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Mietrecht

Urteile

Kündigung des Wohnungsmietverhältnisses wegen (teil-)gewerblicher Nutzung von Wohnraum mit Außenwirkung

Unter den nach der Verkehrsanschauung zu bestimmenden Begriff des „Wohnens“ fallen nur solche berufliche Tätigkeiten des Mieters, die in einer nicht nach außen in Erscheinung tretenden Weise ausgeübt werden. Geschäftliche Aktivitäten des Mieters, die der Mieter in ausschließlich zu Wohnzwecken vermieteten Räumen ausübt und die nach außen in Erscheinung treten, muss der Vermieter nicht ohne vorherige Vereinbarung dulden.
Eine Verpflichtung des Vermieters, eine vertragswidrige Nutzung der Mieträume zu gestatten, kommt nur in Betracht, wenn von der beabsichtigten Tätigkeit – was der Mieter darzulegen und zu beweisen hat – keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. Juli 2009, AZ: VIII ZR 165/08).

BGH Urteil vom 10.04.2013 – AZ VIII ZR 213/12 –

Der Mieter wohnte einige Jahre in der Wohnung seiner Mutter, unter anderem um diese zu pflegen. Er erteilte während dieser Zeit als Musiklehrer in der Wohnung der Mutter Gitarrenunterricht. Eine Erlaubnis für die Ausübung dieser Tätigkeit holte er beim Vermieter nicht ein. Der Vermieter forderte den Mieter mehrfach vergeblich auf, den Gitarrenunterricht zu unterlassen.

Nach dem Tod seiner Mutter erklärte der Sohn am 4. Februar 2011 den Eintritt in das Mietverhältnis. Mit Schreiben vom 2. März 2011 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis gemäß § 563 Absatz 4 BGB mit der Begründung, dass der Mieter über mehrere Jahre hinweg ohne seine Erlaubnis in der Wohnung Musikunterricht gegeben und die Wohnung damit entgegen dem mietvertraglichen Nutzungszweck gewerblich genutzt habe. Wegen des durch den Unterricht verursachten Lärms sei es zu Streitigkeiten mit Nachbarn gekommen, die den Hausfrieden belastet hätten.

Gemäß § 563 Absatz 4 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt des Haushaltsangehörigen des verstorbenen Mieters in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt. Das Amtsgericht Charlottenburg gab der Räumungsklage des Vermieters statt und die Berufung des Mieters wurde vom Landgericht Berlin zurückgewiesen. Auch die Revision des Mieters hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof sah in dem ohne Erlaubnis erteilten Gitarrenunterricht einen wichtigen Grund im Sinne der oben genannten Vorschrift zur Kündigung. Er stellte klar, dass unter den Begriff „Wohnen“ lediglich solche beruflichen Tätigkeiten fallen, „die der Mieter – etwa in einem häuslichen Arbeitszimmer – in einer nicht nach außen in Erscheinung tretenden Weise ausübt“, beispielsweise Unterrichtsvorbereitungen eines Lehrers, Telearbeit eines Angestellten, schriftstellerische Tätigkeit eines Autors sowie der Empfang oder die Bewirtung von Geschäftsfreunden. Derartige Tätigkeiten bedürfen laut Bundesgerichtshof keiner Erlaubnis des Vermieters. Darüber hinaus könne der Vermieter im Einzelfall verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur teilgewerblichen oder freiberuflichen Nutzung zu erteilen. Dies komme jedoch nur in Betracht, wenn der Mieter nachweisen könne, dass von dieser Nutzung keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder andere Mieter ausgehen als bei der üblichen Wohnraumnutzung (Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr). Um eine derartige Tätigkeit handelte es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshof hier nicht, da der Mieter nach eigener Auskunft an drei Werktagen der Woche zehn bis zwölf Schülern Gitarrenunterricht erteilte.