Mietrecht
Urteile
Kündigung wegen Eigenbedarfs
2. Wird eine Eigenbedarfskündigung mit einem angeblichen Wohnbedarf der Tochter begründet und zugleich „hilfsweise“ mit einem Bedarf des Vermieters selbst, ist sie formell unwirksam.
LG Berlin, Beschluss vom 24.05.2022 – AZ 64 S 343/21 –
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Ulrike Badewitz
Der Vermieter einer Zweizimmerwohnung in Charlottenburg kündigte das Mietverhältnis am 6. April 2021 wegen Eigenbedarfs mit der Begründung, dass seine Tochter zum Wintersemester 2021 in Berlin ein Studium beginnen werde und daher die Wohnung benötige. Das Amtsgericht Charlottenburg wies seine Räumungsklage ab. In seiner Klagebegründung hatte der Vermieter ausgeführt, dass er die Wohnung sowohl für sich – für beruflich begründete Besuche in Berlin – als auch „für seine Kinder“ (nicht nur für die in der Kündigung genannte Tochter), welche in Berlin studieren sollten, benötige. Die ursprünglich genannte Tochter habe ihr Studium verschoben, da die Wohnung noch nicht zur Verfügung stünde, und wohne daher weiterhin bei den Eltern in der Türkei. Mit seiner Berufungsbegründung kündigte der Vermieter das Mietverhältnis erneut mit der Begründung, er benötige die Wohnung für die bisher noch in der Türkei wohnende Tochter, „hilfsweise“ erklärte er die Eigenbedarfskündigung zum Zwecke der Nutzung der Wohnung für sich selbst. Das Landgericht Berlin teilte in seinem Beschluss mit, dass es nicht davon ausgeht, dass der Vermieter die Wohnung tatsächlich für sich „benötigt“, da sein Vortrag bereits nicht plausibel erscheine. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Tochter, welche angeblich ab dem Wintersemester 2021 in Berlin studieren wollte, sich weiterhin in der Türkei aufhalte und erst ab Freiwerden der Wohnung ihr Studium in Berlin aufnehmen wolle. Da ein Räumungsrechtsstreit unter Umständen mehrere Jahre dauern könne, sei es nicht plausibel, dass die Tochter des Vermieters die Aufnahme ihres Studiums „gegebenenfalls um mehrere Jahre hinauszögert“ bis die Wohnung frei wird. Vielmehr wäre es naheliegend gewesen, dass sie sich zunächst um eine andere Wohnung in Berlin bemüht. Widersprüchlich sei es auch, dass der Vermieter einerseits vorgetragen habe, seine Tochter wolle die Wohnung nutzen, andererseits aber behauptet, die Wohnung selbst nutzen zu wollen. Er hätte dann Näheres zu der beabsichtigten Wohnsituation in der Zweizimmerwohnung während seiner Berlinaufenthalte vortragen müssen. Die erneute Kündigung in der Berufungsbegründung stelle eine unzulässige Klageänderung dar. Im Übrigen hätte auch diese weitere Kündigung das Mietverhältnis nicht beendet, da diese bereits formell unwirksam sei, weil alternative Begründungen im Kündigungsschreiben unzulässig seien. Dies ergebe sich daraus, „dass zum einen der Verwendungszweck bereits im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung feststehen muss und zum anderen es dem Mieter nicht zuzumuten ist, mehrere Alternativsituationen zu beurteilen“ .