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Mietrecht

Urteile

Kein Verlust des Mietminderungsrechts

a) Hat ein Wohnungsmieter, dessen Mietvertrag vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 01.09.2001 geschlossen worden ist, in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. sein Recht zur Minderung der Miete verloren, weil er den Mangel längere Zeit nicht gerügt und die Miete ungekürzt und vorbehaltlos weiter gezahlt hat, so verbleibt es hinsichtlich der bis zum 01.09.2001 fällig gewordenen Mieten bei diesem Rechtsverlust. Die Bestimmungen des Mietrechtsreformgesetzes und der hierzu ergangenen Übergangsvorschriften führen nicht zu einem Wiederaufleben des Minderungsrechts.
 
b) Für nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes fällig gewordene Mieten scheidet eine analoge Anwendung des § 536b BGB, der an die Stelle des § 539 BGB a.F. getreten ist, aus. Insoweit beurteilt sich die Frage, ob und in welchem Umfang ein Mieter wegen eines Mangels der Wohnung die Miete mindern kann, ausschließlich nach § 536c BGB. Dies gilt auch für Mietverträge, die vor dem 01.09.2001 abgeschlossen worden sind.
 
c) Soweit hiernach das Minderungsrecht des Mieters nach dem 01.09.2001 nicht entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zur analogen Anwendung des § 539 BGB a.F. erloschen ist, bleibt jedoch zu prüfen, ob der Mieter dieses Recht unter den strengeren Voraussetzungen der Verwirkung (§ 242 BGB) oder des stillschweigenden Verzichts verloren hat.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 16.07.2003 – AZ VIII ZR 274/02 –
LG Frankfurt am Main, AG Frankfurt am Main,

Der für die mietrechtlichen Bestimmungen vor dem 01.09.2001 durch Rechtsfortbildung eintretende Verlust des Mietminderungsrechts im Anschluss an eine längere vorbehaltlose Zahlung des Mietzinses findet auf Grund der Änderung der gesetzlichen Vorschriften zum 01.09.2001 keine Anwendung mehr. Diese Änderung der gesetzlichen Vorschriften erfasst auch bereits bestehende Mietverhältnisse und ist darüber hinaus auch dann anzuwenden, wenn das Recht zur Mietminderung auf Grund der vorbehaltlosen Zahlung des Mietzinses nach dem alten Recht bereits verwirkt war.
Die Änderung der gesetzlichen Vorschriften hat jedoch nicht zur Folge, dass sämtliche in analoger Anwendung des § 539 BGB (alte Fassung) erloschenen Mietminderungsrechte ab dem 01.09.2001 rückwirkend wieder aufleben würden. Die Übergangsbestimmungen zum Mietrechtsreformgesetz lassen vielmehr den Willen des Gesetzgebers erkennen, die vor dem 01.09.2001 abgeschlossenen Sachverhalte (das heißt die bis dahin entstandenen monatlichen Mietansprüche) von dem neuen Recht unberührt zu lassen. Für die ab dem 01.09.2001 fälligen Mieten gilt jedoch in jedem Fall das neue Recht mit der Folge, dass ein etwa verwirktes Mietminderungsrecht ab dem 01.09.2001 wieder voll auflebt.
Voraussetzung hierfür ist weiterhin die erfolgte Mängelanzeige an den Vermieter.

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 95/2003

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 300