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Mietrecht

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Keine Pflicht zur Nachzahlung bei Verweigerung der Belegeinsicht

Die Pflicht des Vermieters zur Gewährung von Belegeinsicht ist gegenüber der Pflicht des Mieters zum Ausgleich der Nebenkostensalden vorgreiflich; verweigert der Vermieter die Belegeinsicht, stellt sich daher sein Zahlungsverlangen als unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar. 


AG Kreuzberg, Urteil vom 01.08.2023 – AZ 6 C 439/21 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hagen Richter

Eine Vermieterin verlangte Nachzahlungen unter anderem aus den Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2018 und 2019. Die Mieter hatten den Abrechnungen jeweils innerhalb der zwölfmonatigen Einwendungsfrist widersprochen und um Belegeinsicht gebeten. Es wurde schließlich mit der Vermieterin ein Termin zur Belegeinsicht am 10. Oktober 2022 vereinbart, zu welchem einer der Mieter zusammen mit einer Zeugin bei der Vermieterin erschien. Es wurde ihm jedoch mitgeteilt, dass die Unterlagen nicht vorliegen würden. In der Folge baten die Mieter noch mehrmals um Belegeinsicht und unterbreiteten neue Terminvorschläge, eine Antwort erhielten sie jedoch nicht. Stattdessen erhob die Vermieterin Klage auf Zahlung der in den Abrechnungen ausgewiesenen Nachforderungen. Das Amtsgericht Kreuzberg wies die Klage insoweit als derzeit unbegründet ab. Den Mietern stünde nämlich wegen der verweigerten Belegeinsicht gegenüber den Nachforderungen der Vermieterin jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Vorgehensweise der Vermieterin sei unzulässig, da ihre Pflicht zur Einsichtsgewährung gegenüber der Mieterpflicht zum Ausgleich der Nachzahlungen vorgreiflich sei. Vor Erfüllung dieser Pflicht des Vermieters könne folglich keine Zahlung von den Mietern verlangt werden. Hinsichtlich der im gleichen Verfahren geltend gemachten Nachzahlung für das Jahr 2017 wurden die Mieter zur Zahlung verurteilt, da sie nicht belegen konnten, dass sie innerhalb der zwölfmonatigen Einwendungsfrist substantiierte Einwände gegen die Abrechnung erhoben oder Belegeinsicht gefordert hatten.

Anmerkung: Die Anforderungen an den Einwand, der Vermieter habe die Belegeinsicht verweigert, sind sehr streng. Bloßes Schweigen des Vermieters auf die Terminvorschläge des Mieters reicht nicht aus.
Siehe hierzu dieses Urteil und „Fragen und Antworten“ in diesem Heft. Lassen Sie sich in Zweifelsfällen beraten.


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