Mietrecht
Urteile
Kündigung wegen angeblicher Vereitelung von Sanierungsarbeiten sowie wegen angeblich unerlaubter Untervermietung
Nimmt ein Mieter nach dem Auszug seiner ehemaligen Mitmieterin seine Lebensgefährtin ohne vorherige Genehmigung des Vermieters in die Wohnung auf, verletzt er zwar seine vertraglichen Pflichten, diese Pflichtverletzung ist jedoch nicht in jedem Fall so erheblich, dass sie eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen würde.
LG Berlin, Urteil vom 17.03.2016 – AZ 65 S 289/15 –
Der Mieter einer Kreuzberger Wohnung nahm im Jahr 2005, nachdem seine ehemalige Mitmieterin ausgewandert war, seine Lebensgefährtin in die Wohnung auf. Eine schriftliche Genehmigung des damaligen Vermieters lag ihm nicht vor.
Im Jahr 2007 wurde das Haus an den jetzigen Vermieter verkauft. Im Jahr 2014 kam es im Zuge des Ausbaus des darüber liegenden Dachgeschosses zu erheblichen Wassereinbrüchen in der Wohnung des Mieters. Bereits im Mai 2014 teilte der Architekt des Vermieters dem Mieter mit, dass umfangreiche Sanierungsarbeiten (darunter eine Schwammsanierung) in der Wohnung erforderlich würden. Nachdem der Mieter am 29. August 2014 ein weiteres Schreiben vom Vermieter mit dem Hinweis darauf, dass umfangreiche Sanierungsarbeiten geplant seien, erhalten hatte, bat der Mieter mit Schreiben vom 8. September 2014 um nähere Informationen zu Art und Umfang der Baumaßnahmen sowie ggf. um die Bereitstellung einer Umsetzwohnung. Hierauf reagierte der Vermieter zunächst nicht.
Erstmals mit einem kurzen Schreiben vom 29. Oktober 2014 kündigte der Vermieter die Durchführung der zur Schwammsanierung erforderlichen Arbeiten an und informierte darüber, dass die Arbeiten am 10. November 2014 beginnen und ca. drei Wochen dauern würden. In diesem Schreiben teilte er dem Mieter auch mit, dass ihm für diese Zeit eine Ferienwohnung als Umsetzwohnung zur Verfügung stünde. Mit Schreiben vom 4. November 2014, welches dem Mieter einen Tag später zuging, teilte der Vermieter außerdem Details zur von ihm reservierten Umsetzwohnung mit. Der Mieter und seine Lebensgefährtin verlangten darauf mit Schreiben vom 6. November 2014 Informationen zum genauen Umfang der Arbeiten, dem Bauablauf und der Ausstattung der Umsetzwohnung. Sie verlangten zudem Auskunft darüber, wie eine fachgerechte Sicherung ihres Wohnungsinventars erfolgen werde. Außerdem verlangten sie das Versprechen einer Vertragsstrafe in Höhe von 200 Euro pro Tag für den Fall eines verspäteten Rückzugs. Erst mit Schreiben vom 11. November 2014 teilte der Vermieter den genauen Umfang der geplanten Maßnahmen mit. Mit Schreiben vom 14. November 2014 forderte der Mieter darauf die Zusicherung, dass seine Einrichtungsgegenstände professionell verpackt und eingelagert würden, da diese, wenn unter anderem rund 16 qm Wohnzimmerdecke abgetragen werden müssten, nicht in der Wohnung verbleiben könnten. Außerdem verlangte er die Zusicherung, dass er bis zum Rückzug in der angebotenen Umsetzwohnung bleiben könne, da ihm angesichts des Umfangs der angekündigten Arbeiten der angegebene Zeitraum von 3 Wochen unrealistisch erschien. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. November 2014 drohte der Vermieter die Kündigung für den Fall an, dass der Mieter den Beginn der Arbeiten nicht bis zum 17. November 2014 dulden werde. Nachdem der Mieter am 17. November 2014 telefonisch mitgeteilt hatte, dass er die Durchführung der Arbeiten nicht dulden werde, solange die Sicherung seines in der Wohnung befindlichen Eigentums nicht geklärt sei, kündigte der Vermieter das Mietverhältnis mit Schreiben vom 18. November 2014 wegen der Verweigerung der Instandsetzungsarbeiten und wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung der Wohnung an die Lebensgefährtin des Mieters. Der Vermieter vertrat die Auffassung, die Verweigerung des Zugangs zur Durchführung der Sanierung durch den Mieter stelle einen so schwerwiegenden Pflichtverstoß dar, dass ihm eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar sei. Zur Stellung einer Umsetzwohnung sei er gar nicht verpflichtet gewesen, sodass der Mieter diesbezüglich auch keine Forderungen (Mietdauer und Ausstattung) stellen könnte. Auch die Sicherung und Einlagerung der Möbel und sonstigen Inventars sei allein seine Sache gewesen. Der Mieter hätte dafür einen Kostenvorschuss fordern können, was er aber nicht getan habe.
