Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Getrennte Mietverträge Wohnung und Keller – Mietpreisbremse

a) Zur rechtzeitigen Bekanntmachung der Begründung zur Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. Mai 2020 – VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 86 ff.).
b) Zur Frage der Anwendbarkeit der §§ 556d ff. BGB im Falle von zwischen denselben Parteien separat geschlossenen Verträgen über die Anmietung einer Wohnung und über die Nutzung eines Kellers.
c) Zur Berechnung der bei Mietbeginn zulässigen Miethöhe im Fall der Indexmiete gemäß § 557b Abs. 4 BGB.

BGH Urteil vom 05.07.2023 – AZ VIII ZR 94/21 –

In einem am 26. Oktober 2015 abgeschlossenen Mietvertrag für eine 90 qm große Wohnung in Berlin war eine Indexmiete vereinbart, die Ausgangsmiete betrug 850 Euro nettokalt. Der Vormieter hatte eine Nettokaltmiete von 727,50 Euro gezahlt. Ebenfalls am 26. Oktober 2015 schlossen die Mieter mit der Vermieterin einen gesonderten Vertrag über einen Kellerverschlag im gleichen Haus mit einer monatlichen Nutzungspauschale von 79 Euro. Die Nutzungspauschale erhöht sich nach diesem Vertrag jeweils zum Beginn eines neuen Vertragsjahres um 2,5% bezogen auf den vorangegangenen Betrag.

Im April 2016 rügten die Mieter einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse, wobei sie die Gesamtmiete für Wohnung und Keller in Höhe von 929 Euro der zulässigen Miete (ortsübliche Miete plus 10%) gegenüberstellten. Da die ortsübliche Miete deutlich unter der Vormiete lag, ging es letztlich um die Differenz zur (gesetzlich geschützten) Vormiete in Höhe von 727,50 Euro. Der Vermieter erfüllte die Forderung der Mieter auf Rückzahlung nicht. Das Amtsgericht gab der Klage der Mieter in vollem Umfang statt.

Auf die Berufung des Vermieters bestätigte das Landgericht Berlin (Zivilkammer 67) das Urteil des Amtsgerichts und sprach den Mietern die Differenz zwischen beiden Beträgen zu, da es ebenfalls von einem einheitlichen Mietvertrag ausging. 

Der Vermieter legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf.

Der Bundesgerichtshof teilte noch die Auffassung des Landgerichts zur Wirksamkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung und stellte zum wiederholten Mal klar, dass die Begründung der Verordnung rechtzeitig bekannt gemacht worden sei.

Anders als das Landgericht vertrat der Bundesgerichtshof jedoch die Auffassung, dass der Prüfung anhand der Vorschriften zur Mietpreisbremse lediglich die für die Wohnung vereinbarte Ausgangsmiete in Höhe von 850 Euro unterliege, nicht jedoch auch das für die Nutzung des Kellers vereinbarte Nutzungsentgelt. Bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder einen Stellplatz spreche eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Vereinbarungen. Ebenso verhalte es sich bei einem gesondert angemieteten Keller. Zwar befänden sich Wohnung und Keller in demselben Gebäude, weshalb in der Regel anzunehmen sei, dass beide – an einem Tag geschlossenen – Mietverhältnisse nach dem Willen der Parteien eine rechtliche Einheit bilden sollen. Dies genüge hier jedoch nicht zur Widerlegung der für eine rechtliche Selbstständigkeit der Vereinbarungen sprechenden Vermutung. 

Dazu führt der BGH aus: „Denn die Eigenständigkeit beider Verträge ergibt sich zudem aus deren eindeutigem Wortlaut sowie aus den erheblichen Abweichungen hinsichtlich wesentlicher Vertragsbestandteile wie Vertragslaufzeit, Kündigungsmöglichkeiten und vor allem Gestaltung und Entwicklung des vereinbarten Mietentgelts“. Der Vertrag über den Keller enthielt nämlich einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer von zehn Jahren, der Wohnungsmietvertrag dagegen nur von zwei Jahren, die nach dem Ablauf des jeweiligen Kündigungsausschlusses geltenden Kündigungsfristen waren ebenfalls unterschiedlich. Vor allem aber waren die unterschiedlichen Gestaltungen künftiger Mietentwicklungen – einmal Indexmiete, einmal Staffelmiete – nach Auffassung des BGH deutliche Hinweise, dass die Mietparteien keinen einheitlichen Vertrag abschließen wollten. Dementsprechend gestand der BGH den Mietern nur die jeweilige Differenz zwischen der gezahlten und der preisrechtlich zulässigen Nettokaltmiete für die Wohnung zu. 

Da der Vermieter die Miete für die Wohnung bereits mehrfach, zum April 2017, April 2018 und April 2019 entsprechend dem gestiegenen Index erhöht hatte, mussten nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch die jeweils zulässigen Mieten (zu Beginn 727,50 Euro) zu diesen Erhöhungszeitpunkten „indexiert“ , also entsprechend angepasst werden.

Anmerkung: Die den gesonderten Kellervertrag betreffenden Ausführungen des BGH mögen formal korrekt sein, erscheinen jedoch lebensfremd. Wie das Landgericht Berlin und einige Amtsgerichte zutreffend erkannt haben, handelt es sich bei den seit einiger Zeit in Mode gekommenen gesonderten Verträgen für gewöhnliche Kellerverschläge schlicht um den Versuch, die Mietpreisbremse zu umgehen – was mit Hilfe des BGH auch gelingt. In diesen Fällen steht es den Mietern regelmäßig nicht frei, den Kellerverschlag gleichzeitig anzumieten. Vielmehr erhalten Sie die benötigte Wohnung nur dann, wenn Sie gesonderte Mietverträge für Wohnung und Keller abschließen.


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