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Mietrecht

Urteile

Fristlose Kündigung durch den Zwangsverwalter

Der mit der Zwangsverwaltung beauftragte Zwangsverwalter kann, entgegen der ansonsten geltenden Rechtslage, gehalten sein, den Mieter vor dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges auf den Mietrückstand hinzuweisen.

LG Berlin, Urteil vom 13.11.1998 – AZ 63 S 278/98 –

Die Mieterin bewohnte eine in einem Wohnhaus gelegene Mietwohnung, über das durch Gerichtsbeschluss die Zwangsverwaltung angeordnet war, so dass die Miete nunmehr direkt an den Zwangsverwalter zu zahlen war. Der Zwangsverwalter teilte diesen Beschluss den Mietern durch ein Mitteilungsschreiben mit, welches der äußeren Form nach einem Rundschreiben ähnelte. Ob die Mieterin das Schreiben erhalten hatte, wurde nicht aufgeklärt. Die Mieterin zahlte die Mieten weiterhin auf das ihr bekannte Konto der ehemaligen Hausverwaltung des Vermieters. Nach einem Jahr kündigte der Zwangsverwalter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges fristlos.

Die Kündigung war nach der Entscheidung des Gerichts unwirksam. Hierbei hat das Gericht offengelassen, ob der Mieterin das Mitteilungsschreiben des Hausverwalters tatsächlich zugegangen war. Denn auch in diesem (für die Mieterin ungünstigsten) Fall, in dem ihre Zahlungen an den alten Vermieter die Mietschulden nicht tilgen konnten, hätte es vor dem Ausspruch der fristlosen Kündigung einer besonderen Abmahnung durch den Vermieter bedurft.

Das Gericht führt weiter aus, dass der Mieter grundsätzlich auch ohne Mahnung mit dem ausstehenden Mietzins in Verzug gerät und eine Abmahnung als Voraussetzung für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges nicht vorgesehen ist. Unter Umständen kann sich jedoch aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB in Ausnahmefällen eine solche Pflicht des Vermieters bzw. des Zwangsverwalters ergeben.

Demnach ist eine Abmahnung insbesondere dann geboten, wenn sich dem Vermieter (oder Zwangsverwalter) der Schluss aufdrängen muss, dass die ausbleibenden Zahlungen ihren Grund nicht in der Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Mieters haben, sondern auf ein Versehen zurückzuführen sind.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein solches Versehen vorlag, lagen hier bereits in dem missverständlichen und für die rechtlich unerfahrene Partei nicht ohne weiteres nachvollziehbaren Mitteilungsschreiben. Diese Vermutung wird nach Ansicht des Gerichts durch die Vielzahl von parallelen Verfahren, in denen ebenfalls wegen Zahlungsverzuges fristlos gekündigt war, verstärkt. Schließlich wies das Gericht den Zwangsverwalter darauf hin, dass er den Zahlungsverzug über einen langen Zeitraum kommentarlos hingenommen hatte, ohne die Mieterin zur Zahlung der rückständigen Mieten aufzufordern und zu vertragsgerechtem Verhalten zu veranlassen. Nur nebenbei erwähnte das Gericht, dass es zu den Aufgaben eines Zwangsverwalters gehöre, Rückstände von mehr als zwei Monatsmieten gerichtlich geltend zu machen. Auch wenn diese Pflichten des Zwangsverwalters nur im Verhältnis zum Vermieter und dessen Gläubigern bestehen, war nach Ansicht des Gerichts im Rahmen des Vorwurfs der Treuwidrigkeit auch zu prüfen, ob sich der Zwangsverwalter insgesamt an die ihm obliegenden Verpflichtungen gehalten hat.

Das Gericht wies auch das Argument des Zwangsverwalters zurück, dass der Mieter durch die Vorschrift des § 554 Abs. 2 BGB (Unwirksamkeit der Kündigung durch Zahlung des ausstehenden Mietzinses) hinreichend vor den Folgen des Zahlungsverzuges geschützt sei. Nach Ansicht des Gerichts ist wegen der Höhe des nach so langer Zeit aufgelaufenen Mietzinses ein normaler Mieter nur in wenigen Fällen wirtschaftlich in der Lage, den aufgelaufenen Mietzins sofort auszugleichen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Reinhard Weiße

Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 272

Anmerkung zu Änderungen durch die Mietrechtsreform vom 01.09.2001:

§ 554 Abs.2 BGB-aF findet sich seit dem 09.01.2001 in § 569 Abs.3,4 BGB-nF wieder.