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Mietrecht

Urteile

Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigenden Mietrückstände ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Danach ist der Rückstand jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Für eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu jeweils einer Monatsmiete und damit für eine richterliche Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs lässt das Gesetz keinen Raum (…).
(Leitsatz von der Redaktion MieterEcho gekürzt.)

BGH vom 08.12.2021 – AZ VIII ZR 32/20 –

Mitgeteilt von RECHTSANWALT

Die Mieterin einer Wohnung in Berlin, für welche eine Bruttomiete von 704 Euro monatlich vereinbart war, blieb im Januar 2018 einen Teilbetrag von 135,41 Euro schuldig, im Februar 2018 zahlte sie gar keine Miete. Nachdem die Vermieterin mit Schreiben vom 9. Februar 2018 das Mietverhältnis deswegen gekündigt hatte, glich die Mieterin die Zahlungsrückstände aus. Da sie die Schonfrist-Regelung des § 569 Abs. 3 BGB bereits weniger als zwei Jahre zuvor in Anspruch genommen hatte, führte dies jedoch nicht mehr zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung. Dennoch wies das Landgericht Berlin (Zivilkammer 66) die Räumungsklage der Vermieterin ab. Zwar übersteige der Gesamtbetrag des Rückstandes in Höhe von 839,41 Euro eine Monatsmiete. Zusätzlich sei jedoch notwendig, dass in jedem der beiden aufeinanderfolgenden Monate ein Rückstand mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete bestanden habe. Dies sei für Januar 2018 nicht der Fall gewesen, da der Mietrückstand für diesen Monat mit 135,41 Euro nur 19% der Monatsmiete von 704 Euro betragen habe. Als „nicht unerheblicher Teil der Miete“ könne jedoch nur ein Anteil von etwa der Hälfte der jeweiligen Monatsmiete angesehen werden. Dieser Auffassung folgt der Bundesgerichtshof leider nicht und verurteilte die Mieterin zur Räumung. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB sei die „Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Wohnraummietverhältnissen berechtigenden Mietrückstands allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Danach sei der Gesamtrückstand dann nicht mehr unerheblich, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Das Gesetz sehe daneben eine gesonderte Bewertung der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zur Monatsmiete – wie vom Landgericht Berlin vorgenommen – nicht vor. Auch das Argument des Landgerichts für seine Auslegung, dass anderenfalls eine fristlose Kündigung schon dann erfolgen könne, wenn der Mieter mit der Zahlung einer einzigen Monatsmiete sowie im vorherigen oder folgenden Monat mit einem Minimalbetrag in Verzug geraten sei, ließ der Bundesgerichtshof nicht gelten. Das Gesetz lasse nämlich keinen Raum für eine „richterliche Anhebung“ der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Im Übrigen bliebe dieses vom Landgericht angeführte Problem auch dann, wenn man auch für die einzelnen monatlichen Rückstände eine Mindesthöhe im Verhältnis zur Gesamtmiete annehmen würde; auch dann könne das Übersteigen einer solchen – wie auch immer festgelegten – Mindesthöhe um einen Cent wiederum eine Kündigung rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof ließ in seiner Entscheidung offen, ob unter besonderen Umständen des Einzelfalls (zum Beispiel ein Mietrückstand von einer Monatsmiete plus ein Cent) „der Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB)“ einer Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum entgegenstehen könnte. Dies sei hier jedenfalls nicht der Fall, da auch der Rückstand für Januar 2018 schon nicht minimal gewesen sei.