Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung nach Modernisierung und finanzielle Härte

1. Für den vom Mieter innerhalb eines Monats nach Zugang einer Modernisierungsankündigung zu erhebenden Härteeinwand reicht es aus, wenn in der Mitteilung an den Vermieter der Umstand, der nach Auffassung des Mieters eine Härte begründet, hinreichend deutlich wird; beim Einwand der finanziellen Härte im Falle der angekündigten Mieterhöhung ist somit ausreichend, wenn der Mieter mitteilt, dass die künftig zu erwartende Miete den Anteil von 30% des Haushaltseinkommens übersteigen würde. Belege müssen zu diesem Zeitpunkt – jedenfalls wenn der Vermieter dies nicht ausdrücklich wünscht – nicht übersandt werden.
2. Jedenfalls bei niedrigen Nettoeinkünften liegt eine Härte vor, soweit die Bruttowarmmiete nach Modernisierung 30% des Haushaltseinkommens übersteigen würde.
3. Der vom Mieter eingewandte finanzielle Härtegrund entfällt nicht zwingend deshalb, weil der Vermieter ihm zwei kleinere Wohnungen mit etwas niedrigerer Miethöhe angeboten hat.

LG Berlin, Beschluss vom 12.04.2021 – AZ 66 S 153/20 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Gerd-Peter Junge

Die Vermieterin einer Genossenschaftswohnung in Lichtenberg kündigte der dort seit 1990 wohnenden Mieterin am 21. Oktober 2016 Modernisierungsmaßnahmen an. Die voraussichtliche Mieterhöhung nach Modernisierung sollte 81,73 Euro betragen. Die Mieterin teilte mit Schreiben vom 8. November 2016 mit, dass die Mieterhöhung nach Modernisierung für sie eine finanzielle Härte darstellen würde, da die Gesamtmiete dann 30% ihres Nettoeinkommens übersteige. Nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen machte die Vermieterin mit Schreiben vom 22. Februar 2018 eine Mieterhöhung in Höhe von 87,18 Euro monatlich geltend, die Bruttowarmmiete sollte danach künftig 577,61 Euro betragen. Die Mieterin verlangte daraufhin unter Vorlage aktueller Einkommensnachweise eine Begrenzung der Modernisierungsmieterhöhung auf einen Betrag von 26,22 Euro monatlich, womit die Gesamtmiete für sie lediglich 30% ihres Nettoeinkommens betragen würde. Nachdem die Vermieterin daraufhin weitere Einkommensbelege forderte, legte die Mieterin noch ihren letzten Lohnsteuerbescheid vor und teilte mit, weder Sparkonten noch Wertanlagen Grundvermögen oder ein Auto zu besitzen. Ihr monatliches Nettoeinkommen belegte sie mit 1.722,18 Euro monatlich. Ihr Antrag auf Wohngeld wurde mit Bescheid des zuständigen Bezirksamts vom 20. Juni 2018 abgelehnt. Das Amtsgericht Lichtenberg gab der Klage der Mieterin auf Begrenzung des Mieterhöhungsbetrages auf 26,22 Euro monatlich statt. Die Berufung der Vermieterin hatte beim Landgericht Berlin keinen Erfolg. Den Einwand der Vermieterin, das Schreiben der Mieterin zur Mitteilung ihres Härteeinwands vom 8. November 2016 sei nicht ausreichend gewesen, da sie keine Belege für die finanzielle Härte beigefügt habe, ließ das Gericht nicht gelten. Es stellte klar, dass dies für die wirksame Erhebung des Härteeinwands nicht erforderlich sei, sondern es vielmehr ausreiche, dass der mitgeteilte Härtegrund identifizierbar sei. Belege müssten jedenfalls dann zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt werden, wenn der Vermieter sie nicht anfordere. Es gehe bei der kurzen Frist zur Mitteilung von Härteeinwänden nämlich darum, dass der Vermieter Planungssicherheit erhalte. Er könne dann noch abwägen, ob er die Modernisierung ganz oder teilweise doch unterlassen möchte, um spätere Risiken bei der Anwendung der Härtefallregelung auszuschließen. „Das Maß und der Umfang dessen, was der Mieter darlegen muss, kann auch davon abhängen, in welcher konkreten Weise der Vermieter seine Bedürfnisse nach prüfbarer Information verbalisiert, bzw. ob er (auch für den Mieter erkennbar) seine (gegebenenfalls weitergehenden) Interessen nach Information ausdrückt“ . Da die Vermieterin hier das Schreiben der Mieterin vom 8. November 2016 damit beantwortet hatte, man habe dies zur Kenntnis genommen und werde zu gegebener Zeit darauf zurückkommen, musste die Mieterin auch nicht von sich aus weitere Informationen und Belege übersenden. Das Landgericht folgte auch der Mieterin, dass ein höherer Modernisierungszuschlag als monatlich 26,22 Euro wegen ihres insoweit erfolgreichen Härteeinwands nicht von ihr verlangt werden könne. Der Mieter müsse nach Abzug der erhöhten Miete noch über ausreichende „Mittel verfügen, die ihm eine Lebensführung wie bisher erlauben“ . Wenn wie hier ein vergleichsweise geringes Gesamteinkommen erzielt werde, sei der prozentuale Ansatz von 30% für Mietkosten sachgerecht. Ob dies anders zu bewerten sein könnte, wenn einem Mieter nach Abzug der Miete immer noch Beträge von 2.000 oder 3.000 Euro für eine Einzelperson zur Verfügung stehen, ließ das Gericht offen. Auch der Einwand der Vermieterin, sie habe der Mieterin als Ersatz für Ihre 68,11 qm große Wohnung zwei andere Wohnungen mit 54,10 qm bzw. 46,69 qm zu einer etwas geringeren Miete angeboten, führte zu keiner anderen Beurteilung des Landgerichts. Der angebotene Umzug habe schon deshalb für die Mieterin keine zumutbare Alternative dargestellt, „weil die erheblichen Umzugskosten bei ihrem knapp bemessenen Haushaltseinkommen eine so erhebliche Belastung dargestellt hätten, dass dadurch genau diejenige wirtschaftliche Notlage (auf anderem – noch extremeren – Wege) ausgelöst worden wäre“ , die die Mieterin „mit ihrem berechtigten Einwand gegen die Mieterhöhung gerade abwenden wollte (und durfte)“ .


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