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Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung nach Modernisierung und Härtegründe

1. Für die Frage, ob finanzielle Härtegründe einer Mieterhöhung nach Modernisierung entgegenstehen, ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsmieterhöhung abzustellen. Ebenso wie später auftretende Härtegründe keine Berücksichtigung finden können, kann auch ein späterer Wegfall der wirtschaftlichen Härtegründe nicht dazu führen, dass eine neue Mieterhöhung aufgrund derselben Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen werden könnte.
2. Verlangt ein Vermieter nach durchgeführter Modernisierung eine Mieterhöhung nach § 559 BGB und erklärt anschließend, dass er auf diese Mieterhöhung verzichtet, kann er nicht später auf Grundlage derselben Modernisierungsmaßnahme erneut eine Mieterhöhung verlangen.

LG Berlin, Beschluss vom 09.09.2021 – AZ 66 S 124/21 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann

Mit Schreiben vom 5. Juli 2017 kündigte die Vermieterin ihren Mieter/innen umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen im Haus und in der Wohnung an, die voraussichtliche Mieterhöhung nach Modernisierung wurde mit 1,80 Euro/qm für die 101 qm große Wohnung angegeben. Die Mieter/innen teilten der Vermieterin umgehend mit, dass eine solche Mieterhöhung für sie eine finanzielle Härte darstellen würde. Die angekündigten Arbeiten wurden in der Zeit vom 25. September 2017 bis 27. November 2018 durchgeführt. Mit ihrem Schreiben vom 28. November 2018 machte die Vermieterin eine Mieterhöhung aufgrund der durchgeführten Modernisierung in Höhe von 161,80 Euro ab dem 1. Februar 2019 geltend. Nachdem die Mieter/innen ihre aktuellen Einkommensunterlagen übersandt hatten, teilte die Vermieterin am 4. März 2019 mit, dass sie auf die Mieterhöhung zum 1. Februar 2019 aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vollständig verzichte. Mit weiterem Schreiben vom 30. September 2019 machte die Vermieterin jedoch erneut wegen derselben Modernisierung eine Mieterhöhung geltend, dieses Mal um 136,08 Euro ab dem 1. Dezember 2019. Die Mieter/innen erhoben Klage vor dem Amtsgericht und begehrten die Feststellung, dass diese Mieterhöhung unwirksam ist. Zudem verlangten sie die Rückzahlung der bereits unter Vorbehalt gezahlten Erhöhungsbeträge. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg folgte der Auffassung der Mieter/innen, wonach eine erneute Erhöhungserklärung nach Verzicht auf eine bereits zuvor erklärte Mieterhöhung wegen derselben Baumaßnahme nicht möglich ist und gab der Klage der Mieter/innen statt. Auch die Berufung der Vermieterin blieb ohne Erfolg. Das Landgericht Berlin wies in seinem Beschluss darauf hin, dass die einstimmige Zurückweisung der Berufung beabsichtigt sei. Das Schreiben der Vermieterin vom 4. März 2019 stelle ein Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages gemäß § 397 BGB dar, welches die Mieter/innen angenommen hätten, indem sie in der Folge wieder die ursprüngliche Miete ohne Modernisierungszuschlag gezahlt haben. Es liege somit ein wirksamer Erlassvertrag der Parteien vor. Da in dem Schreiben der Vermieterin vom 4. März 2019 keinerlei Einschränkungen sowohl im Hinblick auf die Anerkennung des wirtschaftlichen Härtegrundes als auch bezüglich des erklärten Verzichts enthalten war, konnte diese Erklärung aus Sicht der Mieter/innen nur bedeuten, dass die Vermieterin vollumfänglich und ein für alle Mal auf einen Modernisierungszuschlag bezüglich der konkreten Modernisierungsmaßnahmen verzichtet. Dies decke sich im Übrigen auch mit der Rechtslage, wie das Landgericht klarstellte. Für die Frage, ob tatsächlich Härtegründe vorliegen, sei nämlich ausschließlich auf den Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsmieterhöhung abzustellen (hier der Mieterhöhung vom 28. November 2018). Ein späterer Wegfall der wirtschaftlichen Härtegründe spiele ebenso wenig eine Rolle wie später neu auftretende Härtegründe. Lägen – wie hier – zum Zeitpunkt einer Modernisierungsmieterhöhung wirtschaftliche Härtegründe vor, sei eine Mieterhöhung wegen dieser Maßnahme nicht nur bis zur Besserung der Einkommensverhältnisse der Mieter/innen sondern ein für alle Mal ausgeschlossen.