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Mietrecht

Urteile

Formularklauseln zu Betriebskosten

Die Unklarheitenregel des § 305c Absatz 2 BGB kommt nur zur Anwendung, sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind. Hierbei bleiben Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen.
Einer unter der Geltung des § 4 Absatz 1 und 2 MHG (Miethöhegesetz) von einem Vermieter in einem Wohnraummietvertrag gestellten Formularklausel, die bestimmt „spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres ist über die vorangegangene Heizperiode abzurechnen“, ist keine Ausschlusswirkung dahingehend beizumessen, dass der Vermieter mit Ablauf dieser Frist gehindert ist, Heizkostennachforderungen geltend zu machen.

BGH Urteil vom 20.01.2016 – AZ VIII ZR 152/15 –

Ein Mietvertrag aus dem Jahr 1980 enthielt eine Formularklausel, wonach spätestens bis zum 30. Juni eines jeden Jahres über die vorangegangene Heizperiode (1. Mai bis 30. April) abzurechnen ist. Die Mieter verweigerten eine Nachzahlung für die Heizkosten 2011/2012, welche erst mit der Abrechnung vom 30. Oktober 2012 geltend gemacht wurde. Sie waren, wie auch die 18. Zivilkammer des Landgerichts Berlin im nachfolgenden Prozess, der Auffassung, dass der Vermieter aufgrund der Verspätung keine Nachforderungen mehr geltend machen könne. Dem widersprach der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 20. Januar 2016. Zwar sei eine Verkürzung der inzwischen auch für Altmietverträge geltenden gesetzlichen Abrechnungsfrist (spätestens nach 12 Monaten) durch Formularvereinbarungen möglich. Dies habe zur Folge, dass hier der Vermieter aufgrund der von ihm selbst verwendeten Klausel verpflichtet sei, spätestens zwei Monate nach Ablauf jeder Heizperiode (am 30. April jedes  Jahres) über die Heizkosten abzurechnen. Dies führe jedoch nicht dazu, dass Nachforderungen ausgeschlossen seien, wenn er zwar nach Ablauf der vereinbarten zwei Monate, aber vor Ablauf der gesetzlichen Frist von 12 Monaten abrechne. Dies ergebe sich bereits daraus, dass auch der später in Kraft getretene § 556 BGB zwischen der Abrechnungsfrist (spätestens nach 12 Monaten) in § 556 Absatz 3 Satz 2 BGB und der Ausschlussfrist für Nachforderungen in § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB unterscheide. Ergäbe sich aus dem Ablauf der Abrechnungsfrist automatisch ein Ausschluss von Nachforderungen, wäre § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB entbehrlich gewesen. Die im Mietvertrag enthaltene Regelung habe daher nur die Wirkung, dass der Mieter eine Abrechnung bis zum 30. Juni eines jeden Jahres verlangen und danach gegebenenfalls von seinem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Vorauszahlungen Gebrauch machen könne.