Mietrecht
Urteile
Herstellung des vertragsgerechten Zustands bei Änderung der Beschaffenheit nach Vertrags- beginn
AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 14.04.2010 – AZ 2 C 478/08 –
Eine Außenwand im Flur in der vom Mieter gemieteten Wohnung hatte bei Anmietung ein Fenster mit einer Größe von circa 0,5 qm. Die Wand war eine Brandschutzwand. In Brandschutzwänden dürfen nach den Vorschriften der Bauordnung keine Fenster sein. Auf Anordnung der zuständigen Baubehörde hat die Vermieterin deshalb das Fenster nachträglich zugemauert.
Der Mieter hatte sich in dem Flur unter dem Fenster einen Arbeitsplatz eingerichtet und forderte die Vermieterin auf, im Flur die bei Mietvertragsabschluss vorhandene natürliche Beleuchtung wieder herzustellen.
Die Vermieterin schickte einen Elektriker, der die Frage einer künstlichen Beleuchtung im Flur klären sollte. Diesen Elektriker ließ der Mieter nicht ein.
Mit der Klage verfolgte der Mieter sein Verlangen zur Herstellung der ursprünglichen (natürlichen) Lichtverhältnisse, wie sie vor dem Zumauern des Fensters bestanden hatten, weiter. Die Vermieterin vertrat die Ansicht, ein Mangel liege nicht vor, weil der vorherige Zustand (das Vorhandensein des Fensters) den Vorschriften des Baurechts widersprochen hatte und dieser Umstand für die Mieter auch erkennbar gewesen war.
Das Amtsgericht hielt den Anspruch des Mieters auf Mängelbeseitigung für berechtigt. Es führte in seinem Urteil aus, dass die Vermieterin verpflichtet sei, eine gleichwertige natürliche Lichtquelle im Flur zu schaffen. Der jetzige Zustand (ohne natürliche Licht- quelle) weiche von der vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit (mit natürlicher Lichtquelle) ab. Zur Bestimmung des vertraglich geschuldeten Zustands kommt es nach Ansicht des Amtsgerichts auf den Zustand bei der Anmietung der Wohnung an. Unbeachtlich sei, ob das Fenster bereits bei Abschluss des Mietvertrags bauordnungswidrig gewesen und die Schließung des Fensters die Folge einer öffentlich-rechtlichen Beschränkung gewesen sei. Auch eine solche öffentlich- rechtliche Beschränkung stelle einen Mangel dar, wenn sie die Benutzbarkeit der Mietsache betreffe und von der Person des Mieters unabhängig sei. Da im vorliegenden Fall die bauordnungsrechtlichen Vorschriften die Brandwand betreffend nicht an die Person des Mieters geknüpft waren, liegt nach Ansicht des Amtsgericht ein Mangel der Mietsache vor, sodass der Mieter die Mängelbeseitigung verlangen könne.
Die Vermieterin war auch nicht wegen eines groben, gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßenden Missverhältnisses zwischen Herstellungsaufwand und dem Interesse des Mieters von der Pflicht zur Mängelbeseitigung befreit. Das Amtsgericht vertrat die Ansicht, dass bei der Beurteilung der Frage, ob die Opfergrenze überschritten werde, ein strenger Maßstab anzulegen sei. Das Erfordernis baulicher Veränderungen sei ein typisches, dem Eigentum innewohnendes Risiko, welches sich im vorliegenden Fall durch die Brandschutzvorschriften verwirklicht habe. Die Herstellung natürlicher Licht- verhältnisse im Flur sei darüber hinaus auch nicht unmöglich.
Der Mieter hatte die Miete wegen des Mangels um 20% der Bruttowarmmiete gemindert. Das Amtsgericht stellte fest, dass der Anspruch des Mieters auf Minderung der Miete nicht gemäß § 536 b BGB wegen anfänglicher Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis ausgeschlossen sei. Ein Mietinteressent müsse bei einer Besichtigung grundsätzlich nicht erkennen, ob es sich bei einer Wand um eine Brandschutzwand handele und ob in Brandschutzwänden Fenster zugelassen seien oder nicht. Das Mietminderungsrecht sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Mieter den mit der Mängelbeseitigung beauftragten Elektriker nicht in die Wohnung gelassen hatte. In diesem Zusammenhang wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Elektriker lediglich mit der Prüfung oder Schaffung künstlichen Lichts beauftragt war, sodass der Versuch einer Mängelbeseitigung (nämlich die Schaffung natürlichen Lichts) nicht vom Mieter vereitelt wurde. Allerdings hielt das Amtsgericht die Minderung für überhöht und eine Minderung in Höhe von 15% für angemessen und ausreichend.