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Mietrecht

Urteile

Fristlose Kündigung nach wiederholt unpünktlicher Mietzahlung trotz Abmahnung

Auch eine einmalige unpünktliche Zahlung des Mieters kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn er zuvor wegen wiederholt unpünktlicher Mietzahlung abgemahnt wurde.

BGH Karlsruhe, Urteil vom 11.01.2006 – AZ VIII ZR 364/04 –

Der Mieter hatte vom Vermieter im Jahr 1998 eine Wohnung gemietet. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) war festgelegt, dass die Miete monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag eines jeden Monats, zu entrichten sei. In der Zeit von November 1998 bis Februar 2001 überwies der Mieter die Miete zu unterschiedlichen Zeitpunkten während des laufenden Monats, teilweise auch erst im Folgemonat. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis im Februar 2001 fristlos mit der Begründung, der Mieter habe für Januar und Februar 2001 die Mieten nicht gezahlt. Dennoch setzten die Mietvertragsparteien das Mietverhältnis fort. In der Zeit von März 2001 bis Januar 2003 zahlte der Mieter die Miete jeweils rechtzeitig zu Beginn des jeweiligen Monats.

In den folgenden Monaten des Jahres 2003 überwies der Mieter die Miete wie folgt: für Februar erst am 06.03., für März am 07.03. und für April am 17.04.; für Mai und Juni leistete der Mieter nur Teilzahlungen und zwar für Mai am 24.06. und für Juni am 02.07. Mit Schreiben vom 07.07.2003 forderte der Vermieter den Mieter auf, den bis dahin aufgelaufenen Mietrückstand bis zum 14.07.2003 vollständig auszugleichen und wies darauf hin, dass er andernfalls das Mietverhältnis wegen unpünktlicher Mietzahlungen kündigen werde. Der Mieter zahlte die Miete für Juli 2003 in zwei Teilbeträgen am 14.07.2003 und am 15.07.2003. Daraufhin beanstandete der Vermieter mit einem als "Zweite Abmahnung" bezeichneten Schreiben vom 16.07.2003 erneut die unpünktliche Zahlungsweise und drohte an, dass Mietverhältnis im Fall einer erneuten unpünktlichen Zahlung fristlos zu kündigen. Nachdem der Mieter die Miete für August 2003 erst am 20.08.2003 überwiesen hatte, kündigte der Vermieter mit Schreiben vom 22.08.2003 das Mietverhältnis fristlos sowie hilfsweise fristgerecht.

Der Mieter räumte die Wohnung nicht. Mit der Klage verlangte der Vermieter die Räumung und Herausgabe der Mietwohnung. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Das Landgericht Berlin hat die Berufung des Vermieters zurückgewiesen. Auf die Revision des Vermieters hin wurde das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Berlin verwiesen.

Das Landgericht Berlin hatte in seinem Urteil festgestellt, dass der Mieter im Anschluss an die ("zweite") Abmahnung vom 16.07.2003 lediglich einmal (nämlich für August 2003) die Miete unpünktlich gezahlt habe. Eine fristlose Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung setze voraus, dass die Miete im Anschluss an eine Abmahnung im Verlauf eines Jahres mindestens dreimal verspätet gezahlt werde. Dies folge daraus, dass es sich bei der unpünktlichen Zahlung um eine weniger schwerwiegende Vertragsverletzung handele, als wenn der Mieter gar nicht zahle. Wolle man die (im Anschluss an die Abmahnung) vorliegende einmalig unpünktliche Mietzahlung bereits ausreichen lassen, würden die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB (Rückstand mit zwei Monatsmieten) unterlaufen. Aus diesem Grund müsse das vertragswidrige Verhalten des Mieters eine gewisse Nachhaltigkeit zeigen und auch nach erfolgter Abmahnung einen gewissen Zeitraum umfassen.

Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen und das mit der Revision angegriffene Urteil aufgehoben und an das Landgericht Berlin zurückverwiesen. Er ging in seinen Urteilsgründen davon aus, dass gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen könne. Ein solcher wichtiger Grund liege vor, wenn dem Kündigenden (im vorliegenden Fall dem Vermieter) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und des Verschuldens des Vertragspartners die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden könne.

Ob ein vertragswidriges Verhalten zu einer solchen Unzumutbarkeit führe, sei das Ergebnis einer wertenden Betrachtung. Die vom Landgericht Berlin vorgenommene Bewertung sei jedoch nicht fehlerfrei erfolgt. Zwar sei das Landgericht Berlin zu Recht davon ausgegangen, dass die fortdauernd unpünktliche Mietzahlung einen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung darstellen könne. Soweit das Landgericht jedoch davon ausgegangen sei, dass eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nur zulässig sei, wenn im Anschluss an eine Abmahnung zunächst eine dreimalige verspätete Zahlung vorliegen würde, habe es die Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grunds im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB überspannt.

Eine Abmahnung solle dem Mieter Gelegenheit geben, sein Verhalten zu ändern und ihm die Chance zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses einräumen. In diesem Zusammenhang ließ der Bundesgerichtshof offen, ob das Erfordernis einer dreimaligen verspäteten Zahlung im Anschluss an die Abmahnung überhaupt geeignet sei, weil zumindest im vorliegenden Fall durch die bereits vorangegangenen wiederholten Zahlungsverzögerungen eine schwerwiegende Vertragsverletzung durch den Mieter vorgelegen habe.

Der Bundesgerichtshof ließ auch das Argument des Landgerichts Berlin nicht gelten, nachdem die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung im Anschluss an eine einmalige Unpünktlichkeit (nach Abmahnung) die gesetzlich normierten Kündigungstatbestände (insbesondere der Mietrückstand mit mehr als zwei Monatsmieten) unterlaufen könnte. Dieser Gefahr würde bereits dadurch begegnet, dass eine fristlose Kündigung wegen unpünktlicher Zahlungsweise zugleich voraussetze, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses den Vermieter nicht mehr zuzumuten sei.

In diesem Zusammenhang müsse auch die Auswirkung einer Abmahnung berücksichtigt werden. Insbesondere nach einer fortdauernd unpünktlichen Zahlung des Mieters müsse sein Verhalten nach Erhalt der Abmahnung geeignet sein, das Vertrauen des Vermieters in eine künftige pünktliche Zahlungsweise wiederherzustellen. Solche Umstände haben jedoch nicht vorgelegen, weil der Mieter auch im Anschluss an die Abmahnung sein Verhalten fortgesetzt habe.

Die gleichen Überlegungen treffen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu. Insoweit sei jedoch zusätzlich zu beachten, dass für eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses auch Pflichtverstöße von geringerem Gewicht in Betracht kommen könnten. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung habe das Landgericht die weiteren Voraussetzungen (insbesondere die Frage der Zumutbarkeit) erneut zu prüfen.

Weiter sei in der erneuten Verhandlung auch aufzuklären, ob der Mieter mit den unregelmäßigen Zahlungen überhaupt eine Vertragsverletzung begangen habe, weil zum einen die Wirksamkeit der Vorfälligkeitsklausel zu prüfen sei, wenn sie - wie in den vorliegenden AGB - mit einer Aufrechnungsklausel zusammentrifft. Außerdem hatte der Mieter bestritten, dass ihm die AGB überhaupt ausgehändigt worden seien, denn ohne Einbeziehung der AGB wäre die Miete in dem bereits am 01.09.2001 bestehenden Mietverhältnis nach den Übergangsbestimmungen zum Mietrechtsreformgesetz auch weiterhin erst am Ende des Monats zu entrichten.

Abgedruckt in Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2006, S. 193 ff.

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 316