Mietrecht
Urteile
Kündigung eines Wochenendgrundstücks
AG Berlin Köpenick, Urteil vom 24.04.2003 – AZ 14 C 26/03 –
Der Pächter schloss im Jahre 1961 mit der damaligen staatlichen Verwalterin (der Kommunalen Wohnungsverwaltung Köpenick) einen Pachtvertrag über ein Grundstück in Berlin-Müggelheim. In dem Vertrag war vereinbart, dass der Pächter Eigentümer der auf dem Gelände stehenden Wohnlaube werden soll. Mit Schreiben vom 01.10.1991 meldete sich die Erbengemeinschaft beim Pächter und teilte mit, dass die Notwendigkeit bestehe, das Pachtverhältnis zum 01.01.1991 neu auszugestalten. Daraufhin schloss der Pächter mit der Erbengemeinschaft am 25.01.1992 einen neuen Pachtvertrag. In § 1 dieses Pachtvertrags wurde ausdrücklich vereinbart, dass die auf dem Grundstück befindliche Wohnlaube Eigentum des Pächters ist.
Im Jahre 2002 wurde das Pachtverhältnis durch die Erbengemeinschaft schriftlich gekündigt. Auf dem oben genannten Grundstück befindet sich bis heute die Wohnlaube, welche mit dem Grundstück fest verbunden ist und durch ihre Entfernung zerstört würde. Die Erbengemeinschaft verlangt vom Pächter den Abriss und die Entfernung der Wohnlaube.
Das Amtsgericht hat die Klage der Erbengemeinschaft abgewiesen. Es wies darauf hin, dass in dem Pachtvertrag (vom 25.01.1992) ein Anspruch der Erbengemeinschaft auf Abriss der Laube durch den Pächter nicht vereinbart war. Zum Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstücks durch den Pächter war dieser auch nicht mehr Eigentümer der Laube, so dass die Erbengemeinschaft auch aus diesem Grund den Abriss und die Entfernung nicht verlangen konnte.
Das Amtsgericht vertrat die Ansicht, dass auf den am 25.01.1992 geschlossenen Pachtvertrag ausschließlich das Bürgerliche Gesetzbuch anwendbar sei. Das in den neuen Bundesländern häufiger noch bestehende Sondereigentum der Pächter an den auf den Grundstücken stehenden Gebäuden komme hier nicht zur Anwendung. Zwar habe auf Grund der Übergangsvorschriften im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch das Zivilgesetzbuch der DDR auch nach dem 03.10.1990 befristet für die sog. "Datschen-Grundstücke" gegolten. Diese befristete Fortgeltung des alten Rechts sei jedoch dann nicht anzuwenden, wenn nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in den neuen Bundesländern ein neuer eigenständiger Vertrag den alten Vertrag ersetze. Die Ansicht der Erbengemeinschaft, nach der mit dem Abschluss des neuen Vertrags die alte Rechtslage nur fortgeschrieben werden sollte, fand das Amtsgericht nicht überzeugend. Die damaligen Vertragsparteien hätten das Rechtsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage stellen wollen. Dieser Neuabschluss des Vertrags konnte nach Ansicht des Amtsgerichts ausschließlich auf der Grundlage des zu diesem Zeitpunkt bereits geltenden Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgen. Das Amtsgericht wies die klagende Erbengemeinschaft insbesondere darauf hin, dass bei Fortgeltung des alten Rechts in Verbindung mit den Übergangsvorschriften eine Kündigung des Pachtvertrags nur unter den Voraussetzungen des § 554 BGB (alte Fassung: fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs) möglich gewesen wäre. Der Umstand, dass die Erbengemeinschaft das Pachtverhältnis wirksam kündigen konnte, hatte gerade seine Ursache darin, dass der Pächter einen neuen Pachtvertrag mit der Erbengemeinschaft geschlossen hatte.
Die Wohnlaube konnte nach den Feststellungen des Amtsgerichts nur durch vollständige Zerstörung entfernt werden. Da nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch das Eigentum an den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks (zu denen auch die Wohnlaube gehört) mit dem Eigentum am Grundstück zusam- menfällt, war der Pächter mit Abschluss des neuen Pachtvertrags nicht mehr Eigentümer der Wohnlaube. An diesen zwingenden dinglichen Rechtsfolgen des Bürgerlichen Gesetzbuchs konnte auch die anderweitige Vereinbarung im Pachtvertrag nichts ändern. Da ein Anspruch der Erbengemeinschaft gegen den Pächter auf Abriss der ihr selbst gehörenden Wohnlaube nicht bestand, wurde die Klage abgewiesen.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Oliver Marson
Anmerkung:
In juristischer Hinsicht ist dem Urteil des Amtsgerichts Köpenick nichts hinzuzufügen. Der vorliegende Sachverhalt zeigt jedoch deutlich, dass man sich auf die Aussage des Vermieters/Verpächters "Wir müssen den Vertrag auf eine neue Grundlage stellen" nicht verlassen sollte. In den meisten Fällen verschlechtert sich mit dem Abschluss eines neuen Vertrags die Position des Mieters. Wir können daher nur empfehlen eine unserer Beratungsstellen aufzusuchen.
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 300