterin denaufgrund des vorsätzlichen Vertragsbruchs anzunehmenden hohen Grad des Verschuldens in keiner Weise ausräumen. Die Vermieterin wurde antragsgemäß verurteilt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Burkhard Draeger

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 321