Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung und Berliner Mietspiegel

Enthält der Mietspiegel eine „Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung“ , in der bestimmte wohnwerterhöhende und wohnwertmindernde Merkmale für die Wohnung ausgewiesen sind, darf das Gericht diese Orientierungshilfe und die von ihr vorgesehenen Bewertungskriterien als Schätzungsgrundlage zugrunde legen. Zu den Bewertungskriterien zählen dabei nicht nur die in der Orientierungshilfe angegebenen Wohnwertmerkmale, sondern auch die Vorgaben zu ihrer Bewertung, da es sich insoweit um ein in sich abgestimmtes Beurteilungskonzept handelt.
(Leitsatz der Redaktion MieterEcho)

BGH Beschluss vom 14.06.2022 – AZ VIII ZR 24/21 –

Der Mieter einer Wohnung in Charlottenburg weigerte sich, einer Mieterhöhung zum 1. August 2019, welche mit dem damals gültigen Berliner Mietspiegel 2019 begründet wurde, zuzustimmen. Das Amtsgericht Schöneberg und das Landgericht Berlin hatten die Mieterhöhung für begründet gehalten und bei der Berechnung der ortsüblichen Miete die „Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung“ zum Berliner Mietspiegel 2019 zu Grunde gelegt. Hiergegen wandte sich die Revision des Mieters. Er bemängelte, dass das Landgericht die in der Orientierungshilfe festgelegten Kriterien übernommen habe, ohne auch andere Aspekte in den Blick zu nehmen. Es habe die Merkmalgruppen „schematisch“ abgearbeitet, obwohl diese nicht bindend und abschließend seien. Auch bei der konkreten Gewichtung der einzelnen Merkmalgruppen habe das Gericht die Besonderheiten des Einzelfalls übersehen. Es müsse nämlich einen Unterschied machen, ob innerhalb einer Merkmalgruppe nur ein Merkmal oder mehrere Merkmale gegeben seien. Nur wenn alle genannten erhöhenden Merkmale gegeben seien und es an wohnwertmindernden Merkmalen fehle, dürfe von einer Erhöhung des Mittelwerts der Spanne um 20% ausgegangen werden. Dieser Auffassung folgte der Bundesgerichtshof nicht und teilte in seinem Beschluss mit, dass er beabsichtigt, die Revision des Mieters zurückzuweisen. Enthalte ein Mietspiegel – wie hier – eine Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung, dürfe das Gericht die vorgesehenen Bewertungskriterien als Schätzungsgrundlage zugrunde legen. Zu den Bewertungskriterien zählten dabei nicht nur die angegebenen Wohnwertmerkmale, sondern auch die Vorgaben zu ihrer Bewertung. „Es handelt sich insoweit um ein in sich abgestimmtes Beurteilungskonzept. Dabei steht es (…) im Ermessen des Tatgerichts, diesem Bewertungssystem uneingeschränkt zu folgen oder (…) auch andere (zusätzliche) Aspekte in seine Bewertung einzubeziehen und eine andere Gewichtung vorzunehmen“. Letzteres sei allerdings häufig nur mit sachverständiger Beratung möglich. Umgekehrt ermögliche eine unveränderte Übernahme des Bewertungssystems der „Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung“ im Interesse beider Seiten eine rasche Entscheidung und vermeide die Entstehung von Gutachterkosten. Das Landgericht habe auch zu Recht die nach den Erläuterungen der Orientierungshilfe vorgesehene Bewertung der einzelnen Merkmalgruppen übernommen, wonach das einfache Überwiegen wohnwerterhöhender oder wohnwertmindernder Merkmale für die Annahme eines Zuschlags oder Abschlags vom Mittelwert reicht.

Anmerkung: Auch wenn das Ergebnis dem Mieter in diesem Fall nicht gefallen haben dürfte, ist es aus Sicht der Mieter eher erfreulich, dass der Bundesgerichtshof – insbesondere auch im Hinblick auf sonst stets drohende hohe Gutachterkosten – offenbar einer „unveränderten“ , also nicht kreativ erweiterten Anwendung der Orientierungshilfe (samt Erläuterungen) den Vorzug gibt. Es sind bekanntlich aus gutem Grund üblicherweise die Vermieter, die Argumente für die Hinzuziehung von Sachverständigen suchen.




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