Mietrecht
Urteile
Kündigung wegen angeblicher Vertragsverletzungen
AG Neukölln, Urteil vom 23.10.2014 – AZ 10 C 402/14 –
Eine Vermieterin begründete eine Kündigung mit einer Vielzahl von (angeblichen) Vertragsverstößen der Mieterin. Diese hatte an ihrem Briefkasten einen Aufkleber „no rubbish“ angebracht, da sie keine Werbung erhalten wollte. Außerdem hatte sie mit Malerkreppband Flyer (Veranstaltungshinweise) mit den Aufschriften „Space invaders against sexism“ und „Eat lipsticks“ und anderes am Klingeltableau befestigt. Die Vermieterin hielt das für „unerlaubtes Plakatieren“ . Das Amtsgericht befasste sich nicht mit der Frage, ob die Anbringung derartiger unscheinbarer Aufkleber eventuell „im Lichte der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit“ sogar vertragsgerecht sein könnte. Jedenfalls sei ein derartiger Vertragsverstoß nicht so gravierend, dass er eine Kündigung rechtfertigen könne. Auch dass die Mieterin von ihrem Küchenfenster aus eine Holzbohle zum Nachbardach gelegt hatte, über welche sie dieses wiederholt betrat, reichte dem Amtsgericht nicht als Anlass für eine Kündigung. Solche kleineren Vertragsverletzungen hätten die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Vermieterin nicht unzumutbar gemacht. Schließlich stellte das Gericht hinsichtlich eines weiteren von der Vermieterin geltend gemachten „Kündigungsgrunds“ klar, dass das Aufhängen von Textilien zum Trocknen über der Balkonbrüstung „bis zu einem gewissen Grad sozialadäquat und vertragsgerecht“ ist.
Anmerkung:
Der Fall ist ein typisches Beispiel, wie Vermieter in Berlin versuchen, Altmieter/innen mit den abwegigsten Begründungen loszuwerden. Wir raten dringend, bei jeglichen Abmahnungen wegen (angeblicher) Vertragsverstöße, sich sofort in einer unserer Beratungsstellen anwaltlich beraten zu lassen. Es ist jeweils im Einzelfall zu klären, ob man ein abgemahntes Verhalten getrost fortsetzen darf oder zur Vermeidung einer Kündigung sofort unterlassen sollte.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Gudrun Zieschang