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Mietrecht

Urteile

Minderung bei Geruchsbeeinträchtigungen

Dringen in eines von drei Zimmern einer Wohnung jeweils in den frühen Morgenstunden an Werktagen intensive scharfe Gerüche nach Schwefel oder Ammoniak ein, stellt dies einen Mangel der Mietsache dar, der eine Minderung der Miete um 5-8 Prozent begründet.

AG Kreuzberg, Urteil vom 23.02.2022 – AZ 24 C 19/21 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Burkhard Draeger

Die Mieter einer Dreizimmerwohnung in Kreuzberg stellten im Januar 2020 fest, dass in das einzige zur Hofseite gelegene Zimmer, unter welchem sich im Erdgeschoss eine Backstube befindet, montags bis freitags zwischen 6 Uhr und 8 Uhr ein intensiver, stark nach Schwefel oder Ammoniak riechender Gestank eindringt. Gegen 8.30 Uhr bis 9 Uhr verflüchtigten sich die Gerüche nach intensivem Lüften. Ab März 2020 verringerten sich diese Beeinträchtigungen, tauchten aber weiterhin regelmäßig auf. Im Februar 2020 forderten die Mieter die Vermieterin auf, diesen Mangel zu beseitigen und erklärten hinsichtlich ihrer Mietzahlungen den Vorbehalt der Minderung. Die von der Vermieterin in Auftrag gegebene Reinigung des im Zimmer befindlichen Ofens und des Schornsteinzuges im April 2020 brachte keine Änderung. Auf ihre Veranlassung führte sodann ein Ingenieursbüro am 26. Oktober 2020 um 12 Uhr, 10. November 2020 um 9 Uhr und am 4. Dezember 2020 um 7 Uhr eine Untersuchung durch. Bei dem letzten Termin um 7 Uhr nahm der Gutachter tatsächlich einen muffigen, säuerlichen, bitteren und leicht schwefeligen Geruch war. Da die Vermieterin in der Folge nicht weiter tätig wurde, erhoben die Mieter Klage auf Beseitigung des Mangels und Feststellung einer Minderung. Das Amtsgericht Kreuzberg verurteilte die Vermieterin zur Behebung des Mangels und gestand den Mietern für die Zeit bis Ende Februar 2020 eine Minderung um 8%, für die Zeit ab 1. März 2020 eine Minderung um 5% zu. Die Richterin stellte in ihrem Urteil klar, dass es Sache der Vermieterin ist, die Ursache des Mangels zu erforschen. Sie könne diesen nicht bestreiten, da der von ihr beauftragte Gutachter selbst um 7 Uhr morgens unangenehme Gerüche in den Raum wahrgenommen habe. Auch könne sie sich nicht darauf berufen, dass sie eine Feststellung der von den Mietern angegebenen Beeinträchtigung insbesondere früh morgens ab 6 Uhr aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen nicht durchführen könne. Für die Zeit der intensiven Beeinträchtigung im Februar 2020, als es nach Angaben der Mieter frühmorgens nicht mehr möglich war, in dem Zimmer zu schlafen, hielt die Richterin eine Minderung um 8% für angemessen, für die Zeit ab März 2020 (als die Intensität der Gerüche nachgelassen hatte) eine Minderung um 5%. Dabei berücksichtigte sie einerseits, dass nur ein Zimmer der Wohnung betroffen war, andererseits, dass die Beeinträchtigungen nur über wenige Stunden jeweils an Werktagen auftreten.


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