Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Mieterhöhung nach Modernisierung

a) Eine Mieterhöhungserklärung nach § 559b Abs. 1 BGB, die auf mehrere tatsächlich trennbare Baumaßnahmen gestützt wird, ist gemäß § 139 BGB nicht insgesamt nichtig, wenn sie im Hinblick auf einzelne Baumaßnahmen unzureichend begründet oder erläutert und deshalb gemäß § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB insoweit unwirksam ist. Vielmehr hat eine solche Mieterhöhungserklärung hinsichtlich des wirksam erklärten Teils nach Maßgabe des § 139 BGB Bestand, wenn sie sich – wie regelmäßig – in Bezug auf die einzelnen baulichen Maßnahmen in selbständige Rechtsgeschäfte trennen lässt und – wie ebenfalls regelmäßig – davon auszugehen ist, dass die Gültigkeit wenigstens des wirksam erklärten Teils der Mieterhöhung dem – infolge der Einseitigkeit des Rechtsgeschäfts allein maßgeblichen – hypothetischen Willen des Vermieters bei Abgabe der Erklärung entspricht.
b) Der Sinn und Zweck der Vorschriften über die Modernisierung und anschließende Mieterhöhung gebietet es, nicht nur in der Fallgestaltung, dass der Vermieter sich durch die Modernisierung bereits „fällige“ Instandsetzungsmaßnahmen erspart oder solche anlässlich der Modernisierung mit erledigt werden, nach § 559 Abs. 2 BGB einen Abzug des Instandhaltungsanteils von den aufgewendeten Kosten vorzunehmen, sondern auch bei der modernisierenden Erneuerung von Bauteilen und Einrichtungen, die zwar noch (ausreichend) funktionsfähig sind und (bislang) einen zu beseitigenden Mangel nicht aufweisen, aber bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer zu erwartenden Gesamtlebensdauer (ab-)genutzt worden sind (hier: Austausch von etwa 60 Jahre alten Türen und Fenstern sowie einer ebenso alten Briefkastenanlage).

