Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Kündigung wegen Beleidigung des Hausverwalters

Bei Beleidigungen des Vermieters oder Hausverwalters kommt es für die Beantwortung der Frage, ob sie eine nicht unerhebliche, zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung darstellen, auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch auf das vorangegangene Verhalten des Vermieters, an.

AG Neukölln, Urteil – AZ 10 C 119/19 –

Nachdem es bereits über einen längeren Zeitraum Streit über die Reparatur der Gas-
etagenheizung in seiner Wohnung gegeben hatte, schrieb ein Mieter an seinen Hausverwalter einen Brief, in welchem sich unter anderem folgende Formulierungen finden: „(…) Nunmehr zwingen Sie mich wohl, mich auf Ihr Niveau herabzulassen, was ich als äußerst erbärmlich empfinde. Ist ja wie im Kindergarten… (…) Falls Sie Ihre Arbeit, für die Sie entlohnt werden ordentlich gemacht haben sollten, werden Sie ja das im Messprotokoll gelesen haben… Woran ich durchaus meine Zweifel habe. (…) Somit gefährden SIE SEIT MONATEN einen defekt der gesamten Gasthermenanlage durch ständige Fehlschaltungen! Und gehen damit einer Untreue gegenüber des Vermögens des Herrn (…) einher, indem sie (Für Ihre persönliche Fehde?) billigend in Kauf nehmen, dass das technische Eigentum des Herrn (…) durch Ihr fehlverhalten Schaden nimmt. (…) Sollten Sie wenigstens in ihrer Schulausbildung aufgepasst haben. (…) Sollten Sie nicht in der Lage sein, die 2. Aufgabe zu lösen (…)“ .
Der Vermieter kündigte daraufhin das Mietverhältnis wegen Beleidigung seines Hausverwalters. Das Amtsgericht Neukölln wies seine Räumungsklage jedoch ab. Es stellte zunächst klar, dass die Begleitumstände solcher Äußerungen zu berücksichtigen seien. So seien diese weniger verletzend, wenn sie im Zusammenhang einer bereits vorgegebenen streitigen Atmosphäre erfolgten oder wenn Sie als eine momentane und vereinzelt gebliebene Unbeherrschtheit zu bewerten seien. Im hier geschilderten Fall läge eine schuldhafte, nicht unerhebliche Pflichtverletzung, welche eine Kündigung rechtfertigen könnte, nicht vor. Die meisten der Äußerungen in dem Schrei-
ben des Mieters stellten bereits keine Beleidigung dar, „da sie zwar provokante Unhöflichkeit darstellen, jedoch nicht die Schwelle eines ehrverletzenden Charakters erreichen“ . Wegen der Umstände des Schreibens des Mieters stelle auch die Äußerung „und gehen damit einer Untreue gegenüber des Vermögens des Herrn (…)“ keine Beleidigung dar. Der „Tatsachenkern“ dieser Behauptung liege nämlich „in dem Defekt der Gasthermenanlage und dem Umgang seitens der Hausverwaltung damit und nicht darin, den Hausverwalter als Straftäter zu diffamieren“ . Ferner sei den Äußerungen in der E-Mail ein Streit über Defekte, Mängel und Reparaturarbeiten vorausgegangen. Im Rahmen einer solchen Auseinandersetzung dürften auch „harte Worte“ fallen, „ohne dass hierbei gleich von einer Ehrverletzung ausgegangen werden kann“ .  Eine im Zuge von Auseinandersetzungen getätigte herabsetzende Äußerung nehme erst dann den Charakter der Schmähung an, „wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik die Diffamierung der Person im Vordergrund steht“ . Schließlich war nach Auffassung des Amtsgerichts auch zu berücksichtigen, dass die Äußerungen des Mieters nicht gegenüber vielen Adressaten getätigt wurden, sondern nur direkt gegenüber dem Hausverwalter. Die von ihm gewählten Bezeichnungen stellten sich außerdem „allenfalls als Beleidigungen im unteren Spektrum der denkbaren Beleidigungen“ dar.

Anmerkung: Schön und richtig, dass sich die Amtsrichterin auch schlimmere Äußerungen vorstellen kann und eine Verurteilung zur Räumung anlässlich dieses (einzelnen!) Vorfalls für unangemessen hielt… Auch wenn dieser Rechtsstreit für den Mieter gut ausgegangen ist, raten wir aber auch bei (hier sicherlich sehr) berechtigtem Ärger dringend davon ab, die Grenzen noch zulässiger Unmutsäußerungen gegenüber dem Vermieter oder Verwalter auszuloten.


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