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Mietrecht

Urteile

Mietpreisminderung und Entspannung am Wohnungsmarkt

Ist bei einem Mietvertrag unter Ausnutzung eines geringen Angebotes an vergleichbarem Wohnraum eine gegenüber dem ortsüblichen Entgelt um mehr als 20% überhöhte Miete vereinbart, dann ist die Mietzinsvereinbarung auch nach der Entspannung des Wohnungsmarkts gem. § 5 WiStrG teilweise unwirksam.

OLG Hamburg, Beschluss vom 03.03.1999 – AZ 4 RE Miet U 131/98 –

Zwischen dem Vermieter und dem Mieter war im Jahre 1992 eine Staffelmiete vereinbart worden, welche die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 % überstieg. Eine Mietzinsvereinbarung ist unwirksam, wenn sich der Vermieter unter Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum einen um mehr als 20% über der ortsüblichen Vergleichsmiete (Wesentlichkeitsgrenze) liegenden Mietzins versprechen lässt oder diesen annimmt. Der Mieter verlangte vom Vermieter für die gesamte Mietzeit bis einschließlich 1996 die Rückzahlung des die Wesentlichkeitsgrenze übersteigenden Mietzinses. Das Landgericht ging davon aus, dass bei Abschluss des Mietvertrages das Merkmal eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum gegeben war.

Für das Jahr 1996 ging das Landgericht jedoch von einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt aus. Das Oberlandesgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der vereinbarte Mietzins nur so lange unwirksam war, wie das Merkmal "Ausnutzen eines geringen Angebotes an vergleichbarem Wohnraum" tatsächlich vorlag und ob der Mieter nur insoweit die zuviel gezahlten Beträge zurückverlangen durfte. Es kam zu dem Ergebnis, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Tatbestandsmerkmals "Ausnutzen eines geringen Angebotes" nicht die monatlich wiederkehrende Annahme des Mietzinses durch den Vermieter, sondern die Vereinbarung bei Abschluss des Mietvertrages sei. Darin liege das zur Unwirksamkeit führende maßgebliche Verhalten des Vermieters. Das regelmäßige Annehmen des Mietzinses habe seine Ursache nur in der ursprünglichen Vereinbarung.

Das Gericht gelangte daher zu der Auffassung, dass es nach dem Wortlautes des § 5 WiStrG unerheblich ist, ob das im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages vorliegende Merkmal "Ausnutzen eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum" nachträglich entfällt. Der Zweck der Vorschrift soll nach Ansicht des Gerichts verhindern, dass durch die kurzfristige Verknappung von Wohnraum ein Mietpreis erzielt wird, der „mit der sozialen Marktwirtschaft nicht in Einklang zu bringen“ ist. Dieser Zielsetzung widerspräche es, wenn der Vermieter an einer überhöhten Mietzinsvereinbarung nur deshalb festhalten dürfe, weil sich der Markt zwischenzeitlich wieder entspannt habe. Denn die preistreibende Wirkung der Vereinbarung bleibe für die gesamte Dauer der Mietzinsvereinbarung bestehen. Es kommt daher nach der Auffassung des Gerichts nur darauf an, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geringen Angebot an vergleichbarem Wohnraum und der Vereinbarung eines überhöhten Mietzinses besteht. Daraus folgt im umgekehrten Falle, dass dann, wenn die Vereinbarung nicht auf ein geringes Angebot an Wohnraum zurückzuführen ist, eine nachträgliche Verschlechterung der Angebotslage nicht zur teilweisen Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung führt.

Abgedruckt in WuM, 1999, S. 209 f.

Anmerkung:
Bei dem Beschluss des Oberlandgerichts Hamburg handelt es sich um einen Rechtsentscheid in Mietsachen mit der Folge, dass sämtliche Gerichte an diese Entscheidung gebunden sind.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 273