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Mietrecht

Urteile

Kündigungsfristen in Altmietverträgen und Nutzungsausfallentschädigung wegen einer nicht ordnungsgemäß zurückgegebenen Mietwohnung

Für Kündigungen des Mietersnach dem 1. Juni 2005 gilt die einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten auch dann, wenn die vor der Mietrechtsreform (1.September 2001) geltenden längeren Kündigungsfristen im Formularmietvertrag vereinbart sind. Eine solche formularmäßige Vereinbarung liegt auch vor, wenn individuelle Vereinbarungen zur Vertragsdauer auf die im Formularvertrag genannten Fristen Bezug nehmen. Ein „Vorenthalten“ der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses, welches einen Anspruch des Vermieters auf Nutzungsausfallentschädigungbegründen kann, liegt nicht schon deshalb vor, weil der Mieter nach Auszug aus der Wohnung einzelne Einrichtungsgegenstände zurücklässt.

AG Wedding, Urteil vom 11.08.2011 – AZ AZ: 19 C 245/11 –

 

In einem Mietvertrag aus dem Jahr 1983 wurde zunächst eine feste Vertragslaufzeit (rund drei Jahre) vereinbart. In den Formularmietvertrag wurde maschinenschriftlich eingefügt: „Nach Ablauf der bis zum 31. Dezember 1986 vereinbarten Mietzeit wird das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, wobei die Kündigungsfristen gemäß § 2 Ziffer 2 dieses Vertrags gelten.“ In § 2 Ziffer 2 des Formularmietvertrags waren die damals geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen genannt, welche sich auch für den Mieter jeweils nach 5, 8 und 10 Jahren um jeweils drei Monate verlängerten. Die Mieter kündigten das Mietverhältnis am 26. Mai 2009 zum 31. August 2009. Der Vermieter bestätigte die Kündigung am 24. August 2009, allerdings erst zum 31. Mai 2010, da nach seiner Auffassung eine zwölfmonatige Kündigungsfrist gelte. Die Mieter gaben die Schlüssel am 3. September 2009 zurück und zahlten ab September 2009 keine Miete mehr. Bei einer Besichtigung der Wohnung am 10. September 2009 befanden sich noch einige Gegenstände der Mieter (Lampen, Jalousien, Gardinen, Bodenbeläge, Geschirrspülmaschine und Kühlschrank) in der Wohnung, die nach Angaben des Vermieters erst am 3. November 2009 vollständig entfernt waren.Die Neuvermietung der Wohnung erfolgte zum Februar 2010, wobei der Vermieter den neuen Mietern Mietfreiheit für die Monate Februar bis April 2010 gewährte. Mit seiner Klage machte der Vermieter unter anderem die Miete für den Zeitraum September 2009 bis Januar 2010 sowie einen Mietausfallschaden für Februar 2010 bis April 2010 geltend. Er meinte, die Vereinbarung zur Vertragslaufzeit und damit auch zu den Kündigungsfristen nach Ablauf der vereinbarten festen Laufzeit sei mit den Mietern individuell ausgehandelt worden, sodass auch die verlängerten Kündigungsfristen wirksam vereinbart seien. Zudem vertrat er die Auffassung, die  Wohnung sei ihm wegen der verbliebenen Einrichtungsgegenstände frühestens am 3. November 2009 vollständig geräumt zurückgegeben worden, sodass er auf jeden Fall Mietausfallschaden geltend machen könne.
Das Amtsgericht wies die Klage des Vermieters ab. Da die in der maschinenschriftlich eingefügten Vereinbarung in Bezug genommenen Kündigungsfristen Bestandteil des Formularmietvertrags seien, könne von einer Individualvereinbarung hinsichtlich der Kündigungsfristen keine Rede sein. Vielmehr fehle in der Individualvereinbarung gerade jegliche eigenständige Regelung zu Kündigungsfristen. Da die Kündigung dem Vermieter erst nach dem 1. Juni 2005 zuging, sei die formularvertragliche Vereinbarung zu den Kündigungsfristen unbeachtlich, sondern es gelte für den Mieter die dreimonatige Kündigungsfrist. Auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung gestand das Amtsgericht dem Vermieter nicht zu. Die Pflicht zur Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses hätten die Mieter erfüllt, auch wenn am 31. August 2009 noch einzelne Gegenstände in der Wohnung verblieben waren. Es habe sich nicht um so viele Gegenstände gehandelt, dass nur von einer teilweisen Rückgabe der Mietwohnung ausgegangen werden konnte.


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Benjamin Raabe