Mietrecht
Urteile
Fristlose Kündigung durch den Mieter
LG Berlin, Urteil vom 09.02.1999 – AZ 64 S 305/98 –
Der Vermieter war im Besitz eines Schlüssels der vom Mieter bewohnten Mieträume. In der zweiten Juliwoche im Jahre 1997 betrat er die Mieträume ohne dessen Wissen und ohne vorherige Ankündigung, um dort Arbeiten durch Handwerker vornehmen zu lassen. Daraufhin kündigte der Mieter das Mietverhältnis Ende August 1997 fristlos. Der Vermieter bestritt die Berechtigung des Mieters zur fristlosen Kündigung und verlangte den Mietzins bis zum Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist. Das Landgericht ging davon aus, dass die fristlose Kündigung aufgrund des eigenmächtigen Betretens der Mieträume gerechtfertigt war und wies die Zahlungsklage des Vermieters ab. Es vertrat die Ansicht, dass das unbefugte Betreten der Mieträume durch den Vermieter - noch dazu ohne vorherige Ankündigung - eine ganz erhebliche Vertragsverletzung darstellte, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Mieter unzumutbar machte und ihn zur fristlosen Kündigung berechtigte. Die Ausführungen des Vermieters, es habe sich lediglich um eine Teilvermietung der Mieträume gehandelt, konnte des Landgericht dem Mietvertrag nicht entnehmen. Auch die Behauptung des Vermieters, der Mieter habe ihm im Falle einer urlaubsbedingten Abwesenheit das Betreten der Wohnung zu Studienzwecken erlaubt, rechtfertigte nach Ansicht des Landgerichts keine andere Beurteilung. Denn abgesehen davon, dass sich der Mieter nicht in Urlaub befand, wollte der Vermieter die Wohnung nicht zu Studienzwecken nutzen, sondern mit seinen Handwerkern irgendwelche Arbeiten durchführen lassen. Nach Ansicht des Landgerichts ist der Ausspruch einer fristlosen Kündigung jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Mieter das Mietverhältnis alsbald kündigt, wenn also zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und der Kündigung kein erheblicher Zeitraum liegt, weil ansonsten zweifelhaft ist, inwieweit die Vertragsverletzung tatsächlich die Fortführung des Mietverhältnisses für den Mieter unzumutbar macht. Denn ein Mieter handelt widersprüchlich, wenn er sich auf den Standpunkt stellt, die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei ihm unzumutbar und gleichwohl nicht innerhalb einer angemessenen Frist kündigt. Der Zeitraum von sechs Wochen war nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall noch angemessen, da der Mieter sich im Hinblick auf die Aufgabe der Mieträume nach anderweitigem Wohnraum umsehen musste. Das Gericht ging davon aus, es sei unrealistisch, die Wohnungssuche einschließlich des erforderlichen Umzuges innerhalb von zwei Wochen zu realisieren.
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Gudrun Zieschang
Anmerkung:
Das Recht auf fristlose Kündigung kann verwirkt sein, wenn kein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Kündigung gegeben ist!
Veröffentlicht in MieterEcho Nr. 273