BGH Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – AZ VIII ZR 81/19 –

Nach entsprechender Ankündigung am 30. Mai 2015 ließen die Vermieter einer Wohnung in Düsseldorf im Jahr 2016 zahlreiche Baumaßnahmen durchführen, unter anderem die Umstellung von einer Beheizung mittels Gastherme auf Fernwärme, die Erneuerung der etwa 60 Jahre alten Eingangstür zur Wohnung, der ebenso alten Treppenhausfenster und Haustüren nebst Briefkastenanlage und den Austausch der Fenster in der Wohnung der Mieterin. Mit Schreiben vom 19. Juli 2017 erklärten die Vermieter eine Mieterhöhung ab dem 1. Oktober 2017 wegen der durchgeführten Baumaßnahmen. Die Mieterin klagte auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, die Mieterhöhung zu zahlen. Das Landgericht Düsseldorf hielt die Mieterhöhung jedoch in erheblichen Teilen für wirksam. Zwar sei die Erhöhungserklärung in Bezug auf die Umstellung der Heizung von Gas- auf Fernwärme formell unzureichend, im Übrigen aber sei die Erhöhung wirksam und berechtigt. Auf die Revision der Mieterin hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Er stellte zunächst klar, dass die Mieterhöhungserklärung wegen der formellen Mängel hinsichtlich der Heizungserneuerung nicht insgesamt nichtig sei, was das Landgericht zutreffend festgestellt habe. Die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts führe „nur dann zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. (…) Bei einem – wie hier – einseitigen Rechtsgeschäft genügt die Annahme, dass der Erklärende bei Kenntnis des unwirksamen Teils den verbleibenden Teil des Rechtsgeschäfts vorgenommen hätte“ . Entgegen der Auffassung der Mieterin ließe „sich die Erhöhungserklärung in Bezug auf die einzelnen baulichen Maßnahmen, deren Kosten der erstrebten Mieterhöhung zugrunde liegen, in mehrere selbstständige Rechtsgeschäfte trennen“, zumal die Mieterhöhungserklärung die Kosten für die einzelnen Baumaßnahmen separat auswies, sodass rechnerisch nachvollzogen werden könne, in welcher Höhe sie jeweils in den Gesamtbetrag der Mieterhöhung eingeflossen sind. Falsch sei jedoch die Annahme des Landgerichts, dass die Kosten für den Austausch ca. 60 Jahre alter Bauteile (Haus- und Wohnungstüren, Treppenhausfenster, Briefkastenanlage) ohne Abzug eines Instandhaltungsanteils umgelegt werden könnten, nur weil an den ausgetauschten Teilen noch keine Defekte aufgetreten waren, aufgrund derer Erhaltungsmaßnahmen bereits fällig gewesen wären. Erfülle eine bauliche Veränderung „die Kriterien sowohl einer Modernisierungsmaßnahme als auch einer Erhaltungsmaßnahme (sogenannte modernisierende Instandsetzung)“, habe der Vermieter grundsätzlich Anspruch auf eine Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich der Höhe der umlagefähigen Kosten müsse aber nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 BGB eine entsprechende Kürzung vorgenommen werden. Der Sinn und Zweck der Vorschriften über die Modernisierung und die anschließende Mieterhöhung gebietet es, nicht nur dann einen Abzug des Instandhaltungsanteils vorzunehmen, wenn der Vermieter sich durch die Modernisierung bereits „fällige“ Instandsetzungsmaßnahmen erspare, sondern auch dann, wenn er sich bei der modernisierenden Erneuerung von Bauteilen und Einrichtungen, „die bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer Nutzungsdauer (ab-)genutzt worden sind, erhebliche (fiktive) Instandhaltungskosten erspart. Sinn der Modernisierungsvorschriften sei es gerade nicht, dem Vermieter (teilweise) auch die Umlage von Instandhaltungskosten auf den Mieter zu ermöglichen“ . Vielmehr solle die Möglichkeit der Umlage der Kosten von Verbesserungen der Mietsache auf den Mieter für den Vermieter einen Anreiz zur Vornahme solcher Maßnahmen setzen und sollen gleichzeitig die Interessen des Mieters dadurch gewahrt werden, „dass er spiegelbildlich von einer Erhöhung des Gebrauchswerts profitiert“ . Der Gesetzgeber habe dem Vermieter jedoch nicht die Möglichkeit eröffnen wollen, zum Nachteil des Mieters „künftig anfallende – grundsätzlich vom Vermieter zu tragende Kosten für Erhaltungsmaßnahmen durch geschicktes Vorgehen, namentlich durch Vornahme der Modernisierung kurz vor „Fälligkeit“ der Erhaltungsmaßnahmen, auf den Mieter abzuwälzen“ .

Anmerkung: Dieses für Mieter/innen sehr positive Urteil wird künftige Streitigkeiten um Mieterhöhungen nach Modernisierung erheblich verändern: Bisher waren die Amtsgerichte und Landgerichte überwiegend davon ausgegangen, dass Instandsetzungskosten nur dann abzuziehen seien, wenn zum Zeitpunkt der Baumaßnahme Reparaturen an den ausgetauschten Bauteilen bereits fällig waren. Künftig wird auch in den häufigen Fällen, wo sehr alte Bauteile (Heizungen, Fenster usw.) vom Vermieter durch bessere ersetzt werden, stets ein Instandhaltungsanteil abzuziehen seien, der nach Auskunft des Bundesgerichtshofs im Wege der Schätzung zu ermitteln ist, welche sich an der üblichen Lebensdauer der erneuerten Einrichtung und dem bereits eingetretenen Abnutzungsgrad zu orientieren hat. Außerdem stellte der BGH auch noch klar, dass – hier beispielsweise bei der Erneuerung der Treppenhausfenster – nicht der Mieter nachweisen muss, dass die alten Fenster instandsetzungsbedürftig waren; vielmehr sei es Sache des Vermieters, „darzulegen und zu beweisen, dass die der Mieterhöhung zugrunde gelegten Kosten nicht (teilweise) auf der Erhaltung dienende Maßnahmen (…) entfallen“ seien.


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