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Mietrecht

Urteile

Mietminderung wegen umfangreicher Baumaßnahmen

Zur angemessenen Minderung bei umfangreichen Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen am und im Gebäude und auf dem Grundstück.

AG Schöneberg, Urteil vom 11.02.2022 – AZ 5 C 1/20 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann

Umfangreiche Baumaßnahmen auf einem Grundstück in Schöneberg führten über einen längeren Zeitraum zu erheblichen Beeinträchtigungen durch starke Vibrationen, Baulärm, Einrüstung des Hauses, Lagern von Baumaterialien in Treppenhäusern und Hof, Staubentwicklung, Heizungs- und Aufzugsausfällen, Auskühlung des Treppenhauses und Geruchsbelästigung durch verwendete Lösungsmittel u. a. Der Vermieter ließ etliche Leerwohnungen umfangreich sanieren sowie das Dachgeschoss ausbauen. Außerdem wurden u. a. die Treppenhäuser saniert und der komplette Hof neu gestaltet. Die Mieterin einer Wohnung war der Auffassung, dass die Miete ab Beginn der Arbeiten am 20. August 2018 bis zum 31. Januar 2019 um 30% und in der Zeit vom 1. Februar 2019 bis 30. September 2019 (in welcher die Intensität der Lärmbelastung etwas geringer war) um 20% gemindert war. Sie forderte den so berechneten Betrag in Höhe von 3.888,30 Euro der unter Vorbehalt gezahlten Mieten zurück. Eine Nachbarin der Mieterin legte in ihrer Vernehmung als Zeugin anhand des von ihr geführten Protokolls die Intensität der Beeinträchtigungen, durch die sie sich regelmäßig gezwungen sah, tagsüber das Haus zu verlassen, dar. Das Amtsgericht hielt – auch aufgrund der detaillierten Darlegung der Zeugin – die geltend gemachten Minderungsquoten für angemessen und verurteilte den Vermieter zu der begehrten Zahlung. Entgegen der Auffassung des Vermieters sei nicht für jeden einzelnen Tag die Minderung zu ermitteln. Das Gericht könne die aus den Baumaßnahmen erwachsenden Beeinträchtigungen für den gesamten Zeitraum einheitlich schätzen und eine einheitliche Minderungsquote festlegen. Außerdem stellte das Gericht klar, dass die durch Bauarbeiten veranlassten Reinigungskosten von der Vermieterseite zu tragen sind. Nach Abschluss der Fassadenarbeiten und Abbau der Gerüste hatte die Mieterin vergeblich um Reinigung ihrer unter anderem durch Mörtel extrem verschmutzten Außenfenster gebeten. Da sich der Vermieter weigerte, hatte sie die Reinigungsarbeiten selbst in Auftrag gegeben. Die Kosten in Höhe von 106,62 Euro musste der Vermieter erstatten. 

Anmerkung: Die beiden Mieterinnen hatten von Anfang an Bauprotokolle geführt und auch regelmäßig Fotodokumentationen angefertigt. Dies ist in derartigen Fällen unbedingt zu empfehlen.


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