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Mietrecht

Urteile

Kündigung wegen Beleidigung von Handwerkern des Vermieters

Ein einmaliger Vorfall, bei welchem ein Untermieter die in der Nachbarwohnung am frühen Morgen laute Bauarbeiten durchführenden Handwerker mit „Fuck you“ und „Motherfucker“ beschimpft und einem von diesen einen Stoß gegen den Brustkorb versetzt, rechtfertigt nicht die Kündigung des Mietverhältnisses.

AG Neukölln, Urteil – AZ 13 C 126/18 –

Die Mieterin einer Neuköllner Wohnung erhielt am 18. Januar 2018 von ihren Vermieterinnen eine fristlose Kündigung. Ihr Untermieter, der zu dieser Zeit an einer Gürtelrose erkrankt und besonders ruhebedürftig war, hatte sich am 16. Januar 2018 zwischen 7 und 8 Uhr morgens zweimal bei den in einer Nachbarwohnung lautstark tätigen Handwerkern beschwert und sie gebeten, mit diesen Arbeiten nicht vor 9 Uhr zu beginnen. Bei seinem zweiten Besuch in der Nachbarwohnung kam es zum Streit mit den Handwerkern, als der Untermieter vergeblich versuchte, den Strom durch Betätigung der Sicherungen am Sicherungskasten abzustellen und damit den Lärm der Baugeräte zu beenden. Er soll einen Bauarbeiter mit den Worten „Fuck you“ und „Motherfucker“ beleidigt und einen anderen, als dieser ihn zum Verlassen der Wohnung aufforderte, vor die Brust gestoßen haben. Das Amtsgericht Neukölln hielt es für unerheblich, ob diese Behauptungen der Vermieterinnen zutreffen. Zwar könnten grundsätzlich auch tätliche Angriffe und Beleidigungen von Handwerkern, die ein Vermieter mit der Durchführung von Arbeiten in seinem Haus beauftragt hat, eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Dies gelte aber nicht, „wenn es sich um vergleichsweise harmlose, einmalige Vorfälle handelt, deren Wiederholung nicht zu besorgen ist“. Solche Vertragsverletzungen berechtigten „nur dann zur Kündigung, wenn sie so schwer wiegen, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann“. Dies sei unter Würdigung der Gesamtumstände festzustellen. Äußerungen, die wie hier im Zustand der Erregung fielen, seien nicht so schwerwiegend wie „kalkulierte Ehrverletzungen“. Der Untermieter hätte die außerhalb der Nachtruhezeiten (22 Uhr bis 6 Uhr) stattfindenden Arbeiten zwar hinnehmen müssen, habe aber überzeugend dargelegt, dass er den Baulärm und dessen Fortsetzung nach seiner ersten Beschwerde als besonders quälend empfunden habe. Die behaupteten – von ihm bestrittenen – Beschimpfungen seien vor diesem Hintergrund für die Vermieterinnen „noch hinnehmbar“. Das gelte auch für den angeblichen Stoß vor den Brustkorb, mit dem er einen Bauarbeiter geschubst habe. Der damit verbundene Körperkontakt sei „ jedenfalls nicht als hinreichend schwerwiegend dargetan“ , um eine Kündigung zu rechtfertigen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn wie in diesem Fall keine sonstigen früheren Verstöße des Untermieters gegen den Hausfrieden vorlägen. Das Amtsgericht hielt daher weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung für gerechtfertigt und wies die Räumungsklage der Vermieterinnen ab.


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