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Mietrecht

Urteile

Mietpreisbremse und Rügeinhalt

Erheben Mieter eine qualifizierte Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB a. F., ist es für die Rechtsfolgen der §§ 556d ff. BGB nicht erforderlich, dass sie in ihrer Rüge die Überschreitung der höchstzulässigen Miete korrekt beziffert haben.

AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 20.05.2021 – AZ 23 C 327/19 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Gerd-Peter Junge

In einem Mietvertrag vom 2. November 2016 wurde eine Nettokaltmiete in Höhe von 770,00 Euro vereinbart. Mit Schreiben vom 23. Mai 2019 rügten die Mieter eine Mietpreisüberhöhung im Sinne der sogenannten Mietpreisbremse. Sie gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass es sich bei dem Gebäudeteil, in welchem sich ihre Wohnung befindet, um einen Altbau handelt, sodass gemäß Mietspiegel die ortsübliche Miete 640,70 Euro monatlich betragen hätte. Dementsprechend verlangten sie die Bestätigung des Vermieters, dass die Miete ab 1. Juni 2019 nur noch in dieser Höhe geschuldet sei. Als Antwort des Vermieters erhielten sie jedoch am 12. Juni 2019 ein Mieterhöhungsverlangen. Nachdem ihnen zwischenzeitlich bekannt geworden war, dass der Gebäudeteil – wohl nach vollständiger Zerstörung im Krieg – erst Ende der Fünfzigerjahre errichtet worden ist, erhoben sie am 31. Juli 2019 erneut eine Rüge, da nach der Einordnung in das danach zutreffende Mietspiegelfeld lediglich eine monatliche Nettokaltmiete von 543,39 Euro gerechtfertigt war. Nachdem der vom Gericht bestellte Sachverständige bestätigt hatte, dass der Gebäudeteil, in welchem sich die Wohnung der Mieter befindet, erst im Jahr 1959 bezugsfertig geworden war, stellte das Amtsgericht in seinem Urteil fest, dass die vertragliche Vereinbarung zur Miethöhe unwirksam ist, soweit darin eine Nettokaltmiete von mehr als 543,39 Euro verlangt wird. Das Gericht hielt es für unschädlich, dass die Mieter in ihrer ursprünglichen Rüge eine falsche Mietberechnung vorgelegt hatten. Für die Rechtsfolgen der §§ 556d BGB sei es nicht erforderlich, dass der Mieter in seiner Rüge die Überschreitung korrekt beziffert.

Anmerkung: Auch ohne den (für nichtig erklärten) Berliner Mietendeckel ist es den Mietern hier gelungen, ihre monatliche Mietbelastung um 226,61 Euro zu reduzieren. Es lohnt sich also für Mieter/innen, die nach dem 1. Juni 2015 (Inkrafttreten der Mietpreisbremse) einen Mietvertrag abgeschlossen haben, zu überprüfen, ob eine Absenkung der Miete für die Zukunft möglich ist. Für Mieter/innen, die nach dem 1. April 2020 einen Mietvertrag abgeschlossen haben, ist sogar die Rückforderung der seit Mietbeginn überzahlten Mieten möglich, sofern die Rüge innerhalb von 30 Monaten ab Mietbeginn erhoben wird.