Mietrecht
Urteile
Keine Umstellung auf Wärmecontracting ohne Zustimmung des Mieters (1)
LG Berlin, Urteil vom 02.09.2004 – AZ 67 S 98/04 –
Die Mieter hatten von der Voreigentümerin eine Wohnung gemietet, die mit einer vom Vermieter betriebenen Zentralheizung versehen war. In der Vereinbarung zum Mietvertrag wurden die Mieter verpflichtet, die umlagefähigen Betriebskosten einschließlich der Brennstoffkosten und der Kosten für die Wartung, die Überwachung und für den Betrieb der Heizungsanlagen zu tragen. Darüber hinaus war vereinbart, dass für den Fall des Anschlusses der Wohnung an eine Fernheizung auch die an die Fernheizungsgesellschaft zu zahlenden Beträge umgelegt werden können.
Nachdem die Wohnung (als Eigentumswohnung) verkauft worden war, schloss die Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Drittanbieter einen Wärmelieferungsvertrag in der Weise ab, dass die gesamte Heizungsanlage an den Drittanbieter verpachtet wurde und dieser sämtliche Kosten für den Betrieb, die Wartung, die Instandhaltung, die Abschreibungen und Finanzierung, die Gewinnanteile sowie die Kosten der Wärmelieferung an den Vermieter (bzw. die Eigentümergemeinschaft) berechnet. Eine Aufschlüsselung dieser Kosten durch den Drittanbieter erfolgte nicht.
Die neuen Vermieter hatten nach Maßgabe und der Kostenrechnung des Drittanbieters gegenüber den Mietern abgerechnet und eine Nachzahlung von mehr als 800 Euro verlangt. Mit der Klage machten sie ihre Ansprüche auf Zahlung des Abrechnungsbetrags geltend.
Das Amtsgericht und das Landgericht haben die Klage abgewiesen. Hierbei wies das Landgericht darauf hin, dass die Kläger auch wegen des erst am 08.02.2001 erfolgten Eigentumswechsels berechtigt (und verpflichtet) waren, für den gesamten Abrechnungszeitraum 2001 abzurechnen.
Die von den Vermietern vorgelegte Betriebskostenabrechnung war (soweit sie die Heizkosten betraf) nach Ansicht des Landgerichts Berlin unwirksam. Das Landgericht wies darauf hin, dass die von dem Vermieter vorgenommene Umstellung auf einen Wärmecontracting-Vertrag ohne Zustimmung des Mieters nicht zu einer Verpflichtung zur Zahlung der dadurch entstehenden Kosten führe. Hierbei hob es hervor, dass sich die beiden Berechnungsmethoden grundsätzlich voneinander unterscheiden würden. Im Fall der klassischen Heizkostenabrechnung gehöre die Heizungsanlage dem Vermieter, dieser müsse die Finanzierungskosten, die Instandhaltungs- und Reparaturkosten tragen. Er könne (nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung) die Kosten für die Wärmeerzeugung (Brennstoffkosten) sowie für die laufende Wartung auf die Mieter verteilen. Beim Wärmecontracting liefere der Drittanbieter nicht nur die notwendige Wärmeenergie, sondern sei darüber hinaus für die Reparaturen und Instandhaltung verantwortlich. Die Übernahme dieser Kosten war im Mietvertrag nicht vereinbart. (Anm. der Red.: Üblicherweise werden die Drittanbieter auch noch weitere Finanzierungskosten, Verwaltungskosten und Gewinnanteile in Rechnung stellen).
Eine Umstellung der Vereinbarung konnte nach Ansicht des Landgerichts Berlin ohne ausdrückliche Zustimmung des Mieters nicht erfolgen. Ebenfalls ohne Erfolg hatten sich die Vermieter auf die Klausel betreffend der Fernheizung berufen. Insoweit wies das Landgericht darauf hin, dass im Unterschied zu einer Belieferung mit Fernwärme bei einem Wärmecontracting-Vertrag die gesamte Hausanlage an den Drittanbieter verpachtet werde und in diesem Zusammenhang auch die Kosten für die Instandhaltung der gesamten Heizungsanlage auf den Mieter abgewälzt würden. (Anm. der Red.: Da die Kosten für die Instandhaltung der Heizungsanlage bereits anteilig in der Miete enthalten sind, würde der Mieter auf diese Weise doppelt belastet werden).
Das Landgericht Berlin vertrat darüber hinaus die Ansicht, dass ein Recht auf Umstellung selbst dann fraglich erscheine, wenn im Mietvertrag eine allgemeine Bezugnahme auf die zweite Berechnungsverordnung bzw. die Heizkostenverordnung enthalten gewesen sei, in der die Eigen- und Fremderzeugung der Wärme gleichberechtigt behandelt werde. Maßgebliches Unterscheidungskriterium - insbesondere auch gegenüber der Lieferung von Fernwärme - sei die Übernahme der Kosten der Instandhaltung für die gesamte Hausanlage.
Schließlich waren die Vermieter auch nach Maßgabe des § 315 BGB nicht berechtigt, einseitig eine Vertragsanpassung zu verlangen. Tragende Gründe für eine einseitige Vertragsänderung hatten die Vermieter nicht vorgetragen, vielmehr hatten sich im Anschluss an die Umstellung des Heizungsbetriebs auf das Wärmecontracting-Verfahren die Heizkosten der Mieter nahezu verdoppelt. Auch unter diesem Gesichtspunkt hat das Landgericht Berlin die Umstellung als unbillig angesehen, da hierdurch weder Energie eingespart noch Emissionen verringert würden. Ein möglicherweise bestehendes Wahlrecht des Vermieters (das nach Ansicht des Landgerichts Berlin bereits aus anderen Gründen nicht vorlag) durfte der Vermieter nicht ausüben, weil es ausschließlich zu einer erhöhten Zahlungsbelastung des Mieters geführt hätte.
Da die Kosten des Vermieters von dem Drittanbieter pauschal und nicht aufgeschlüsselt dargestellt wurden, war die gesamte Heizkostenabrechnung unwirksam. Der Wärmelieferant hatte nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung (mit der Wohnungseigentümergemeinschaft) pauschal seine Kosten berechnet, ohne diese in einen Grundpreis (für Verwaltung, Instandhaltung, Gewinn usw.) und einen Arbeitspreis (für Brennstoffkosten, Wartung usw.) aufzuschlüsseln. Das Landgericht sah sich (und damit auch die Mieter) außer Stande, aus den pauschalen Kosten des Wärmelieferanten den Anteil der nach Mietvertrag geschuldeten Betriebskosten (Brennstoff- und Wartungskosten) auch nur zu schätzen, geschweige denn zu ermitteln.
Auf die höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage, ob der Vermieter (bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung) überhaupt berechtigt sei, sämtliche Kosten des Wärmecontracting auf den Mieter umzulegen, kam es daher nicht entscheidend an. Das Landgericht wies jedoch darauf hin, dass nach dem Wortlaut der (zu diesem Zeitpunkt noch anzuwendenden) zweiten Berechnungsverordnung die Umlage von Instandhaltungskosten der Heizungsanlage auch bei einer entsprechenden Vereinbarung unzulässig sein dürfte.
Aus der von dem Drittanbieter vorgelegten Abrechnung ließen sich lediglich die Kaltwasserkosten ausgliedern. Diese betrugen ca. 200 Euro und wurden von den Vorschüssen der Mietern vollständig gedeckt. Die Klage wurde daher abgewiesen.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Carola Handwerk
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 307