Mietrecht
Urteile
Mieterhöhung bei preisgebundenem Wohnraum und freiwilligem Verzicht des Vermieters auf einen Teilbetrag der Miete
LG Berlin, Urteil vom 09.07.2012 – AZ 67 S 443/11 –
In einem Mietvertrag vom 18. Juni 2008 hieß es unter anderem: „Es gilt somit bei preisgebundenem Wohnraum die jeweils gesetzlich zulässige Miete als vereinbart.“ Die monatliche Miete war mit 677,87 Euro nettokalt (gesetzlich zulässige Kostenmiete) zuzüglich Nebenkosten, abzüglich einer „Mietfreistellung“ von 215,98 Euro angegeben. Nach Verkauf des Grundstücks verlangte die neue Eigentümerin von den Mietern mit einer Erhöhungserklärung vom 15. November 2010 eine um mehr als ein Drittel höhere Miete. Die Mieterhöhung begründete sie nicht nur mit erhöhten Aufwendungen, sondern auch mit dem Wegfall der „Mietfreistellung“ von 215,98 Euro. Das Amtsgericht Tiergarten wies die Zahlungsklage der Vermieterin hinsichtlich dieses Teils der Mieterhöhung ab. Auf die Berufung der Vermieterin gab das Landgericht der Klage der Vermieterin jedoch voll statt. Zwar ging auch das Landgericht davon aus, dass die Mieter die Wohnung ohne die „Mietfreistellung“ wohl kaum angemietet hätten, und dass ein „Wegfall“ einer solchen Freistellung für die Mieter nach nur zwei Jahren „sicherlich überraschend“ gewesen sei. Der Vermieterin sei es aber „nicht zuzumuten, dauerhaft an die Gewährung einer freiwilligen Subvention gebunden zu sein“. Die Mieter hätten nicht davon ausgehen dürfen, dass ihnen diese „Subvention“ dauerhaft gewährt wird.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Petra Hannemann
Anmerkung:
Häufig werden preisgebundene Wohnungen zu einer geringeren als der gesetzlich zulässigen Kostenmiete vermietet (anders würden sich wohl häufig auch keine Mietinteressenten finden). Es wird zwar die (hohe) Kostenmiete im Vertrag vereinbart, diese jedoch durch einen „freiwilligen“, „jederzeit widerruflichen“ „Mietverzicht“ (oder Ähnliches) des Eigentümers auf ein für die Mieter/innen tragbares Niveau abgesenkt. Vor dem Abschluss solcher Verträge kann nur dringend gewarnt werden, es sei denn, dass auch die Kostenmiete ohne den vorläufigen Mietverzicht tragbar und für die Wohnung angemessen ist. Anderenfalls droht, wie das vorstehende Urteil zeigt, permanent eine finanzielle Katastrophe beziehungsweise der Wohnungsverlust.