Zum weiteren Kündigungsgrund wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung erklärte er, dass er vorher nicht gewusst habe, dass auch die Lebensgefährtin des Mieters in der Wohnung lebe. Der Mieter habe hierfür keine Genehmigung.
Die Räumungsklage des Vermieters hatte jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht stellte in seinem Urteil unter Hinweis auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14.04.2015, siehe MieterEcho Nr. 377/ Oktober 2015) zwar klar, dass auch die Verletzung der Pflicht des Mieters, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten zu dulden, den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigen kann, wenn dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar sei. Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor. Auch Instandsetzungsmaßnahmen seien dem Mieter, wenn es sich nicht um Notmaßnahmen handele, so rechtzeitig anzukündigen, dass er sich darauf einstellen kann. Wegen des großen Umfangs der Maßnahmen und den damit einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen (notwendiger Umzug) habe der Vermieter in diesem Fall den Mieter nicht erst wenige Tage vor dem geforderten Auszug über Details des Bauablaufs und die Ausstattung der Umsetzwohnung informieren dürfen, zumal ihm selbst der Sanierungsbedarf und dessen Umfang seit Monaten bekannt war. Der Mieter sei auch nicht verpflichtet gewesen, selbst für Ersatzwohnraum zu sorgen und sich um die Sicherung seines Eigentums zu kümmern. Die vom Mieter geschuldete Duldung umfasse kein „aktives Tun“ . Er müsse zwar bei der Terminabstimmung mitwirken und gegebenenfalls private höchstpersönliche Unterlagen sicherstellen, die Sicherung seiner Wohnungseinrichtung und die Stellung von erforderlichem Ersatzwohnraum sei jedoch Sache des Vermieters. Allerdings habe der Mieter keine Vertragsstrafe für den Fall eines verspäteten Rückzugs in seine Wohnung fordern dürfen. Dies stelle aber keine hinreichende, eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung dar. Im Übrigen habe der Vermieter mit seinem Verhalten selbst in erheblicher Weise das auch ihn treffende Rücksichtnahmegebot verletzt.
Auch die Kündigung wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung an die Lebensgefährtin des Mieters hielt das Landgericht für unbegründet. Zwar verletze ein Mieter seine vertraglichen Pflichten, wenn er ohne Erlaubnis des Vermieters untervermietet, selbst dann, wenn ihm ein Anspruch auf eine solche Erlaubnis zustünde. Dies reiche jedoch nicht in jedem Fall, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Es müsse sich um eine „schuldhafte Pflichtverletzung handeln, welche die Erheblichkeitsschwelle überschreitet“ . Hierbei komme es unter anderem darauf an, welche Gründe den Mieter veranlasst haben, ohne Erlaubnis des Vermieters einen Dritten aufzunehmen, dabei könne „insbesondere eine bewusste Missachtung der Belange oder der Person des Vermieters (…) der Vertragsverletzung Gewicht verleihen“ . Dies sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar und vom Vermieter auch nicht behauptet worden. Offen bleiben könne daher, ob die Lebensgefährtin des Mieters überhaupt als „Dritte“ anzusehen sei.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann