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Mietrecht

Urteile

Kein Kündigungsrecht bei überhöhter Miete

Ein Verstoß gegen § 5 Wirtschaftsstrafgesetz durch Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20% rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung des Mieters. Eine Klausel, nach der sich ein Mietverhältnis jeweils um ein Jahr verlängert, wenn es nicht innerhalb einer bestimmten Frist gekündigt wird, ist zulässig. Der Vermieter verstößt nicht gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er einen angebotenen Nachmieter nicht annimmt, sondern statt dessen einen Makler beauftragt.

LG Berlin, Urteil vom 19.02.1998 – AZ 67 S 506/96 –

Der Vermieter hatte mit den Mietern im Mietvertrag vom 1. Februar 1993 eine erheblich über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mietzins vereinbart. Der Mietvertrag wurde auf ein Jahr befristet und sollte sich jeweils um ein Jahr verlängern, wenn er nicht unter Einhaltung der in § 565 Abs. 2 BGB genannten Frist gekündigt würde. Am 14. November 1994 kündigten die Mieter das Mietverhältnis zum 28. Februar 1995 und boten dem Vermieter darüber hinaus einen Nachmieter für die Zeit ab dem 1. März 1995 an. Die Mieter zahlten den Mietzins lediglich bis zum 28. Februar 1995. Mit der Klage verlangen sie vom Vermieter den zuviel gezahlten Mietzins zurück.

Das Landgericht Berlin hat im vorliegenden Fall die ortsübliche Vergleichsmiete für die in Rede stehende Wohnung nicht anhand des Mietspiegels, der grundsätzlich als allgemein zugängliche Erkenntnisquelle geeignet ist, ermittelt, sondern wegen des Umstandes, dass die Wohnung aus einem Laden- und einem Lagerraum hergestellt worden ist und damit aus dem Grobraster des Mietspiegels herausfällt, ein Sachverständigengutachten eingeholt. Das Gutachten des Sachverständigen wies gegenüber der mietvertraglich vereinbarten Miete eine niedrigere Miete als ortsübliche Vergleichsmiete aus. Das Gericht verurteilte den Vermieter zur Rückzahlung des überhöhten Mietzinses.

Bei der Berechnung der hierbei zuviel gezahlten Miete ging es jedoch davon aus, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung der Mieter nicht bereits zum 28. Februar 1995, sondern erst zum 31. Januar 1996 beendet worden sei. Die Verlängerungsklausel in dem zunächst auf ein Jahr befristeten Mietvertrag sei wirksam. Aus diesem Grunde konnten die Mieter nur mit der gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist - in diesem Fall drei Monate - zum 31. Januar eines jeden Jahres kündigen. Die Kündigung vom 14. November 1995 beendete das Mietverhältnis daher erst zum 31. Januar 1996. Das Gericht problematisierte die Tatsache, dass aufgrund der Verlängerungsklausel eine Beendigung des Mietverhältnisses immer nur zum 31. Januar eines Jahres zulässig sei, was im Einzelfalle zu einer faktischen Kündigungsfrist von zwei Jahren führen könne. Gleichwohl sei diese Klausel im Hinblick auf die Vertragsautonomie nicht unzumutbar.

Den Mietern wurde auch kein außerordentliches Kündigungsrecht wegen des nach Ansicht der Kammer unter Verstoß gegen § 5 Wirtschaftsstrafgesetz überhöhten Mietzinses zugebilligt. Eine diesbezügliche Mietüberhöhung führt nach Ansicht des Gerichts nicht zum Entstehen eines Sonderkündigungsrechtes. In der Vereinbarung eines überhöhten Mietzinses konnte das Gericht keinen zur vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigenden Grund erkennen. Der Verstoß gegen § 5 Wirtschaftsstrafgesetzes führe zur Teilnichtigkeit der Vereinbarung, was das Vorliegen eines erheblichen Grundes zwangsläufig ausschließe. Ein Verstoß gegen § 5 Wirtschaftsstrafgesetzes habe vielmehr zur Folge, dass die Vereinbarung, soweit die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20% überschritten werde, teilweise nichtig sei.

Die Pflicht der Mieter zur Zahlung des - zulässigen - Mietzinses für die Zeit nach dem 28. Februar 1995 entfiel nach Ansicht des Gerichts auch nicht deshalb, weil der Vermieter treuwidrig die von den Mietern angebotenen Nachmieter abgelehnt habe. Das Gericht geht davon aus, dass der Vermieter einer etwaigen Schadensminderungspflicht nach dem vorzeitigen Auszug der Mieter bereits dadurch Genüge getan hat, dass er einen Makler beauftragt und insgesamt drei Zeitungsanzeigen geschaltet hat. Darüber hinaus ist ein Anspruch auf vorzeitige Auflösung des Mietvertrages nur denkbar, wenn auf Seiten der Mieter ein erheblicher Grund vorläge und der Vermieter gleichwohl einen geeigneten und ihm zumutbaren Nachmieter abgelehnt hätte.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Michael Wessels

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 268