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Mietrecht

Urteile

Mietendeckel bei Zugang des Mieterhöhungsverlangens vor dem Stichtag

1. Leistet der Mieter nach Zugang eines auf § 558 BGB gestützten Mieterhöhungsverlangens die erhöhte Miete „unter Vorbehalt“ , liegt darin regelmäßig keine konkludente Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung.
2. Das Gesetz über den „Mietendeckel“ (MietenWoG Bln) hat nach seinem Sinn und Zweck auf die gerichtliche Entscheidung über ein vor dem Stichtag des 18. Juni 2019 ausgebrachtes Mieterhöhungsverlangen keine Auswirkungen.

AG Tempelhof Kreuzberg, Beschluss vom 25.06.2020 – AZ 64 S 95/20 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann

Auch in diesem Fall ging es um ein Mieterhöhungsverlangen, mit welchem der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung ab 1. September 2019 verlangte und das auf den 14. Juni 2019 datiert war. Die für Berufungen gegen Urteile der Amtsgerichte Charlottenburg und Köpenick zuständige 64. Zivilkammer des Landgerichts Berlin verurteilte den Mieter zur Zustimmung. Die Kammer vertritt die Auffassung, dass jedenfalls Mieterhöhungsverlangen, welche vor dem „Stichtag“ des 18. Juni 2019 erklärt wurden, nicht unter den zeitlichen Anwendungsbereich des Mietendeckels fallen. Außerdem stellte das Gericht in seinem Urteil klar, dass die bei vielen Mieter/innen beliebte (aber nicht ratsame) Zahlung des vom Vermieter verlangten Erhöhungsbetrages „unter Vorbehalt“ nicht als Zustimmung zur Mieterhöhung gewertet werden kann.

Anmerkung: Es ergibt sich damit aktuell folgender Stand bei der Rechtsprechung des Landgerichts Berlin zum „Mietendeckel“:
Die Zivilkammer 67 hält das Gesetz für verfassungswidrig;
die Zivilkammer 65 hält das Gesetz für verfassungsgemäß, meint jedoch, dass es nicht die Zustimmung zur Mieterhöhung hindert, sondern nur (vorübergehend) das Fordern oder Entgegennehmen der Erhöhungsbeträge;
die Zivilkammer 64 scheint dies ähnlich zu sehen;
die Zivilkammer 66 dagegen, welche das Gesetz ebenfalls für verfassungsgemäß hält, meint, dass auch die Zustimmung zur Mieterhöhung für die Zeit ab 1. März 2020 nicht geschuldet wird (und wohl auch nichtig wäre).
Die höchst unterschiedliche Rechtsprechung zeigt, wie viele Auslegungs-/Interpretationsmöglichkeiten das umstrittene Gesetz eröffnet. Entsprechend lässt sich auch weiterhin nur spekulieren, wie das Bundesverfassungsgericht über das Gesetz urteilen wird. Bis dahin können immerhin die Mieter/innen in Kreuzberg, Friedrichshain, Tempelhof, Lichtenberg, Hohenschönhausen (Zuständigkeit der ZK 66) hoffen, dass bei ihnen das MietenWoG Bln vorläufig den Anstieg der vertraglich geschuldeten Miete tatsächlich „deckelt“ .  


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