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Mietrecht

Urteile

Mietpreisbremse ist geeignetes Instrument und verfolgt legitimes Ziel

1. Die Regelung zur „Mietpreisbremse“ in § 556d Abs. 1 und Abs. 2 BGB verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
2. Auch die darauf basierende Mietenbegrenzungsverordnung für Berlin vom 28.04.2015 ist mit der Verfassung vereinbar.
(Leitsätze MieterEcho)

BverfG Beschluss – AZ 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18 –

Das Bundesverfassungsgericht hatte über zwei Vorlagen der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin, welches die sogenannte „Mietpreisbremse“ für verfassungswidrig hielt, sowie über die Verfassungsbeschwerde einer Vermieterin zu entscheiden, welche in einem entsprechenden Prozess vor der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin unterlegen war. Gegen die verfassungsrechtlichen Bedenken des Landgerichts Berlin sowie der Vermieterin führte das Gericht unter anderem aus:
1. „Die Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch § 556d Abs. 1 BGB verstößt weder gegen die Garantie des Eigentums aus Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen die Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG noch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. “
Zwar greife die Miethöhenregulierung in das geschützte Eigentum der Wohnungseigentümer ein, dieser Eingriff sei aber gerechtfertigt. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch das Gesetz bestimmt. Ein solches Gesetz sei Paragraph 556d Abs. 1 BGB. Der Gesetzgeber verfolge mit dieser Vorschrift das legitime Ziel, der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken. Dieser Zweck liege im öffentlichen Interesse. Die Regelung sei auch „erforderlich“ , um das angestrebte Ziel zu erreichen. Sie sei den Vermietern und Vermieterinnen auch zumutbar. Zwar müsse der Gesetzgeber bei solchen Regelungen „sowohl die Belange des Mieters als auch die des Vermieters in gleicher Weise berücksichtigen“ , was jedoch nicht heiße, dass sie stets dasselbe Gewicht haben müssten. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung gehe „umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion“ stünde. Dies treffe auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu. Bei der Abwägung der betroffenen Belange der Vermieter und Mieter verfüge der Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum, insbesondere könne er die jeweiligen Verhältnisse und Umstände auf dem Wohnungsmarkt berücksichtigen. Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums überschreite die in § 556d Abs. 1 BGB gefundene Regelung nicht. Die Eigentumsgarantie gebiete nicht, „einmal ausgestaltete Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unangetastet zu lassen. (…) Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieterinnen und Vermieter aber mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen. Ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt, weil ein solches Interesse seinerseits vom grundrechtlich geschützten Eigentum nicht umfasst ist“ . Die Regelung des 
§ 556d Abs. 1 BGB greife auch nicht in die „Eigentumssubstanz“ der Vermieter ein, da ein solcher Eingriff nicht bereits dann vorläge, wenn aus dem Eigentumsobjekt nicht mehr die höchst mögliche Rendite erzielt werden könne. Umgekehrt seien jedenfalls dauerhafte Verluste für die Vermieter oder eine Substanzgefährdung von deren Mietsache oder der Wegfall ihrer sinnvollen Nutzungsmöglichkeit aufgrund dieser gesetzlichen Regelung nicht ersichtlich. Insbesondere erlaube die Regelung den Vermietern, die Miete um 10% über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus zu steigern, was jedenfalls derzeit die Inflation kompensiere und zugleich grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich etwaiger Kostensteigerungen ermögliche.
2. „Die Mietenbegrenzungsverordnung für Berlin ist mit der Verfassung vereinbar. Insbesondere verletzt sie nicht die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG. “
Sie wahre auch „die verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Vorgaben des ermächtigenden Gesetzes“ (§ 556d BGB). Der Senat von Berlin habe sich an den „in § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB aufgeführten vier Kriterien orientiert und jeweils anhand statistischer Daten aus der Zeit unmittelbar vor Erlass der Verordnung nachvollziehbar begründet hergeleitet, dass jedes dieser Kriterien für das Stadtgebiet von Berlin erfüllt ist“ . Die Berliner Verordnung verletze nicht die Anforderungen der Verhältnismäßigkeit, insbesondere durfte der Senat auch „eine Erstreckung der Verordnung auf das gesamte Berliner Stadtgebiet und ihre Befristung auf die höchstmögliche Dauer von fünf Jahren als erforderlich ansehen “. Der Senat habe ausweislich seiner Verordnungsbegründung von einer Teilausweisung abgesehen, „weil Berlin aufgrund seiner polyzentrischen Ausrichtung als einheitlicher Wohnungsmarkt, der sich territorial nicht weiter aufspalten lasse, zu fassen sei“ . Gründe, warum dies verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genüge, seien nicht ersichtlich. Der Berliner Senat habe zudem in nicht zu beanstandender Weise angenommen, „die zu erwartende Bevölkerungszunahme in Berlin könne mittelfristig nach den vorliegenden Daten nicht durch den Neubau von Wohnungen ausgeglichen werden, so dass zum Erzielen der beabsichtigten Wirkung die höchstmögliche Geltungsdauer auszuschöpfen war“ . Die Verordnung sei auch insoweit erforderlich, als ein ebenso wirksames, die Grundrechte weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung der verfolgten Ziele nicht ersichtlich sei. „Die in Betracht kommenden Maßnahmen der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, einer aktiven kommunalen Liegenschaftspolitik, der Unterstützung privater Wohnbautätigkeit oder der Schaffung generationen- und altersgerechten Wohnraums können ihre Wirkung indes nur mittel- und langfristig entfalten. Sie stehen daher der Erforderlichkeit der auf fünf Jahre befristeten Berliner Mietenbegrenzungsverordnung nicht entgegen. “


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