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Mietrecht

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Mieterhöhung nach dem Berliner Mietspiegel 2015 und wohnwertbeeinflussende Merkmale

Bei einer Entfernung von 2,5 km zum Kurfürstendamm ist nicht mehr von einer „bevorzugten Citylage“ auszugehen. Auch die Nähe zur Wilmersdorfer Straße begründet eine solche Lage nicht. Legt der Mieter die Ungepflegtheit der Müllstandfläche an fünf verschiedenen Tagen durch Fotos dar, reicht es nicht, wenn der Vermieter lediglich durch Fotos von einem einzigen Tag einen ordentlichen Zustand dokumentiert.

LG Berlin, Urteil vom 31.08.2015 – AZ 18 S 12/15 –

Der Vermieter berief sich zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens unter anderem darauf, dass die Wohnung nur 2,5 km vom Kurfürstendamm und nur 1,5 km von der Wilmersdorfer Straße entfernt sei. Außerdem befänden sich die Deutsche Oper und das Schloss Charlottenburg in der Nähe. Das Landgericht Berlin verneinte jedoch das vom Vermieter geltend gemachte wohnwerterhöhende Merkmal „bevorzugte Citylage“ . Der Kurfürstendamm sei zu weit entfernt, die Wilmersdorfer Straße weise hingegen nur das für Berlin typische Maß an Einkaufsmöglichkeiten auf. Die Deutsche Oper und das Schloss Charlottenburg begründeten ebenfalls keinen „repräsentativen und überregional ausstrahlenden Standort“, wie dies „etwa beim Kurfürstendamm, der Friedrichstraße, dem Potsdamer Platz oder Unter den Linden der Fall“ sei.
Gleichzeitig bejahte das Landgericht das Vorliegen einer offenen und ungepflegten Müllstandfläche und verneinte damit das vom Vermieter geltend gemachte wohnwerterhöhende Merkmal „gepflegte Müllstandfläche mit sichtbegrenzender Gestaltung; nur den Mietern zugänglich“ . Wenn eine Müllstandfläche frei zugänglich und nicht abschließbar sei, komme es nicht darauf an, ob sie sichtbegrenzend gestaltet sei. Da der Mieter zudem Fotos der Müllstandfläche vorgelegt hatte, welche den Zustand an fünf verschiedenen Tagen mit Unrat, Mülltüten und Kartons neben den Mülltonnen zeigten, war das Gericht außerdem davon überzeugt, dass regelmäßig ein ungepflegter Zustand vorliegt. Dies ergebe sich daraus, dass „wiederholt innerhalb eines Zeitraums von drei Tagen nicht unerhebliche Mengen Müll außerhalb der Tonnen lagernd zu erkennen“ gewesen seien. Zur Widerlegung reichte es dem Gericht nicht, dass der Vermieter den (ordentlichen) Zustand an einem einzigen Tag fotografisch dokumentiert hatte.

Anmerkung:
So richtig diese Entscheidung des Landgerichts ist, so schwierig ist es regelmäßig, in Mieterhöhungsprozessen den Nachweis einer nicht nur offenen, sondern auch ungepflegten Müllstandfläche zu erbringen. Es reichen hierfür nicht fotografische Momentaufnahmen, vielmehr muss spätestens ab Erhalt eines Mieterhöhungsverlangens regelmäßig der ungepflegte Zustand gemeinsam mit Zeug/innen (Nachbar/innen, Freund/innen etc.) dokumentiert werden. Entscheidend war hier wohl, dass der Mieter auch an kurz aufeinander folgenden Tagen fotografiert und dabei unterschiedliche Müllansammlungen dokumentiert hatte. Anderenfalls liegt für Gerichte nämlich schnell der Verdacht nahe, dass stets unmittelbar vor der turnusmäßigen Leerung fotografiert und somit ein besonders ungünstiges Bild gezeichnet wurde (so wie umgekehrt Vermieter gern Fotos unmittelbar nach Leerung der Mülltonnen und außerordentlichen Putzaktionen an das Gericht senden).


 

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Ulrike Badewitz


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