Mietrecht
Urteile
Mieterhöhung und Ausgangsmiete bei Rechtsstreit über vorausgegangene Mieterhöhungen
KG Berlin, Urteil vom 15.09.1997 – AZ 8 RE - Miet 6517/96 –
Der Vermieter verlangte im Juli 1994 eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten von 422,12 DM auf 521,44 DM monatlich. Der Mieter war der Meinung, die Erhöhung sei unwirksam und zahlte nicht. Daraufhin kam es zu einem Rechtsstreit zwischen dem Vermieter und dem Mieter. Vor der gerichtlichen Entscheidung über diese Mieterhöhung verlangte der Vermieter im Januar 1995 zum 1. April 1995 die Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung von 521,44 DM um 126,64 DM auf 648,08 DM monatlich. Auch über diese Mieterhöhung kam es zu einem Rechtsstreit, in welchem der Vermieter die Zustimmung des Mieters zu dieser Mieterhöhung verlangte. Die Unwirksamkeit der Mieterhöhung vom Juli 1994 wegen gestiegener Betriebskosten von 422,12 DM auf 521,44 DM wurde erst nach Klageerhebung rechtskräftig festgestellt.
Der Vermieter verfolgte die zweite Mieterhöhung gerichtlich weiter. Da aufgrund der Entscheidung über den ersten Rechtsstreit nunmehr rechtskräftig feststand, dass die Miete nicht 521,44 DM sondern lediglich 422,12 DM betragen hat, änderte er seine Klage entsprechend, indem er nunmehr die Zustimmung zu einer Mieterhöhung von 422,12 DM um 126,64 DM auf 548,76 DM verlangte.
Der Mieter (und das Landgericht) stellte sich auf den Standpunkt, das Mieterhöhungsverlangen vom Januar 1995 sei unwirksam, weil dort eine Mieterhöhung von 521,44 DM um 126,64 DM auf 648.08 DM monatlich verlangt wurde. Wegen der tatsächlich geringeren Miete (Ausgangsmietzins) von 422,12 DM sei nicht eindeutig erkennbar, ob der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung um 126,64 DM oder aber eine neue Miete in Höhe von 648,08 DM begehrt. Diese Mehrdeutigkeit führe zur Unwirksamkeit.
Das Kammergericht schloss sich dieser Überlegung grundsätzlich an. Aus einem Erhöhungsverlangen muss sich unzweideutig ergeben, dass und in welchem Umfang der Vermieter von seinem Recht zur Mieterhöhung Gebrauch machen will. Dazu gehört auch, dass die erhöhte Miete betragsmäßig ausgewiesen ist. Das Erhöhungsverlangen muss aus sich heraus nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Der Mieter ist nicht dazu verpflichtet, Nachforschungen anzustellen, um die Unklarheiten in der Begründung aufzudecken. Das Kammergericht schloss sich also grundsätzlich der Meinung an, dass Ausgangsmiete, Erhöhungsbetrag und Endmiete richtig ausgewiesen sein müssen und ein Fehler wegen fehlender Eindeutigkeit zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens führt.
Das Kammergericht gelangte aber zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen an die Eindeutigkeit der Erklärung erfüllt sind. Die falschen Ausgangs- und Endzahlen hätten hier ihre Ursache lediglich darin, dass zur Zeit des Erhöhungsverlangens über die vorangegangene Mieterhöhung vor Gericht gestritten wurde und eine rechtskräftige Entscheidung noch ausstand. In so einem Fall sei das nachfolgende Mieterhöhungsverlangen für den Mieter nachvollziehbar und nicht widersprüchlich. Es müsse den Mieter vielmehr verwirren, wenn der Vermieter in seinem neuen Erhöhungsverlangen wieder den alten Mietzins einsetzen würde, obwohl er gerade einen höheren Mietzins gerichtlich geltend macht. Das Kammergericht gelangte zu der Auffassung, dass der Mieter in einem solchen Fall weiß, worüber er mit dem Vermieter vor Gericht streitet. Er kennt sowohl die alten Zahlen als auch das möglicherweise im Endbetrag überhöhte Zustimmungsverlangen. Er sei sich daher darüber im klaren, dass der tatsächliche Ausgangs- und Endmietzins erst durch die rechtskräftige Entscheidung im ersten Verfahren gebildet werde. Dem Vermieter kann es nach Auffassung des Kammergerichts nicht zugemutet werden, während des laufenden Rechtsstreites (um die Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten) von seinem Rechtsstandpunkt abzurücken und eine im Ergebnis geringere Endmiete zu verlangen, als ihm nach seiner Auffassung zusteht.
Abgedruckt in WM 1997, S. 605 ff.
Anmerkung:
Da es sich um einen Rechtsentscheid des Kammergerichts handelt, dürfen andere Instanzgerichte hiervon nicht abweichen. Um es noch einmal kurz zusammenzufassen:
Eine Mieterhöhung, die einen falschen Ausgangsmietzins enthält, ist grundsätzlich unwirksam. Es ist vom Mieter nicht der Erhöhungsbetrag auf den richtigen Ausgangsmietzins aufzuschlagen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Mieterhöhung in einem laufenden Rechtsstreit um die Höhe des Mietzinses erklärt wird. Das Kammergericht argumentiert im wesentlichen damit, dass der in einem Rechtsstreit um die Miethöhe befindliche Mieter die objektive Fehlerhaftigkeit des Mieterhöhungsverlangens kennt. Das Kammergericht hebt hervor, dass es für den Vermieter widersprüchlich wäre, in seinem Mieterhöhungsverlangen die alte Miete anzugeben, während er vor Gericht um einen höheren Mietzins streitet. Es geht jedoch nicht darauf ein, dass es für den Mieter ebenso widersprüchlich - und im Ergebnis fatal - gewesen wäre, wenn er dem zwischenzeitlichen Mieterhöhungsverlangen im oben genannten Fall einfach zugestimmt hätte. Aus diesem Grunde erwähnt das Kammergericht auch nicht, wie der "rechtstreue" Mieter der zwitterhaften Erhöhungserklärung denn tatsächlich zustimmen soll, ohne seinerseits seine Rechtsposition zu verlieren. Nachdem das Kammergericht nunmehr jedoch verbindlich entschieden hat, bleibt dem Mieter in einem vergleichbaren Fall nichts anderes übrig, als der Mieterhöhung von dem zulässigen, aber derzeit noch rechtskräftig festzustellenden Mietzins um den angegebenen Erhöhungsbetrag auf einen neuen Mietzins zuzustimmen, der sich aus dem rechtskräftig festgestellten Ausgangsmietzins und dem Erhöhungsbetrag ergibt.
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 266